Bathey/Syburg. Für viele gehören der Hagener Norden und der Dortmunder Süden zusammen. Zusammenarbeit gibt es gar nicht. Dafür jede Menge Doppelstrukturen.

Heinz-Dieter Kohaupt meint das nicht territorial, sondern eher gefühlsmäßig: „Die Hohensyburg gehört zum Hagener Norden“, sagt der Bezirksbürgermeister des Hagener Nordens. Optisch kommt das hin. Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal neben der Burgruine thront so über dem Hengsteysee und lässt den gegossenen Kaiser über Hagen und seinen Norden blicken, als hätten Landschaftsplaner es so erdacht. Dass da irgendwie etwas zusammengehört, was man in keinem Kataster zusammengehörig findet, wäre 1928 fast ganz anders gekommen. Dann hätte der Dortmunder Ortsteil Syburg nämlich zu Hagen gehört.

Michael Depenbrock ist Bezirksbürgermeister des Dortmunder Stadtbezirks Hörde. Vom Denkmal der Hohensyburg aus blickt er hier über den Hagener Norden. Es sei schade, sagt er, dass es keine politische Zusammenarbeit gebe.
Michael Depenbrock ist Bezirksbürgermeister des Dortmunder Stadtbezirks Hörde. Vom Denkmal der Hohensyburg aus blickt er hier über den Hagener Norden. Es sei schade, sagt er, dass es keine politische Zusammenarbeit gebe. © Unbekannt | Michael Kleinrensing

Ein Gespräch am Kaiser-Wilhelm-Denkmal mit einem Bezirksbürgermeister, der noch nie in dieser Zeitung aufgetaucht ist. Über fehlende Verbindungen, gemeinsame Themen und mögliche interkommunale Visionen.

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Heimatforscher sprach von der „Akropolis“

Der Boeler Heimatforscher Dr. Otto Schnettler (1882-1974) nannte die Hohensyburg samt Reiterdenkmal 1968 die „Akropolis unserer Heimat“. Entscheidender als der Vergleich zum Wahrzeichen Athens ist, dass Schnettler die Hohensyburg zu „seiner“, zu „unserer“ Heimat zählte. Als er das tat, war ein bedeutender gebietstechnischer Wendepunkt erst knapp 40 Jahre her. Denn 1929 stand zur Debatte, dass der gesamte Dortmunder Ortsteil Syburg der Stadt Hagen zugewiesen würde. Doch bei der Gebietsreform im gleichen Jahr wurde der Ort dem heutigen Dortmunder Stadtbezirk Hörde zugewiesen.

Dabei rissen viele Fäden.

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Zuschlag doch für Porta Westfalica

Welche Verbundenheit es nämlich gab und welchen emotionalen Anspruch die Hagener auf die Hohensyburg erhoben, zeigt sich beispielsweise darin, dass das höchste Spendenaufkommen für das hoch über dem Ruhrtal stehende Reiterdenkmal aus Hagen kam. Fast wäre an dieser Stelle das heute über der Porta Westfalica thronende Kaiser-Wilhelm-Denkmal errichtet worden. Doch der Standort in Ostwestfalen konnte sich trotz der im Vergleich zum Ruhrgebiet geringeren Bevölkerungszahl als besser geeignet durchsetzen. Entscheidendes Kriterium damals: gute Sichtbarkeit von der Schiene, vom Fluss und von der Straße.

Burg Hohensyburg (links) und rechts im Bild die Lennemündung. Der Blickpunkt gehört zu einem der schönsten im gesamten Ruhrtal.
Burg Hohensyburg (links) und rechts im Bild die Lennemündung. Der Blickpunkt gehört zu einem der schönsten im gesamten Ruhrtal. © Unbekannt | dpa

In Dortmund hingegen wurde ein Komitee gegründet, das die Errichtung eines Kaiser-Denkmals auf der Hohensyburg vorsah. Das am 30. Juni 1902 enthüllte Denkmal zeigt Kaiser Wilhelm I. auf seinem Pferd. Daneben Standbilder Otto von Bismarcks und Helmuth von Moltkes.

Das ursprüngliche Denkmal sah ganz anders aus. Die Nazis bauten es zurück. Was heute zu sehen ist, ist das Ergebnis dieses Rückbaus. Und hier steht nun Michael Depenbrock (50). Er ist CDU-Bürgermeister des Stadtbezirks Hörde mit rund 57.000 Einwohnern.

Ein Drittel des Sees gehört zu Hörde

Der Südteil des Bezirks grenzt direkt an den Hagener Norden. Ein Drittel des Hengsteysees gehört zu Hörde. Am Pfeiler der Brücke, über die sich die Serpentinen hinauf zur Hohensyburg schlängeln, prangt der Dortmunder Adler.

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In Syburg, dem südlichsten Stadtteil des Bezirks, leben 180 Menschen. Wer hier am Vincke-Turm Eis isst, blickt auf Boele, Kabel und Bathey. Die Menschen, die am „Klusenberg“ leben, eine feine Wohnsiedlung oberhalb des Seeschlösschens, die im Winter und Herbst durch die kargen Bäume gut sichtbar ist, blicken schon ihr ganzes Leben nur auf Hagen. Kurzum: Dortmund und Hagen sind sich hier so nah, dass es wie eins wirkt.

