Sundern/Meschede. Politiker aus Sundern und Meschede sind unzufrieden mit der ausufernden Windkraft-Planung im HSK. Klare Forderung nach Einhaltung des Regionalplans.

Es ist ein durchaus bedeutender Schritt, den die Ortsvorsteher der Dörfer Meinkenbracht, Linnepe, Hellefeld, Altenhellefeld und Westenfeld auf Sunderner Boden sowie Visbeck und Grevenstein in Meschede gewagt haben. Gemeinsam bilden die Beteiligten ein Bündnis gegen den Windkraft-Wildwuchs im Bereich des sogenannten „Alten Testaments“, um auf die Gefahren hinzuweisen, die aus ihrer Sicht von der aktuellen Entwicklung abhängen. „Die Steuerung fehlt uns komplett, seitdem das OVG-Urteil bekannt ist“, erklärt Thomas Jostes, Ortsvorsteher von Grevenstein. Und sein Kollege Matthias Vitt aus Visbeck nennt die derzeitige Planung „ausufernd“.

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„Wir sind nicht gegen alle Windräder, das möchten hier deutlich machen. Aber der Regionalplan, der mit viel Arbeit und über einen langen Zeitraum erarbeitet wurde, muss eingehalten werden. Es kann nicht sein, dass es derzeit den Anschein hat, dass Projektierer die Lücke ausnutzen, die das OVG-Urteil zugelassen hat“, kritisiert Hedwig Rademacher, Ortsvorsteherin von Linnepe.

Ortsvorsteher
Gemeinsam gegen Windkraft-Wildwuchs im „Alten Testament“: v.l. Udo Hoffmann (Altenhellefeld), Matthias Vitt (Visbeck), Hedwid Rademacher (Linnepe) und Thomas Jostes (Grevenstein). Es fehlen Sibylle Rohe-Tekath (Hellefeld), Irene Kaiser (Meinkenbracht) und Rüdiger Laufmöller (Westenfeld). © Eric Claßen | Eric Claßen

In der Vergangenheit hatte Rademacher in ihrer Ortschaft gleich mehrere Bürgerversammlungen organisiert, um die Bewohner zum einen aufzuklären, zum anderen aber auch um die Akzeptanz nach Windkraft abzufragen. „Von Anfang an war das Ziel im Ort, dass der Dümberg windradfrei bleibt, weil eben die deutliche Mehrheit der Linneper diese Meinung vertritt. Der Regionalplan hat dies auch respektiert. Doch durch die veränderten Rahmenbedingungen laufen wir jetzt Gefahr, dass doch Windräder hier entstehen könnten“, so Rademacher.

„Die Flächenbesitzer auf dem Dümberg haben sich bereit erklärt, im Sinne der Dorfgemeinschaft auf Verpachtungen an Projektierer zu verzichten. Aber ich weiß nicht, ob dieses Verständnis so bleibt, wenn jetzt überall anders die Anlagen aus dem Boden sprießen.“ Sie wisse auch konkret von dem Fall einer Erbengemeinschaft, die in Weninghausen, das zu Linnepe gehört, bereits Verträge mit einem Projektierer über den Bau zweier Anlagen abgeschlossen habe.

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Hedwig Rademacher steckt wie ihre Amtskolleginnen und Amtskollegen dabei durchaus in einem Dilemma, wie Udo Hoffmann aus Altenhellefeld und Sibylle Rohe-Tekath aus Hellefeld deutlich machen. „Bei uns in den Orten gibt es auf der einen Seite die Windkraft-Gegner, zum anderen aber auch Flächenbesitzer, die den Windkraftausbau im HSK als Chance begreifen, ihre Flächen lukrativ zu verpachten, um sich dadurch Einnahmen für die nächsten Jahre und Jahrzehnte zu sichern“, berichten die beiden. Deswegen wolle man auch nicht komplett Partei für eine der beiden Seiten ergreifen, sondern vielmehr die Landes- und Bundespolitik dazu aufrufen, Lösungen zu finden, um die Wünsche beider Seiten in Einklang zu bringen.

Windmill Windkraft
Die Windenergie ist ein viel diskutiertes Thema in Sundern (Symbolfoto). © Getty Images/iStockphoto | jotily

Aus diesem Grund haben die sieben Repräsentanten ihrer Dörfer auch ganz bewusst Kontakt mit den Verwaltungen in Sundern und Meschede, aber auch zugleich mit den zuständigen Bundestagsabgeordneten Carlo Cronenberg von der FDP, Dirk Wiese von der SPD und Friedrich Merz von der CDU aufgenommen, um die konkrete Situation im „Alten Testament“ zu schildern. „Wir sprechen hier derzeit von Planungen und Anträge für mehr als 80 Windkraftanlagen im Umkreis weniger Kilometer. Die meisten befinden sich außerhalb der Vorrangflächen“, so die Ortsvorsteher. Das sei der Bevölkerung nicht mehr zu vermitteln. Wut und Enttäuschung über diese Aussicht ist den Beteiligten anzumerken.

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Carlo Cronenberg hatte sich nach dem Hilferuf der Ortsvorsteher mit einem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, direkt an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gewendet. Darin bittet der FDP-Politiker den Minister, sich schnellstmöglich für die sogenannte Länderöffnungsklausel einzusetzen, die die Bundesländer ermächtigt, durch landesgesetzliche Vorschriften eine Aussetzung des Genehmigungsverfahrens bis zur Aufstellung wirksamer Regionalpläne über Windenergieflächen zu ermöglichen. Auch Friedrich Merz (CDU) und Dirk Wiese (SPD) streben eine rechtssichere Lösung an.

„Die Verwaltung in Meschede hat bestürzt auf die vielen Anträge reagiert“, macht Thomas Jostes deutlich. „Allein auf Grevensteiner Gebiet könnten momentan 27 Windräder entstehen.“ Und Matthias Vitt aus Visbeck erklärt: „Bei uns im Ort sind zwei Anlagen geplant, die lediglich 500 Meter von der Wohnbebauung entfernt sind.“ Durch solche Planungen verliere man auch die Akzeptanz für Erneuerbare Energien.

Auch im Sunderner Rathaus ist man nicht begeistert über den Windrad-Ausbau. Zuletzt hatten Bürgermeister Klaus-Rainer Willeke und die 1. Beigeordnete Dr. Jacqueline Bila mehrmals ihr Unverständnis für die Situation rund um Meinkenbracht, Linnepe und anderen Orten geäußert. Man führe intensive Gespräche mit dem Hochsauerlandkreis und dem Landrat, heißt es aus der Sunderner Verwaltung.

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„Wir gehen ganz bewusst überparteilich und interkommunal mit der Thematik um. Damit wollen wir den Bürgerinnen und Bürgern auch zeigen, wie ernst wir ihre Meinungen und Bedenken nehmen“, so Sibylle Rohe-Tekath. Deshalb hatte sie sich auch gemeinsam mit Hedwig Rademacher, Udo Hoffmann, Rüdiger Laufmöller, Irene Kaiser, Thomas Jostes und Matthias Vitt dazu entschieden, einen Infoflyer für die Menschen im „Alten Testament“ zu veröffentlichen. Dort wird stichpunktartig der rechtliche Hintergrund skizziert und über mögliche Folgen des exzessiven Windradbaus informiert. „Wir fordern die Einhaltung des Regionalplans und sind gegen Windenergieanlagen außerhalb der Vorrangflächen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. „Es darf nicht sein, dass unsere Heimat und die einzigartige Natur und Landschaft durch den ungeregelten Bau solcher Anlagen zerstört wird.“

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