Hohenlimburg. Die Flut zerstörte ihr Herzensprojekt. Ricardo Bruni und Sohn Rodolfo schüttelten sich kurz, richteten sich auf und begannen mit dem Wiederaufbau

Ricardo und Rodolfo Bruni haben die Fundamente des Bruchsteinhauses ertüchtigt und die Giebelwand hochgezogen.
Ricardo und Rodolfo Bruni haben die Fundamente des Bruchsteinhauses ertüchtigt und die Giebelwand hochgezogen. © Unbekannt | Volker Bremshey

Die Bewohner der Kleinen Haardt in der Obernahmer in Hohenlimburg blicken wieder hoffnungsvoller in die Zukunft, denn am 13. September hat das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW für die Hochwasseropfer die „Förderlinie Wiederaufbau NRW“ veröffentlicht. Darin sind unter anderem die Aufbauhilfen für die Infrastruktur der Kommunen, für Unternehmen und auch für Privathaushalte geregelt. Somit auch für Ricardo Bruni (49) von der Haardstraße 17.

Vor Jahren hatte er sich einen Traum erfüllt. Da erwarb er das mehr als 350 Jahre alte Bruchsteingebäude, um dieses zu restaurieren und danach als Wohnhaus zu nutzen. Sohn Rodolfo wuchs bei der Verwirklichung dieser Lebensaufgabe zu einem unersetzbaren Helfer heran. Stein auf Stein bauten Vater und Sohn in weiten Teilbereichen das historische Gebäude bis auf die Fundamente zurück, sanierten diese und bauten das Haus dann wieder auf. Dabei nutzten sie auch alte Holzbalken, in deren Besitz sie durch den Abriss betagter Häuser im Stadtgebiet gelangen konnten. Die Kunst, historische Gebäude zu sanieren, hatte Ricardo Bruni vor mehr als 30 Jahren von seinem Vater im fernen Kalabrien (Italien) erlernt.

Nahmerbach unterspült Fundamente – und den Traum von Vater und Sohn

Als die Brunis aus ihrem Urlaub vorzeitig zurückkehrten, war die Entscheidung längst klar: Das Haus wollen sie wieder aufbauen.
Als die Brunis aus ihrem Urlaub vorzeitig zurückkehrten, war die Entscheidung längst klar: Das Haus wollen sie wieder aufbauen. © Westfalenpost | Volker Bremshey

Alles schien auf einen guten Weg gebracht, auf der idyllischen Kleinen Haardt unweit des Nahmerbaches ein neues Zuhause zu finden. Bis zur für das Nahmertal so denkwürdigen Nacht vom 13. auf den 14. Juli. Da wurde Nachbar Gerd Neuhaus vom flackernden Blaulicht der Feuerwehrfahrzeuge geweckt. „Zu dieser Zeit prasselte der Regen bereits wie aus Eimern nieder“, erinnert er sich. Unmissverständlich machten ihm die Einsatzkräfte klar, dass es notwendig sein, sich auf eine katastrophale Nacht einzustellen. Wie katastrophal diese werden sollte, wurde für Ricardo Bruni erst deutlich, als er in seinem Urlaub im fernen Italien mit der Hiobsbotschaft des Unwetters konfrontiert wurde. Die gesamte Kleine Haardt war ein einziger reißender Fluss. Der Nahmerbach hatte aufgrund der Dauerniederschläge sein Bett verlassen; gleichzeitig stürzten unüberschaubare Wassermassen von den Höhenzügen im Westen und Osten ins Tal hinab und brachten Geröll und Schlamm mit. Teile der Giebelfront des Bruchsteinhauses stürzten deshalb ein, die Fundamente wurden unterspült. War der Traum vom Bruchsteinhaus im malerischen Tal damit ausgeträumt? „Wir sind vorzeitig aus Italien zurückgefahren. Wir dachten, wenn wir ,da oben’ sind, gibt es das Haus wahrscheinlich nicht mehr“, blickt Ricardo Bruni zurück.

Nach der Rückkehr aus Italien reift der Entschluss: Sie bauen das Haus erneut auf

Doch nicht nur die Immobilie von Ricardo Bruni war schwer getroffen. Ebenso die Häuser der Nachbarn im engen und weiteren Umfeld der Kleinen Haardt. Jeder hat ein Schicksal zu tragen. Deshalb reifte bei Vater und Sohn nach der Rückkehr aus dem Urlaub relativ schnell der Entschluss des Wiederaufbaus. „Ein solch altes Haus kann man nicht einfach abreißen.“ Trotz der ungemeinen finanziellen Herausforderungen. Denn bislang hat die Familie von offizieller Seite noch keinen Euro gesehen; er hat aber Spenden erhalten, die von privater Seite zur Haardtstraße geflossen und unter den Betroffenen aufgeteilt worden sind. Finanzielle Nothilfe von der Stadt Hagen oder vom Land NRW hat Ricardo Bruni deshalb noch nicht erhalten, weil er noch an der Cowenstraße lebt und diese nicht betroffen war. Denn die Nothilfe war für jene Bürger bestimmt, die (fast) alles verloren haben und deshalb kurzfristig lebensnotwendige Dinge kaufen mussten.

Die Stadt richtet eine Beratungsstelle ein, um den Betroffenen zu helfen

„Jetzt startet die Wiederaufbauhilfe und darin einbezogen ist auch die Haardtstraße“, sagte eine Sprecherin der Stadt Hagen auf Anfrage. „Die Anträge können ans Land NRW auch online gestellt werden. Über eine Bewilligung oder eine Ablehnung entscheidet das Land. Die Stadt wird aber eine Beratungsstelle einrichten, um Betroffenen, wie Herrn Bruni, bei der Antragstellung zu helfen.“ Lothar Heinze, Bezirksvertreter der CDU, befindet sich seit Wochen im regelmäßigen Austausch mit den Bewohnern der Nahmer, um zu schauen, wie er helfen kann. Und auch der SPD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Jörg will den Flutopfern bei der Beantragung der Wiederaufbauhilfe mit Rat zur Seite stehen, „Denn“, so Jörg, „jeder Fall ist anders.“