Oeventrop. Revolution in der Chemie: Prof. Dr. Jens Beckmann isoliert erstmals Nitren, eine Entdeckung, die Lehrbücher neu definieren wird.

„Nun müssen die Lehrbücher umgeschrieben werden“, sagt Prof. Dr. Jens Beckmann. Der gebürtige Oeventroper lebt mit seiner Ehefrau und seinen Kindern in Bremen - arbeitet dort an der Universität. Und warum? „Wir haben es erstmals geschafft, Nitren zu isolieren“, erklärt er, „Diese Entdeckung bietet viele Möglichkeiten zum Weiterforschen. In den Lehrbüchern steht allerdings noch, dass Nitren nicht isoliert werden kann - das haben wir nun widerlegt.“

Der dreifache Vater ist stolz auf diese Entdeckung - und auch darauf, dass sie im Fachmagazin „Sience“ veröffentlicht wurde. „Das ist eines der beiden wichtigsten Magazine in der Welt der Wissenschaft“, erklärt Beckmann, „Wissenschaft findet in Zeitschriften statt - ein Artikel ist vergleichbar mit einem gewonnenen Wettbewerb. Das hat einen hohen Stellenwert für uns als Wissenschaftler.“

Prof. Dr. Jens Beckmann
Seit 2010 ist Jens Beckmann Professor an der Uni Bremen. © WP | Privat

Für den Laien mag dies ein kleiner, eher abstrakter Schritt in der Chemie sein - für die Grundlagen-Wissenschaft jedoch beginnt nun das Rennen. „Wir alleine werden das Potenzial gar nicht erschließen können - wenn jemand etwas Bedeutendes gefunden hat, beginnen weltweit mehrere Gruppen damit zu arbeiten.“ Nitren isolieren zu können, umfasse zum Beispiel das Potenzial, neue innovative Katalysator­systeme zu entwickeln.

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Stolz sind auch die Oeventroper, wie Franz-Josef Molitor gegenüber dieser Redaktion äußert - er hält Beckmanns Karriere für unglaublich und einzigartig. „Er ist sehr ,pflegeleicht‘ und in keinster Weise abgehoben“, sagt er über Beckmann. „Er hat zunächst zehn Jahre lang in Oeventrop die Hauptschule besucht - und ist danach zum Laurentianum gegangen. Eine unglaubliche Karriere!“

In der Schule nicht „so gut“

Das bestätigt auch Beckmann selber. „In der Schule war ich nie so der Überflieger“, sagt er und lacht. „Aber als ich mit dem Studium anfing, kam mir das Lernen nicht mehr wie lernen vor. Das Interesse war einfach da.“ Eigentlich sei sein Vater schuld, gesteht er, denn dieser habe ihm im zarten Alter von zehn Jahren einen Chemiemodellkasten gegeben. „Irgendwann brachte er Reagenzgläser und Schwefel mit - wir haben den Schwefel aufgeschmolzen und es entstand eine blaue Flamme. Das war total faszinierend für mich. So bin ich an die Chemie gekommen!“

1990 startete er mit seinem Abitur in das Abenteuer seines Lebens - studierte Chemie an der Universität Dortmund. „Dort habe ich auch meine Frau kennengelernt“, sagt er. „Sie ist auch Chemikerin, ist aber mehr in der Verwaltung der Uni - im Bereich der Wissens- und Transfertechnologie - unterwegs.“ Schon damals hat sie Jens Beckmann den Rücken freigehalten, blieb an seiner Seite - und zog nach seiner Promotion sogar für vier Jahre mit ihm nach Australien. „Aus zwei geplanten Jahren wurden knapp fünf“, sagt er, „Wir haben sogar die australische Staatsbürgerschaft angenommen.“

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Zurück in Deutschland, zog es das Paar zunächst nach Berlin. „Etwa fünf Jahre lebten wir dort - bekamen unsere drei Kinder.“ 2010 beginnt Jens Beckmann als Professor am Institut für Anorganische und Physikalische Chemie der Universität Bremen. Und dennoch zieht es ihn immer wieder zurück ins Sauerland - zurück in seine Heimat: nach Oeventrop!

Jens Beckmann und Team
Emanuel Hupf, Jens Beckmann und Marvin Janssen im Chemielabor der Universität Bremen im Gespräch über ihre neueste Entdeckung: das erste isolierte Nitren.  © Universität Bremen | Annemarie Popp

Regelmäßig in der Heimat Oeventrop

„Es gibt nur eine Heimat - und das ist natürlich Oeventrop im Sauerland“, sagt Jens Beckmann. „Aber auch Berlin, Bremen und Australien sind mir ans Herz gewachsen. Heimat ist da, wo meine Frau ist!“ Er glaubt daran, dass es mehrere Orte im Herzen geben kann. Zwar sei er aus Oeventrop weggezogen - seine Freunde und Eltern lebten aber nach wie vor in dem sauerländischen Dorf. „Ich bin immer wieder gerne im Sauerland - und auch regelmäßig.“ Ob er nun Freunde treffe, seine Familie besuche oder aber auch Schützenfest feiere, ein „verlängertes Wochenende in Oeventrop ist immer schön.“

Und sonst so? Was interessiert Jens Beckmann neben Chemie? „Ich versuche, Gitarre zu spielen“, sagt er und lacht erneut. „Aber ich bin nicht sonderlich gut - meine Familie streitet sich darüber, was ich schlechter kann: Gitarre oder Singen.“ Erst mit Mitte 40 habe er damit begonnen, sogar ein paar Gitarrenstunden genommen und Akkorde gelernt. Jetzt, mit Mitte 50, übe er eine halbe Stunde am Tag. Mit Youtube-Videos. Ach ja - und noch etwas habe er von seinem Vater geerbt: „Ich bastele gerne!“ Keine Herbstblätter, sondern dies und das am Haus. „Wir haben vor zehn Jahren ein 1876 erbautes Haus gekauft“, sagt er, „da gibt es genug zu tun - für mich als ‚Heimwerkerking‘ sozusagen. Am Ende des Tages bleibt immer zu wenig Zeit für zu viele Projekte.“

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