Menden. Voll gelaufene Keller und Erdgeschosswohnungen entlang der Hönne halten Mendenerinnen und Mendener in Atem.

„Man weiß einfach nicht, wo man anfangen soll“, sagt Nina Schäfer. Sie steht in ihrem Garten an der Balver Straße. Dort, wo sie gestern noch bis zu den Knien durch das Wasser gewatet wäre, zeigt sich langsam aber sicher das Ausmaß der Überschwemmungen. Als das Wasser der Hönne in Menden immer höher steigt, versuchen sie und ihr Mann noch mit einem provisorischen Damm die Kellerwohnung eines Mieters zu sichern.

Nina Schäfer vor der Kellerwohnung ihres Hauses. Das Wasser hat große Teile überflutet. Schlamm steht noch immer in den Küchenschubladen.
Nina Schäfer vor der Kellerwohnung ihres Hauses. Das Wasser hat große Teile überflutet. Schlamm steht noch immer in den Küchenschubladen. © Westfalenpost | Tobias Schürmann

Später rückt auch die Feuerwehr an, um mit einer Pumpe zu helfen. Doch all das nützt nichts. „Es ist alles verschlammt“, sagt Schäfer und zeigt auf den Fensterrahmen der Souterrain-Wohnung. Die Mieter, ein aus dem nahen Osten geflüchtetes Paar, steht vor den Trümmern der gerade aufgebauten Existenz. „Sie sind nicht versichert und haben nur noch das, was sie am Leib tragen“, sagt Schäfer. Das Bett schwimmt auf Schlamm und Wasser, daneben treibt ein Wörterbuch. Es ist das reine Chaos. Die Nacht musste das Pärchen im Bürgersaal verbringen. Wie es weitergeht – und wann die Wohnung wieder bewohnbar ist –, das kann auch Nina Schäfer nicht abschätzen.

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Auch der Keller ihres eigenen Hauses ist voll gelaufen. Wasser und Schlamm stehen noch in den Schubladen der Küche, der Kühlschrank ist nicht mehr zu gebrauchen und auch zahlreiche Akten sind den Fluten zum Opfer gefallen. „Wir konnten nichts mehr machen“, sagt Schäfer. Strom haben gleich mehrere Häuser an der Balver Straße auch am Donnerstagmittag noch nicht. Schäfers Mann hat daher kurzerhand den Gasgrill angeschmissen. „Man kennt solche Bilder nur aus dem Fernsehen. Da hat man immer das Gefühl, dass es so weit weg ist“, sagt Schäfer.

Die Wasserkante am Fenster zeigt, wie hoch das Wasser in einer Wohnung an der Balver Straße stand. Die Mieter, ein Pärchen aus Syrien und dem Irak, haben alles verloren.
Die Wasserkante am Fenster zeigt, wie hoch das Wasser in einer Wohnung an der Balver Straße stand. Die Mieter, ein Pärchen aus Syrien und dem Irak, haben alles verloren. © Westfalenpost | Tobias Schürmann

Ein paar Häuser weiter ist auch Familie Dogan mit den Aufräumarbeiten beschäftigt. „Wir hatten vorhin mal für zwei Minuten Strom, aber jetzt ist er auch wieder weg“, sagt Yüksel Dogan. „Gott sei Dank sind Freunde gekommen.“ Die haben auch am Tag der Flut schon dabei geholfen, das Grundstück zu sichern und das schlimmste zu verhindern. Doch gegen die Wassermassen waren sie chancenlos. Gut einen halben Meter hoch reichte das Wasser. Seit 6 Uhr morgens sind er und seine Frau schon dabei, das Erdgeschoss von den Hinterlassenschaften der Fluten zu befreien. Seit 2000 wohnt Familie Dogan an der Balver Straße. 2007, beim letzten größeren Hochwasser, hatte er bereits mit den Fluten zu kämpfen. Deshalb hatte er eigentlich vorgesorgt, vor dem Erdgeschossfenster einen kleinen Vorsprung gebaut, falls das Wasser wieder einmal steigt. Doch auch das brachte nun nichts. In der Wohnung ist die Kühltruhe von der Strömung umgerissen worden. Eine Packung Fritten treibt noch auf der dünnen Wasser-Schlamm-Schicht. Die Möbel sind unbrauchbar. „Diesmal war es schlimmer als 2007“, sagt Yüksel Dogan. Jetzt überlegt er, eine noch höhere Mauer direkt am Ufer zu ziehen – auch wenn das die Idylle an der Hönne etwas trüben würde.

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Flussabwärts, an der Märkischen Straße, stehen Kim Wittig und Alex Sperle im Schlamm. „Jetzt läuft die Nachbarschaftshilfe“, sagt Wittig. Man hilft sich gegenseitig. Der Keller, in dem Alex Sperle unter anderem Dokumente seiner Transportfirma lagert, stand bis unter die Decke unter Wasser. Waschmaschine und Trockner sind ebenso hinüber wie die Firmenakten oder die Telefonanlage. „Irgendwann haben wir einfach aufgehört. Das Wasser ist auch durch den Abfluss hoch gekommen“, sagt Sperle. Als das Wasser dann auch noch über den Parkplatz in die unteren Etagen schwappt, „war es vorbei“.

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Ein paar Meter weiter, kurz vor dem Hönne-Berufskolleg an der Unnaer Straße, lehnt Julia Sommer am Kofferraum ihres Autos. „Wir konnten die wichtigsten Sachen retten“, sagt sie. Während das Friseurgeschäft „Inch by Inch“ größtenteils verschont blieb, ist der Keller hingegen voll gelaufen. Und auch den Strom haben die Stadtwerke vorsorglich abgestellt. Über soziale Netzwerke teilt Chefin Miriam Bouzidi ihren Kunden bereits mit, Termine umzubuchen.