Hohenlimburg. Fleischermeister Lars Flügge aus Hohenlimburg erklärt, warum jeder Fleischfreund mal den Weg vom Rind zum Steak begleitet haben sollte
Wenn man Lars Flügge in seiner Lederschürze vor genüsslich schmatzenden Rindern in einer grünen Naturkulisse stehen sieht, wirkt es ein wenig surreal. Denn Flügge ist nicht nur gelernter Koch – er ist Fleischermeister, Jäger und seit kurzem Fleischsommelier. Er erklärt, warum jeder Fleischfreund mal den Weg vom Rind zum Steak begleitet haben sollte.
Seit vielen Jahren arbeitet Lars Flügge in der Gastronomie. Nach dem Abitur am Gymnasium Hohenlimburg machte er eine Ausbildung zum Koch. Es folgten Stationen in mehreren Küchen, unter anderem kochte er mit Starkoch Nelson Müller. In Essen absolvierte der Familienvater eine Ausbildung zum Fleischermeister, obendrein ist er Jäger. Heute sind sein Bruder Jan und er Geschäftsführer von Flügge in der Möllerstraße.
Von der Weide bis zum Schlachthof
„Dieser Beruf ist unheimlich toll und vielseitig“, so Flügge, „er erlaubt mir, die Tiere auf ihrem Weg zu begleiten und somit die Kontrolle über ihre Qualität zu haben.“ Denn das Wort Qualität spiele im Familienbetrieb eine große Rolle. Das Fleisch in der Theke komme von Höfen aus der Region, auf denen die Tiere in Familienherden artgerecht gehalten werden bis zum Tod. Mit dem Schlachten hat der Fleischermeister nichts zu tun. Bis dahin sei er an jedem Prozess beteiligt, sodass er Kontrolle über die Qualität habe. Wer Fleisch verzehrt, sollte diesen Prozess einmal gesehen haben, findet Flügge. „Um dem Tier die Wertschätzung zu geben, die es verdient hat.“
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Wertschätzender Fleischkonsum – was bedeutet das? „Weniger Fleisch essen, aber dafür besseres“, so Flügge, „und, wenn man ein Tier verarbeitet, dann wird alles verarbeitet. Vom Schinken für das Brot bis zum Knochen für die Suppe.“ Rind, Schwein und Geflügel seien zwar Nutztiere, hätten aber Respekt und Wertschätzung unbedingt verdient. Und das schmeckt man am Ende auch, ist Flügge überzeugt. Tiere, die vor ihrem Tod weniger Angst und so weniger Stress haben, ergeben am Ende qualitativ besseres Fleisch. Auf Höfen, von denen Metzgereien wie Flügge ihr Fleisch beziehen, werden die Tiere beispielsweise mit Lavendeldüften oder Musikbeschallung beruhigt.
Trend zum „besseren Fleisch“
Der Trend zum „besseren“ Fleisch sei besonders durch die Pandemie gestiegen, erklärte der Fleischermeister: „Viele Menschen haben sich in dieser Zeit mehr mit gutem Essen beschäftigt und ihr Geld anstatt für einen Urlaub in ein gutes Stück Fleisch investiert.“ Dieser Trend macht ihm Hoffnung: „Wir leben alle im Überfluss, in jeglicher Hinsicht – von Kleidung bis zum Essen. Ich hoffe sehr, dass der Gedanke, lieber weniger gutes Fleisch als mehr schlechtes zu konsumieren, bleibt.“ Da Lars Flügge auch Jäger ist – im Westerwald und Letmathe – liegt manchmal Wild in der Theke der Metzgerei. „Aber nur das, was ich selbst geschossen habe“, so der Fleischermeister. Mit der Pflicht kommt die Verantwortung: „Wir können der Natur nicht mehr ihren Lauf lassen, sie ist längst vom Menschen beeinflusst und geschaffen. Deshalb sind wir auch in der Verantwortung, Überpopulationen bei Wild einzudämmen.“
Weiterbildung zum Fleischsommelier
Zuletzt hat sich Lars Flügge auch zum Fleischsommelier weitergebildet. An der Fleischerschule Augsburg absolvierte er die zweiwöchige Prüfung. Durch die Ausbildung konnte er sein Wissen erweitern – von neuen „Cuts“ (Fleischzuschnitten) über „Tasting“ (Verkostung), bei dem beispielsweise Geschmacksbeschreibung erlernt wird, bis hin zum idealen Grillen: „Es ist wichtig, mit den Trends und Wünschen der Kunden zu gehen und sich stets weiterzubilden“, so der Hohenlimburger. Denn besonders die „Grillszene“ unter den Kunden der Metzgerei sei eine große, die sich viel mit Fleisch beschäftige und gut auskennt. Sein erlerntes Wissen möchte der Fleischsommelier auch in der Theke der Metzgerei und beim Catering anwenden.
Zum Start der nächsten Grillsaison will er bisher eher unbekannte „Cuts“ vorstellen, sofern es die Pandemie erlaubt. Krokodil oder andere exotische Fleischsorten, die Flügge während seiner Ausbildung zum Sommelier probierte, wird es dann aber wohl nicht geben.