Kreis Olpe. Die Zahl der Kirchenaustritte schießt auch im Kreis Olpe in die Höhe. Mehr als 240 Katholiken sind es nur im Januar. Das sind die Hintergründe.
Immer mehr Katholiken aus dem Kreis Olpe wenden sich von ihrer Kirche ab. Nachdem im vergangenen Jahr mehr als 1000 Gläubige aus dem Kreis Olpe ausgetreten sind, verfestigte sich dieser Trend bereits in diesem Jahr.
Mehr noch: Die Austrittsgesuche bei den zuständigen Amtsgerichten in Olpe und Lennestadt schießen nur so in die Höhe. Allein im Januar sind 244 Personen aus dem Kreis Olpe aus der katholischen Kirche ausgetreten. Vermutlich hat in einigen dieser Fällen das Missbrauchsgutachten von München, das vor wenigen Tagen öffentlich wurde und den Missbrauch von Minderjährigen und Schutzbedürftigen durch Geistliche aufdeckt, den letzten Anstoß gegeben.
Neuser redet Klartext
Deswegen nimmt auch Pfarrer Andreas Neuser, Leiter des Pastoralverbundes Attendorn, kein Blatt vor den Mund. Die Ursache für die hohe Anzahl der Kirchenaustritte sieht er im Zusammenhang mit der kirchlichen Gesamtsituation – gerade auch mit dem unlängst veröffentlichten Gutachten zu den Missbrauchsvorwürfen. „Die Menschen sind erschüttert und geschockt über die hohe Anzahl der Verbrechen, die von Mitarbeitern der Kirche an Schutzbefohlenen begangen worden sind – ich übrigens auch. Vor allem die Art des Umgangs der Verantwortungsträger mit diesem Thema und die Tatsache, dass niemand persönlich Verantwortung übernimmt, enttäuscht und ist dann der Anlass, den Austritt aus der Kirche zu erklären.“
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Die Institution katholische Kirche, so Neuser weiter, sorge selbst für gute Gründe, ihr den Rücken zu kehren. NRW-weit sind im vergangenen Jahr mehr als 150.000 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten. In vielen Städten sorgt ein regelrechter Austrittsansturm dafür, dass es bei den Amtsgerichten kaum noch freie Termine gibt. So auch in Olpe. „Wir haben einen dicht gedrängten Kalender und täglich Termine mit Menschen, die austreten wollen“, bestätigt Amtsgerichtsleiter Stefan Weber. Und nicht nur Neuser, auch die Frauen der Maria 2.0-Gruppe im Kreis Olpe sind entsetzt. Sie haben sich kürzlich einem Offenen Brief der aktiven Frauen im Erzbistum Paderborn angeschlossen, in dem „Zorn und Entsetzen“ über die Ergebnisse der neuen Missbrauchsstudie zum Ausdruck gebracht werden.
Machtstrukturen sind nur ein Problem
In dem Schreiben heißt es unter anderem: „Die neue Studie zeigt deutlich auf, dass die Täter im kirchlichen Raum weitreichend geschützt wurden und werden, während sich die Opfer oft traumatisiert isolieren. (...) Massive sexuelle Übergriffe durch Priester und andere kirchliche Mitarbeiter, aber auch körperliche Züchtigungen und weitere Formen subtiler Gewalt an zumeist abhängigen und ausgelieferten Menschen sind durch mehrere Studien belegt worden. Wir gehen aber davon aus, dass das Dunkelfeld deutlich größer ist, als es die bisher vorgelegten Zahlen aufzeigen.“
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Weiter heißt es in dem Brief, dass Machtstrukturen in der katholischen Kirche, ausgeprägte Hierarchien, die Überhöhung des männlichen Weiheamtes und eine lebensfeindliche Sexualmoral dazu beitragen würden, dass Missbrauch sich entwickeln könne und letztlich geduldet werde. Die Vorwürfe führen offenbar auch im Kreis dazu, dass immer mehr Katholiken austreten.