Neheim. In der laufenden Migrationsdebatte wollen Kirchen Zeichen der Menschlichkeit setzen. St. Johannes Neheim befasst sich mit Kirchenasyl.

Mehr als nur eine Ausstellung. Das Ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW e.V. brachte in dieser Woche das Thema Kirchenasyl in den Sauerländer Dom am Neheimer Markt. Auf zahlreichen Transparenten und Aufstellern werden die Lage geflüchteter Menschen und die Bedeutung und Hintergründe des Kirchenasyls beleuchtet. Für die Gemeinde St. Johannes Baptist in Neheim ist das nur der Anfang eines Prozesses.

Anders als die evangelische Kirche in Neheim, hatte sich St. Johannes Baptist mit dem Thema Kirchenasyl bis vor Kurzem noch nicht beschäftigt. Vor sieben Jahren gab die Evangelische Kirche in Neheim einem Flüchtling aus Guinea Schutz. Beim Kirchenasyl spricht Pastor Udo Arnoldi von „einem bewährten System“. Für das gibt es strenge gesetzliche Regelungen und Vereinbarungen. Für Udo Arnoldi ist aber auch klar, dass eine Gemeinde das gründlich überlegen und „Einzelfallentscheidungen“ treffen müsse.

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Das Kirchenasyl will Menschen, denen die Abschiebung droht, zu ihrem Recht verhelfen. „Dabei muss immer mit dem Netzwerk zusammengearbeitet werden“, weiß Renate Tewes vom Pfarrgemeinderat St. Johannes Baptist. Die Gemeinde hat sich auf den Weg gemacht, will sich mit dem Thema beschäftigen, um abzuklären, ob auch sie in Zukunft in bestimmten Situationen ein Kirchenasyl anbieten will und kann. „Das Thema Asyl ist sehr komplex, und Kirchenasyl unterliegt schärfsten Bedingungen“, erklärt Pfarrer Jung. Seine Gemeinde sei noch in einer Informationsphase.

Die evangelischen Kirchen sind da ein Stück weiter. Elisabeth Patzsch ist Flüchtlingsbeauftragte des Kirchenkreises Arnsberg-Soest. Sie kann bereits von einigen Fällen im Kirchenkreis berichten - auch davon, dass auf dem Weg bis zu einem Kirchenasyl neben der Meldung und der Erstellung eines Dossiers viele Formalien zu erledigen sind. „Die Kirchen stecken da wirklich viel Energie rein“, sagt sie.

In der Praxis sieht es so aus: Die Kirche nimmt eine Person oder Familie auf, gibt ihr auf dem Kirchengelände Wohnrecht und entzieht sie so dem Zugriff der Abschiebebehörden. Diese sind aber informiert. Zugleich übernehmen sie den Unterhalt der im Kirchenasyl geschützten Personen. Das Gelände der Kirche dürfen diese nicht verlassen. „Eine Gemeinde, die das macht, muss sich auch kümmern“, so Elisabeth Patzsch.

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Pfarrgemeinderatsvorsitzende Renate Tewes begrüßt, dass man sich nun auch in Neheim in ihrer Gemeinde mit der Frage des Kirchenasyls auseinandersetzt. „Es ist ein Zeichen für Menschenwürde“, sagt sie. Und auch Pfarrer Stephan Jung stellt klar, „dass die Geflüchteten keine Nummern, sondern Menschen sind“. Kirchen würden mit dem Kirchenasyl nicht zum rechtsfreien Raum werden, „sondern machen das aus seelsorgerischen Gründen“.

Der evangelische Kirchenkreis Arnsberg-Soest habe seit dem Jahr 2019 rund 200 Menschen im Kirchenasyl betreut. Aktuell seien elf Personen (darunter drei Kinder) unter dem Schutz der Kirche. Im Durschnitt bestand ein Kirchenasyl in 2024 in NRW 64 Tage lang (2,2 Monate). 2023 waren es 3,5 Monate. Die häufigsten Herkunftsstaaten sind Syrien, Irak und Afghanistan. Häufig geht es um das Verhindern einer Abschiebung in andere EU-Länder nach dem Dublin-Abkommen. Die häufigsten „Dublin-Staaten“ sind Kroatien, Bulgarien (jeweils etwa ein Viertel der Fälle) und Rumänien. „Hier sind die Aufnahmebedingungen nicht menschenwürdig“, so Elisabeth Patzsch.

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Die Ausstellung zieht jetzt weiter nach Soest, wo sie vom 16. bis 22. Februar in der Emmauskirchengemeinde in der Johanneskirche (Hamburger Str. 1, 59494 Soest) zu sehen sein wird. Die Ausstellung richtet sich an Interessierte, um sie für die Geschichten und Erfahrungen der vorgestellten Geflüchteten zu sensibilisieren. Ebenso sollen Berührungsängste angesichts der zunehmend angespannten migrationspolitischen Situation bei den Besuchern der Ausstellung überwunden werden, um sich mit Migration und Abschiebungen auseinanderzusetzen. Das Kirchenasyl wird hierbei als eine mögliche christliche Praxis der Gastfreundschaft von Gemeinden vorgestellt.

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