Hohenlimburg: Wie Anwohner gegen die Flut ankämpfen
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Hohenlimburg. Die Bäche in Wesselbach und Nahmer werden zu reißenden Strömen und treffen Anwohner mitten in der Nacht.
Wolfgang Rossa steht in seinem Garten, direkt hinter dem Zaun fließt der Wesselbach. Normalerweise ein kleiner Bach, manchmal nur ein Rinsal, sagt er. „Aber da lachen wir heute drüber“, ergänzt seine Frau Claudia.
Denn in der Nacht zum Mittwoch schwoll das kleine Rinnsal zu einem reißenden Fluss an, der das Tal der Wesselbach hinunterstürzte. Das Wasser flutete Keller und Wohnungen, strömte mit einer Wucht die Straße herunter, dass parkende Autos zusammengeschoben wurden. „Wir wohnen nun 19 Jahre in diesem Haus. So etwas haben wir noch nie erlebt“, sagt Claudia Rossa.
Für sie und ihren Mann war es eine kurze Nacht. Die Wohnung musste Richtung Garten abgesichert werden, so gut es ging. Gegen 6 Uhr dann ins Bett für ein paar Stunden und dann am Mittwochmorgen die Schäden begutachten und vorbereiten – denn für den Nachmittag war erneut heftiger Starkregen angesagt.
„Sandsäcke könnten uns helfen und Werkzeug“, sagt Claudia Rossa. Sie wären ja losgefahren und hätten welche geholt, aber die Straße war überflutet und nahezu unpassierbar, denn auch der Asphalt ist an einigen Stellen aufgebrochen. „Wir kommen hier nicht runter.“
Wasser strömt aus dem Hang
Kurz war die Nacht auch für Michael Schneider. Sein Haus liegt ein paar hundert Meter weiter abwärts, direkt am Hang. Eigentlich wollte er gegen Mitternacht ins Bett. Er hörte es prasseln, dachte aber an einen Regen, wie er häufiger im Tal vorkommt.
Seit 22 Jahren wohnt er in der Wesselbach. Bisher war sein Haus, da das Erdgeschoss höher liegt, von Überschwemmungen seitens der Straße kaum betroffen gewesen. Doch diesmal kam das Wasser aus dem Hang hinter dem Haus. Schneider deutet auf einen Riss, der sich durch den Fels vor seiner Terrasse zieht. „Darin liegen Flöze. Die haben eigentlich nie Oberflächenwasser gebracht.“
Doch in der Nacht, wohl durch hohen Grundwasserspiegel, schoss das Wasser wie eine Fontäne aus dem Hang. Notdürftig baute der Wesselbacher aus Planen, Laken und Gummi-Matten eine Rinne, um das Wasser seitlich am Haus vorbei abzuleiten. „Man konnte nicht weg. Es strömte die ganze Zeit weiter“, sagt Schneider. Die Familie hielt zusammen, Tochter und Freund der Tochter halfen, um die Fluten zu bewältigen, die Richtung Haus drückten. Und dennoch: Das Wasser lief in Schlafzimmer, Badezimmer, Kellerräume. „Katastrophe“, sagt der Freund der Tochter, Tim Gilberti.
Seniorenzentrum evakuiert
Weiter oberhalb stehen mehrere Rettungswagen und Einsatzfahrzeuge vom Katastrophenschutz vor dem Martha-Müller-Seniorenzentrum der AWO. Dort gab es in der Nacht einen Wassereinbruch, alle 76 Bewohnerinnen und Bewohner wurden evakuiert und in umliegende Pflegezentren gebracht. Über die Ausmaße des Schadens konnte die AWO noch nichts Konkretes sagen. Fest steht, dass der Wassereinbruch früh bemerkt wurde und dass die Einsatzkräfte und Helfer schnell zur Stelle waren, so das Pflegezentrum in einer Pressemitteilung. „Unser Dank gilt den vielen Helferinnen und Helfern, die dafür gesorgt haben, dass die Situation unter Kontrolle geblieben ist“, sagt Einrichtungsleiter Michael Hannemann. Der AWO-Bezirksverband habe bereits Kontakt zu Fachfirmen hergestellt. „Sobald klar ist, welche Folgen das Unwetter hinterlassen hat, kann es losgehen.“
Nahmerbach flutet das Tal
Massive Schäden richtete der Starkregen auch in der Nahmer an. Dort hat der Regen den Nahmerbach zu einem reißenden Strom gemacht, der Straßen überflutet, Häuser und Firmengelände überspült. „Es ist einfach irre“, sagt Anja Brand, die mit ihrem Mann in der Unternahmer lebt. Sie verkauft handgefertigte Stifte und Lichterbögen mit Hohenlimburger Silhouette – doch die Werkstatt steht nun unter Wasser. „Wir sind da noch glimpflich weggekommen“, sagt sie dennoch. „Immerhin ist die Wohnung trocken geblieben.“
Andere hatten nicht so viel Glück. Das gesamte Ausmaß der Schäden wohl erst in den kommenden Tagen deutlich.
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