Die Stadtgrenze von oben. Das Foto zeigt den Hengsteysee mit der Anfahrt zu den Serpentinen, die die Hohensyburg hinaufführen.
Die Stadtgrenze von oben. Das Foto zeigt den Hengsteysee mit der Anfahrt zu den Serpentinen, die die Hohensyburg hinaufführen. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Michael Depenbrock blickt den Berg hinab. „Da drüben“, sagt er und deutet Richtung Freibad Hengstey, „da wird doch auch umgebaut, wie ich weiß.“ In Dortmund gebe es die politische Maßgabe, in jedem Stadtbezirk ein Bad zu haben. „Potenziell sind ja wegen der Nähe auch Hagener mögliche Nutzer solcher Bäder. Genau wie Menschen aus dem Dortmunder Süden Nutzer des Freibades in Hengstey sein könnten.“

Zusammenarbeit in der Kultur

Das Gleiche gelte für eine wünschenswerte gemeinsame Arbeit im Bereich der Kultur. 30 Minuten oder 20 Kilometer trennen das sechsspartige Dortmunder Schauspielhaus und das Hagener Stadttheater mit den Sparten Oper, Operette, Musical und Ballett. Offene Frage: Kann das eine nicht das andere ergänzen und umgekehrt?

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Dass der Hengsteysee für die Dortmunder keine Relevanz habe und hinter dem Phoenix-See im Stadtteil Hörde ein stiefmütterliches Dasein führe, verneint Depenbrock. „Das ist völlig unvergleichbar. Der Phoenix-See hat eine ganz andere Bedeutung. Der Hengsteysee ist hingegen landschaftsprägend.“

Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf der Hohensyburg.
Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf der Hohensyburg. © Unbekannt | Michael Kleinrensing

Dass hier ein Seepark-Projekt entstehe, wie die Hagener Planer es sich vorstellen, sei ökologisch höchst wünschenswert. Eine Dortmunder Beteiligung daran gibt es nicht. So wie es ohnehin keine politische Zusammenarbeit zwischen den Bezirken Hörde und dem Hagener Norden gibt. Die verantwortlichen Politiker kennen sich gar nicht.

„Es ist schade, dass es keinen politischen Kontakt gibt“, sagt Depenbrock. Den Namen des Bezirksbürgermeisters in Hagen-Nord kennt er nicht. Genau wie jener Nord-Bezirksbürgermeister Heinz-Dieter Kohaupt den von Michael Depenbrock nicht kennt. Ihre Bezirksverwaltungsstellen trennen nur 20 Minuten. In den Dortmunder Norden dauert es von Hörde aus länger.

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Stadtspitzen tauschen sich aus

Von der Hagener Stadtspitze hört man dazu allerdings, dass es seit vielen Jahren einen „fruchtbaren Austausch, Kooperationen und auch eine rege interkommunale Zusammenarbeit auf unterschiedlichen Feldern“ gebe. „So haben beispielsweise die Verwaltungsvorstände aus Hagen und Dortmund in der Vergangenheit regelmäßig miteinander getagt. Bedingt durch Corona ist es allerdings in 2020 und 2021 zu keiner gemeinsamen Sitzung gekommen. Kooperationen bzw. eine direkte Zusammenarbeit gibt es seit vielen Jahren beim HEB sowie bei der Unteren Umweltschutzbehörde sowie bei der gemeinsamen Beihilfestelle, erklärt Thomas Bleicher, Referent des Oberbürgermeisters

Der kleine Anleger und die Gartenanlage von FS 1889 am Hengsteysee direkt vor der Dortmunder Ortsgrenze.
Der kleine Anleger und die Gartenanlage von FS 1889 am Hengsteysee direkt vor der Dortmunder Ortsgrenze. © Unbekannt | Archiv

Einen Austausch in unterschiedlichen Fachfragen gebe es auf Fachbereichs- und Beigeordnetenebene in unterschiedlichen Gremien und Arbeitskreisen. OB Schulz treffe zudem regelmäßig mehrmals im Jahr mit dem Dortmunder OB zu Erörterungen im Kommunalrat zusammen. Das Thema „Ziele wirtschaftlicher Weiterentwicklung“ sei im vergangenen Sommer Anlass für ein gemeinsames Treffen der Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der Kammern aus Dortmund und Hagen, der Wirtschaftsförderer beider Städte sowie der Oberbürgermeister aus Hagen und Dortmund gewesen.

Eine Buslinie muss her

Vielleicht lässt sich ja mehr Kontakt durch eine zuverlässige Buslinie aufbauen. Mit Blick auf die aktuelle Nahverkehrsplanung erklärte Jürgen Sporbeck (Grüne) zuletzt im Hagener Umweltausschuss, dass eine leistungsfähige Schnellbus-Verbindung vom Hagener Norden in den Dortmunder Süden her müsse. Den bislang diskutierten Ansatz, die bisher in Dortmund-Holzen endende Linienführung der Dortmunder Buslinie 432 über Schwerte-Westhofen bis in das Hagener Lennegebiet zu verlängern, halte er für gut, reiche aber nicht aus. Die Linie müsse einen Anschluss an einen wesentlichen Verknüpfungspunkt wie beispielsweise Loxbaum haben. Man muss also von Boele nach Hörde mit dem Bus fahren können.

Die Eröffnungsfahrt könnten die Bezirksbürgermeister gemeinsam machen . . .