Fröndenberg. Wenn der Klimawandel zuschlägt: Das Jahrhundert-Unwetter hat das Haus der Familie Majka massiv beschädigt. Ganz kurz vor dem freudigen Datum.
Es dauert keine 30 Minuten, da ist die mühevolle, dreijährige Arbeit von Familie Majka am Sonntagmittag zerstört. Das Jahrhundert-Unwetter über Fröndenberg überrascht die Familie mitten im Ortsteil Westick, überflutet binnen kürzester Zeit Keller und Erdgeschoss. Zwei Tage nach dem Unglück laufen die Aufräumarbeiten noch immer. Dabei hätte das renovierte Haus in dieser Woche eigentlich fertig sein sollen.
Statistisch gesehen gibt es im Kreis Unna, zu dem Fröndenberg gehört, weniger Starkregen-Ereignisse als etwa im Hochsauerland. Doch sie werden auch dort zunehmen, wie eine neue Studie des Berliner Helmholtz-Instituts zeigt. Und sie werden heftiger ausfallen, wie Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst sagt. Und zwar, so der Meteorologe, als deutliche Folge des Klimawandels.
All die Studien und Statistiken helfen der Familie Majka aber wenig, sie hat den Klimawandel quasi im Haus. Worüber viel berichtet und gestritten wird, haben sie nun am eigenen Leib erfahren müssen. Und die Folgen sind immens.
Unwetter mit schweren Überflutungen in Fröndenberg
Ein Laster des Havariemanagements eines Iserlohner Entsorgungsbetriebs steht im Hinterhof von Familie Majka. Ihr Haus steht im Epizentrum der Katastrophe. Zwei Baucontainer voll Schutt sind schon gefüllt – aber noch immer werfen Helfer Stück für Stück das weg, was die Fluten zunichte gemacht haben. Und das ist – zumindest auf den ersten Blick – ein Großteil der Existenz.
Auch das Auto ist zerstört
Vor dem Haus sind Wasch- und Spülmaschine aufgereiht, die Schlamm-Massen haben deutliche Spuren hinterlassen. „Auch das Auto ist abgesoffen, wahrscheinlich ein wirtschaftlicher Totalschaden“, berichtet Linda Majka. Der Schaden liege insgesamt im sechsstelligen Bereich. Mindestens acht Wochen, so die ersten Schätzungen, müsse die Familie ihr Zuhause verlassen, derzeit scheint das Haus unbewohnbar, denn auch der Öltank im Keller ist in Mitleidenschaft gezogen worden.
Doch mit acht Wochen könne es nicht getan sein, meint die junge Mutter. Linda Majka ist den Tränen nahe, als sie erzählt, wie schnell sich die Fluten ihren Weg durch Garten, Keller und schließlich das Haus gebahnt haben.
Um 12.44 Uhr am Sonntag bemerkt sie feuchte Stellen im Keller. Nichts Dramatisches auf den ersten Blick. Über dem Ortsteil steht derweil eine „schwarze Wand“, wie es Augenzeugen übereinstimmend berichten. 25 Minuten später steht der Keller aber bereits völlig unter Wasser. Dass die Lage langsam aber sicher außer Kontrolle gerät, kann sich ihr Mann zunächst nicht vorstellen. Er arbeitet zum Zeitpunkt des Unwetters in Dortmund, die Sonne scheint. Dass es nur 25 Minuten Autofahrt entfernt gerade ein Jahrhundert-Unwetter gibt – unmöglich aus seiner Sicht. Doch Linda Majka übertreibt nicht. Um 13.11 Uhr, keine halbe Stunde nach den ersten feuchten Stellen, versinkt die Straße vor dem Haus im Schlamm. Im Auto der Familie sind die Spuren auf der Fahrerseite noch zu erkennen. Bis knapp unter das Lenkrad reichen die Schlammreste. Gut einen halben Meter hoch. „Ich habe im Haus noch versucht, mit Tüchern alles aufzuhalten“, so Linda Majka. Doch das Wasser bahnt sich seinen Weg durch jede Ritze. „Ich hatte einen absoluten Tunnelblick und mir gedacht: Das passiert jetzt gerade nicht wirklich.“
Hubschrauber rettet Familie
Als Wasser und Schlamm immer höher steigen, landet sogar ein Rettungshubschrauber des ADAC im Garten der Familie, um sie zu retten. Die vergangenen drei Jahre hat die Familie das Haus in liebevoller Arbeit selbst renoviert, die Baugerüste lehnen noch an der Fassade. „Diesen Freitag hätte es eigentlich fertig sein sollen. Es war eine große Party für alle Helfer geplant. Das müssen wir jetzt wohl verschieben“, erklärt Linda Majka. Wieder stehen ihr Tränen in den Augen. Jetzt müsse die Familie mit zwei kleinen Kindern „wieder von vorne anfangen. Schlimmer hätte es nicht sein können.“
Einzig die Hilfsbereitschaft in der Nachbarschaft sei ein Lichtblick. Landwirte haben mit ihren Zugmaschinen den Schlamm von der Straße geräumt; Anwohner mit angepackt und mit Schnittchen und Getränken ausgeholfen. Zum Glück, sagt Linda Majka, seien sie gegen solche Unwetterschäden versichert. „Ich bin zuversichtlich, dass es so nicht noch einmal passieren wird.“