Hohenlimburg. Ricardo Bruni und sein Sohn Rodolfo entkernen das geschichtsträchtige Bürgerhaus an der Haardstraße. Das kostet viel Zeit.

Es ist eines der ältesten und somit geschichtsträchtigsten Gebäude von Hohenlimburg: das steinerne Bürgerhaus an der Kleinen Haardt 17. Erstmals urkundlich erwähnt Mitte des 17. Jahrhunderts. Einst als „wehrhaftes Vorpostenhaus“ gegen Eindringlinge aus dem märkischen Gebiet im Süden errichtet und deshalb mit einer Schießscharte versehen. Ebenso wie die historischen Nachbargebäude.

Hier im Nahmertal sollten über Jahrzehnte und Jahrhunderte von den dort lebenden Frauen und Männern die räuberische Banden aufgehalten werden, bis Hilfe und Unterstützung von der „hohen Limburg“, dem Schloss, anrückten. So hat es Heimatforscher Dr. Wilhelm Bleicher recherchiert und in einem Leitartikel für die Hohenlimburger Heimatblättern Ende der 1980er Jahre veröffentlicht.

Und so ist es eine besondere Fügung, dass das außergewöhnliche Haus Nummer 17 mit Ricardo Bruni (48) einen Besitzer gefunden hat, der vor mehr als 30 Jahren im fernen Kalabrien (Italien) die Kunst des Maurerhandwerks und der Gebäudesanierung von seinem Vater gelernt hat.

Sanierung des Altbestands

Mit einer nahezu unvorstellbaren Liebe zu Detail, großer Sorgfalt und nahezu stoischer Gelassenheit trägt der Familienvater mit seinem Sohn Rodolfo das Gebäude im Inneren in Teilbereichen im wahren Sinne des Wortes Stein für Stein ab, entkernt es somit und baut es anschießend systematisch wieder auf, um zu einem noch nicht definierten Zeitpunkt die dann ca. 150 Quadratmeter große Wohnfläche nutzen zu können. Entdeckt hat Ricardo Bruni das Haus vor Jahren im Internet. „Wir hatten uns damals überlegt, nach Italien zurückzukehren. Doch dann habe ich mir dieses Gebäude im Nahmertal angesehen und war begeistert. Von der Ruhe hier und von der Umgebung. Fast ein bisschen wie in der Schweiz“, erzählt er von der Faszination, die dieses Haus auf ihn ausgeübt habe.

So reift der Entschluss, es zu kaufen. Gegen den Widerstand seiner Ehefrau und seines Sohnes. „Die waren am Anfang von der Idee gar nicht überzeugt.“ Doch diese Skepsis ist zwischenzeitlich auch bei Sohn Rodolfo in eine Begeisterung umgeschlagen.

Fundament tiefergelegt

Wann immer er kann, hilft der Azubi für Elektrotechnik seinem Vater. „Hier können wir bei der Arbeit gemeinsam entspannen.“ In Handarbeit hat das Duo das Gebäude ausgeschachtet und um fast eineinhalb Meter tiefer gelegt, um dadurch auf den geplanten Wohnebenen eine angemessene Raumhöhe zu erhalten. Nach dem Ausschachten hat er den Erdboden durchgesiebt und anschließend das Material nach Größe sortiert und aufgeschichtet, um es, dem Fortschritt angepasst, wieder einzubauen. „Deshalb habe ich alles in Handarbeit gemacht und keinen Bagger eingesetzt“, berichtet der 48-Jährige. „Dadurch spare ich natürlich Materialkosten.“

Aus diesem Grund hat er auch alte Holzbalken, die aus der alten Hohenlimburger Berufsschule an der Isenbergstraße stammen, fein säuberlich auf dem Grundstück aufgeschichtet. Diese sollen einmal die Grundlage für die Decke schaffen, die neu eingezogen wird. Je nach Bedarf werden die Balken restauriert und auf Länge gebracht.

Fachbegriff Haardt bezeichnet eine Anhöhe

Mit dem Fachbegriff Haardt bezeichnen Wissenschaftler in Westfalen, so Dr. Wilhelm Bleicher, eine Anhöhe, einen Gebirgszug oder einen Berg- oder Kiesrücken.

In Hohenlimburg gibt es zwei Bereiche, die so genannt werden. Die Lennehaardt, ein inselhaftes Gelände an der Lenne im Bereich des Hallenbades. Die andere Haardt liegt im oberen Nahmertal, ca. 1400 Luftlinie von Schloss Hohenlimburg entfernt.

Als „Kleine Haardt“ beschreibt Dr. Bleicher die Gebäude an der Haardtstraße 6 bis Haardtstaße 19.

Auch die historischen Holzfenster möchte der neue Eigentümer sanieren. In Eigenleistung. „Nur bei der Installation der Heizungsanlage werde ich wohl fachmännische Hilfe in Anspruch nehmen müssen.“

Das alles kostet Zeit. Viel Zeit. Schließlich können Vater und Sohn ihrem handwerklichen Hobby nur in ihrer Freizeit frönen. „Jetzt, in der Corona-Phase, haben wir, weil wir weniger arbeiten mussten, einiges geschafft“, stellt Ricardo Bruni dabei fest.

„Zu Beginn der Bauarbeiten habe ich gedacht, so schnell wie möglich fertig zu werden.“ Doch von dieser Idee ist er längst abgerückt. Nach dem alten Sprichwort, dass „gut Ding Weile braucht“. Nachbar Gerd Neuhaus verfolgt mit großem Wohlwollen die Sanierung jenes Hauses, das seit dem 17. Jahrhundert im Besitz seiner Vorfahren war und jetzt durch den neuen Eigentümer für die Nachwelt erhalten bleibt. „Darüber freuen wir uns sehr. Das Gebäude ist offenkundig in gute Hände gekommen.“