Arnsberg. Für den Dienst an der Gesellschaft nimmt Kristina Sturzenhecker Gefahren für sich selbst in Kauf. Sie ist Mitglied beim THW: „Das ist weit mehr als ein Hobby!“, sagt sie.

„Zu technischen Dingen hatte ich früher kein Zugang. Das hat alles mein Papa erledigt. Und das, obwohl ich dann später Bauingenieurwesen studiert habe“, berichtet Kristina Sturzenhecker. Mittlerweile hat die 26-Jährige regelmäßig mit dem Thema Technik zu tun. Zum einen beruflich, weil die gebürtige Hüstenerin beim Ruhrverband als Projektmanagerin arbeitet. Zum anderen in der Freizeit, da Kristina seit zweieinhalb Jahren ehrenamtlich beim THW Ortsverband Arnsberg hilft.

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Kristina ist in der Bergungsgruppe im Einsatz. Das ist sozusagen das ‚Schweizer Taschenmesser‘ in unserem Ortsverband, weil die Mitglieder dieser Gruppe sehr viele Bereiche abdecken und zahlreiche Aufgaben übernehmen. Vom Aufbau von Gerüsten, über das Transportieren von Verletzten, dem Retten von Verschütteten bis hin zum Befestigen von Dämmen und noch vieles mehr kann die Gruppe im Einsatz leisten“, erklärt THW-Sprecher Julian Franzen.

THW Arnsberg Menschen in Uniform
Die 26-jährige Hüstenerin ist seit zweieinhalb Jahren beim Technischen Hilfswerk. © Eric Claßen | Eric Claßen

Angefangen hat alles für Kristina vor zweieinhalb Jahren. „Ich war während meines Studiums in Kassel bei ‚Ingenieure ohne Grenzen‘ aktiv und wollte nach meiner Rückkehr hier ins Sauerland weiterhin aktiv helfen und etwas für die Gesellschaft tun. Also habe ich Kontakt mit dem Technischen Hilfswerk (THW) aufgenommen und mal vorbeigeschaut“, erinnert sie sich. „Anfangs konnte ich nicht einmal mit einer Bohrmaschine umgehen“, gesteht die junge Frau. Doch nach der allgemeinen Grundausbildung, der Fachausbildung in der Gruppe und zahlreichen Fortbildungen ist der Umgang mit schwerem Gerät und technischen Hilfsmitteln längst zur Routine geworden.

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Schnell fand sie im Arnsberger Ortsverband des Technischen Hilfswerk so etwas wie eine zweite Familie. „Das ist mehr als nur ein normaler Dienst, den man nach Vorschrift erledigt und ich würde es auch kein normales Hobby nennen. Denn man verpflichtet sich, im Ernstfall zu helfen und sich im Zweifel auch selbst in Gefahr zu bringen, um andere Menschen zu retten“, sagt die Sauerländerin. Auch außerhalb der Dienstzeit und der Einsätze verbringe sie Zeit mit den THW-Mitgliedern aus Arnsberg.

THW Arnsberg Menschen in Uniform
Kristina Sturzenhecker ist Mitglied der Bergungsgruppe beim THW Ortsverband Arnsberg. © Eric Claßen | Eric Claßen

Bei den Einsätzen trägt Kristina Sturzenhecker die bekannte blaue Uniform. Dazu gehören Hose, Oberteile wie Fleece- oder Langarmshirts, eine Jacke, Arbeitsschuhe und spezielle Arbeitshandschuhe. Standardmäßig gibt es eine Taschenlampe und weitere Hilfsmittel sowie einen markanten gelben Helm. „Der ist ganz schön schwer, im Einsatz aber Pflicht“, betont Kristina. Die Handschuhe sind flammen- und schlagfest. Sicherheit der Helferinnen und Helfer hat Priorität. „An der Uniform sind Namensschilder befestigt, die vor dem Einsatz bei der Leitung abgegeben werden müssen. Damit können wir feststellen, welche Helfer gerade im Einsatz sind oder zum Beispiel beim Essen oder beim Ausruhen“, verdeutlicht Julian Franzen.

