Hüsten. Bäder-Chef vom Freizeitbad Nass spricht über Chancen und Grenzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz bei Badeaufsicht.

Es gibt sie immer wieder, diese Momente - auch im Freizeitbad Nass. Da gerät ein Badegast - häufig ein Kind - in Not und kann sich nicht mehr über Wasser halten und droht zu Ertrinken. Jede Sekunde kann dann über Leben und Tod entscheiden. Die Badeaufsicht springt dann ohne zu zögern ins Becken, um die Rettungsmaßnahmen einzuleiten. „Einmal im Monat passiert so etwas bei uns sicher“, sagt Bernd Löhr. Der Geschäftsführer des Freizeitbades Nass setzt sich daher auch bereits mit dem Thema Künstliche Intelligenz am Beckenrand, die solche Notfälle schnell erkennt, auseinander.

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Nass-Badeaufsicht Barbara Klappert hat immer ein Auge auf die Sicherheit im Bad.
Nass-Badeaufsicht Barbara Klappert hat immer ein Auge auf die Sicherheit im Bad.

„Wir haben uns damit schon beschäftigt“, bestätigt er. Genau beobachte er - wie viele seiner Kollegen auch - die ersten Pilotversuche mit KI-Systemen, die Kamera-basiert Bewegungsmuster von Badegästen auswerten und so Situationen erkennen, in denen Personen zu ertrinken drohen. „Das System ist aber noch nicht ausgereift, die Technik noch anfällig“, sagt Löhr. So werde noch sehr oft verwechselt, ob jemand freiwillig abtauche oder sich in Not bewusstlos nicht mehr über Wasser halten könne.

Für Bernd Löhr aber ist klar, dass technische Hilfe bei der Badeaufsicht eine Chance bedeutet. „In Spitzenzeiten hat unsere Badeaufsicht 300 bis 400 Gäste zeitgleich zu beobachten“, sagt er. Und klar sei: Es gebe immer tote und gerade mal nicht gesehene Winkel, Aufsichten sind abgelenkt durch Fragen oder kleine Hilfeersuchen von Gästen. Technische Systeme, so Bernd Löhr, könnten da mehr Sicherheit geben. „Wenn, dann aber immer nur unterstützend“, sagt der Geschäftsführer, „zur KI gehört auch immer ein Mensch.“ Denn der muss dann schnell reagieren und die Rettung einleiten. So rechnet er perspektivisch damit, dass KI-Systeme begleitend eingesetzt werden könnten. „Das wird uns aber nie vom Personaleinsatz am Beckenrand befreien“, so Bernd Löhr. Auch die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) machte klar, dass technische Hilfsmittel die Wasseraufsicht nicht ersetzen könnten. Sie können aber ein Faktor sein bei der Frage, wie viel Personal nötig ist.

„ Unsere Kräfte in der Badeaufsicht sind hoch sensibilisiert für das, was im Becken passiert.“

Bernd Löhr
Geschäftsführer Freizeitbad Nass

Das Aufsichtspersonal im Nass ist gut geschult. „Und unsere Kräfte sind hoch sensibilisiert für das, was im Becken passiert“, so Löhr. Auf die Wasserflächen sollte möglichst immer ein Auge gerichtet sein. Das gelte sowohl bei hoher Besucherfrequenz als auch an ruhigen Tagen. Viel Betrieb sei zwar unübersichtlicher, „doch da gibt es immer auch etwas soziale Kontrolle“.

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Klar sei aber auch, dass die Verantwortung nicht allein bei den Schwimmmeisterinnen und -meistern liegen könne. „Unsere Leute können nicht 400 Kinder zeitgleich beaufsichtigen“, stellt Bernd Löhr klar und nimmt auch Eltern in die Pflicht. Auch sie müssten ihre Kinder im Blick behalten. „Und da merken wir schon, dass heute viele Eltern am Handy abgelenkt sind, während ihre auch noch kleinen Kinder im Wasser spielen“, so Löhr.

Schon seit Jahren gibt es sogenannte Ertrinkenden-Erkennungssysteme. Neu an der KI-gestützten Technik ist die Möglichkeit, bestimmte Bewegungsabläufe vor dem eigentlichen Notfall als Gefahr zu identifizieren. Erste Systemeinführungen gibt es in Süddeutschland. Das Freudenstädter Panorama-Bad war vor rund einem Jahr als Vorreiter im Südwesten gestartet: Kameras sollen das Geschehen an den Becken im Blick haben und zum Beispiel die Anzahl der Menschen registrieren. Sie weisen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter anderem auf Überfüllungen oder einen reglosen Menschen im Wasser hin. Das geschieht über Signale auf eine Smartwatch – eine intelligente Armbanduhr. Das System funktioniere mittlerweile relativ verlässlich, sagte die Geschäftsführerin Ursula Stiefken kürzlich in einem Interview mit der Zeitung für Kommunale Wirtschaft (ZKF). Es habe typische Bewegungen von Badegästen gelernt. „Jetzt gibt es deutlich weniger Fehlalarme“.

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Eine Rolle beim Einsatz spielt auch der Datenschutz. Auch Nass-Geschäfdtsführer Bernd Löhr weist darauf hin, dass die Technik zum Beispiel keine Bilder speichert und keine Verbindungen zu Menschen etwa über persönliche Daten einer Jahreskarte oder eines Mitgliedsausweises herstellen darf. Vor einem Einsatz im Freizeitbad Nass gebe es noch einiges zu klären. Bernd Löhr stellt klar: „Wir wollen hier nicht der Vorreiter sein.“