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Alle Uniformen sind aktuell noch mit auffällig neongelben Reflektoren versehen. „Das ändert sich allerdings. Momentan werden die Verbände sukzessive mit neuen Uniformen versorgt. Diese haben dann silberne statt gelbe Reflektoren“, so der THW-Sprecher. Außerdem seien die neuen Uniform-Teile, speziell der Schulterbereich und die Hosenbeine, noch besser gegen Feuchtigkeit geschützt.

THW Arnsberg Menschen in Uniform
Dieses Namenschild gibt Kristina vor ihrem Einsatz an der Leitungsstelle ab. So weiß die Einsatzleitung, ob und wo die Helferin gerade eingesetzt wird. © Eric Claßen | Eric Claßen

„Wir trainieren in den Uniformen für den Ernstfall“, unterstreicht Kristina Sturzenhecker. Den hat sie letztes Jahr beim Weihnachtshochwasser im Sauerland erstmals live erlebt. „Ich bin am 2. Weihnachtsfeiertag in Brilon im Einsatz gewesen. Da drohte ein Pferdehof sprichwörtlich abzusaufen.“ Gemeinsam mit Kollegen betreute Kristina die Wasserpumpen und sorgte dafür, dass alles reibungslos verlief. Zwei Tage später war sie direkt wieder im Einsatz. Diesmal musste in Hamm ein Deichbruch verhindert werden. „Aus einem kleinen Bach war an dieser Stelle gefühlt ein Meer entstanden und drohte, alles zu überfluten.“

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Direkt nach jedem Einsatz heißt es für das Technische Hilfswerk, das durch öffentliche Mittel finanziert wird, die Gerätschaft zu pflegen und zu säubern. „Man weiß schließlich nie, wie schnell der nächste Einsatz kommt“, sagt Julian Franzen. Der THW Ortsverband Arnsberg hat derzeit über 200 Mitglieder inklusive der Jugendgruppe und befindet sich mit seinem Sitz in Niedereimerfeld.

THW Arnsberg Menschen in Uniform
Kristina kommt aus Hüsten und hat in Kassel Bauingenieurwesen studiert. Sie lobt die Kameradschaft in der Truppe. © Eric Claßen | Eric Claßen

In der Regel kommt das Technische Hilfswerk bei Großschadenslagen zum Einsatz. So waren auch zahlreiche THWler aus Arnsberg beim Hochwasser im Ahrtal. „Irgendwann funktioniert man nur noch, vergisst welchen Wochentag man hat und hat auch gar keine Ahnung mehr, wo man abends schläft. Man hilft einfach“, erklärt Franzen. Die Arbeitgeber stellen die Freiwilligen dann frei.

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Für Einsätze im Nassen gibt es einen speziellen Regenanzug, der im auffälligen Orange gehalten ist. „Da kann man uns schon sehr gut von weitem erkennen“, so Julian Franzen. Die Uniform des Technischen Hilfswerks ist so kompatibel gestaltet, dass man beispielsweise auch Funkgeräte, Handys, Verbandstaschen oder Atemschutzgeräte recht schnell und einfach befestigen und transportieren kann. Speziell an den neuen Uniformen wird ein Abzeichen am Oberarm zu sehen sein, mit dem deutlich wird, dass es sich um Zivilschutz handelt. „Das ist ein international bekanntes Zeichen und erleichtert die Einsätze im Ausland“, sagt der THW-Sprecher.

„Die Einsätze sind oft körperlich anstrengend, aber mir wird geholfen, wenn ich darum bitte. Die Kameradschaft ist einfach sehr groß und das nimmt einem auch die Hemmungen, nach Hilfe zu fragen“, berichtet Kristina. Hilfe, die man bisweilen auch nach Einsätzen benötigt, denn nicht alles, was man während der Arbeit sieht, ist leicht zu verarbeiten. „Man sieht Leid und wird im Einsatz mit Schicksalen konfrontiert. Da ist das Angebot einer psychosozialen Nachsorge sehr wichtig“, findet die 26-Jährige.  

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