Langscheid. Engagierte Eltern und ein spezielles Naturkonzept bereichern das Lernumfeld an der Freien Schule am See in Langscheid. Das steckt dahinter.
Im nächsten Jahr feiert die Freie Schule am See in Langscheid runden Geburtstag. Dann wird die Bildungseinrichtung zehn Jahre alt. Und obwohl sie bald eine Dekade lang unter privater Trägerschaft steht, oder vielleicht auch gerade deswegen, gibt es noch immer Mythen rund um die Schule. Grund genug, diesen Mythen einmal auf die Spur zu gehen.
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Hört man sich in Sundern zur Freien Schule am See um, dann fällt oft der Begriff „Eliteschule“. Doch stimmt das? Frank Gohla, seit einigen Jahren Verwaltungsleiter der Bildungseinrichtung am Sorpesee, erklärt: „Ich kenne die Gerüchte, muss aber widersprechen. Wir sind hier keine Eliteschule. Hier gehen ganz normale Kinder aus unterschiedlichen sozialen Elternhäusern zur Schule. Richtig ist, dass Kinder aus Langscheider Familien ein Anrecht auf einen Platz in der Schule haben. Bleiben darüber hinaus noch Plätze frei, können auch beispielsweise Kinder aus anderen Teilen Sunderns hier zur Schule gehen“, so Gohla.
Ein solches Beispiel stellt die Familie Baulmann aus Sundern dar. Mutter Carolin Baulmann hat gleich zwei Kinder auf der Schule. Ihr Kinder besuchen derzeit die 2. und 4. Klasse. „Wir sind vor einigen Jahren aus Düsseldorf nach Sundern gezogen - und dann war die Frage, welche Schule bietet sich für unseren Sohn an. Ursprünglich hatte ich zur Johannesschule in Sundern tendiert, doch nach dem Tag der offenen Tür dort war ich davon nicht mehr überzeugt. Zum Glück fand wenige Tage später solch ein Infotag auch in der Schule in Langscheid statt. Und nach der Vorstellung des Bildungskonzeptes und der Besichtigung der Einrichtung war ich begeistert.“
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Die Wahlsunderanerin nimmt dafür auch in Kauf, dass sie bisweilen zwei- bis dreimal am Tag von Sundern nach Langscheid fahren muss, um die Kinder zu bringen und abzuholen. „Der Aufwand ist es wert.“ Mittlerweile ist Carolin Baulmann Elternvertreterin für die Klasse 4 und bietet mit einer anderen Mutter freiwillig einen Sportkursus zweimal die Woche in der Schule an. „Unser Fokus liegt auf Ballsportarten. Das ist ein Zusatzprogramm zum regulären Unterricht“, erklärt die Elternvertreterin.
Generell herrsche in der Schule eine familiäre Atmosphäre. „Als Mutter kennt man fast jedes Schulkind persönlich, unterhält sich auch außerhalb der Klassen der eigenen Kinder mit den Schülern“, betont Baulmann. Reinhard Thiedemann, derzeit trotz Ruhestands als Schulleiter in die Freie Schule am See zurückgekehrt, kann diesen Eindruck nur bestätigen. „Hier herrscht ein großer Zusammenhalt zwischen Lehrerschaft, Eltern und Kindern.“ So werde zum Beispiel auch die Bücherei von Eltern organisiert. Und auch unter den Schülern gebe es einen sehr offenen, positiven Austausch. Aktuell sind 80 Schüler in den vier Klassen anzutreffen.
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Die Schule sollte vor neun Jahren zum Teilstandort der Grundschule in Hachen umgewandelt werden. Nicht wenige im Ort fürchteten damals den Prozess, der irgendwann zur Schließung führen würde. Doch auf Initiative engagierter Menschen in Langscheid gelang die Rettung. Fortan übernahm das Sozialwerk für Bildung und Jugend gGmbH – Schwestergesellschaft der Sozialwerk Sauerland GmbH die Trägerschaft. Die Bildungseinrichtung unterliegt den Schulplänen des Landes NRW, verfügt aber über ein schulinternes Curriculum, das inhaltlich eine etwas andere Ausrichtung möglich macht. Trotzdem betonen Verwaltungs- und Schulleitung: „Wir pflegen einen guten Austausch mit den anderen Schulen in Sundern. Besonders nach Corona ist die Vernetzung noch besser geworden.“ Man wolle sich bewusst nicht abkapseln.
Man verstehe sich als Ort des gemeinsamen Lernens, des gemeinsamen Leistens und der offenen Gespräche. Direkte und schnelle Kommunikation, das wird in den Gesprächen mit allen Beteiligten schnell deutlich, wird sehr geschätzt in der Freien Schule am See. Jennifer Jacob war Gründungsmitglied im Lehrerkollegium vor neun Jahren und ist noch immer mit Herzblut dabei. „Hier können Kinder ihre eigene Persönlichkeit entwickeln. Wir ermöglichen individuelles Lernen über unterschiedliche Kanäle. Von Anfang an begeistert hat mich das Naturkonzept. Es gibt eine Kooperation mit dem Tiggeshof in Ainkhausen, wir haben einen eigenen Schulgarten, der gepflegt wird. Wir sind ganz nah dran an normalen Schulen, können aber im Unterricht auch ein paar Dinge etwas anders angehen“, betont Jacob.
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Prinzipiell fuße das Schulkonzept auf den sieben Säulen der Erziehung von Sigrid Tschöpe-Scheffler. Bildung und Förderung stehen dabei ebenso im Fokus wie das Einhalten von Regeln und Grenzen, die Kommunikation oder die Förderung von Eigenverantwortung. Ab Klasse 1 wird in Langscheid Englisch in der Grundschule gelernt. Attraktiv für viele Eltern sind auch das umfangreiche OGS-Angebot und eine Ferienbetreuung. Silke Hennecke erklärt: „In drei der sechs Wochen Sommerferien bieten wir dieses Ferienprogramm an. Morgens geht es dabei in den Wald, mittags wird gemeinsam gegessen und nachmittags ist freies Spielen angesagt.“
Anders als bei kommunalen Schulen sei man in der Entscheidungsfindung für die Anschaffung von Material oder die Modernisierung von Räumlichkeiten flexibler. Wenn das Geld dafür vorhanden ist, muss man keine Entscheidungen der Politik abwarten. Positiv von der Elternschaft wird auch die sogenannte verlässliche Schule angesehen. Jeden Tag ist die Betreuung der Kinder von 7.30 Uhr bis 13.10 Uhr gesichert.
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Verwaltungsleiter Frank Gohla macht deutlich: „Wir haben aber auch mit den Herausforderungen zu kämpfen, die andere Schulen haben. Auch bei uns gibt es manchmal Schülerinnen und Schüler mit Problemen. Und wir müssen um neue Lehrkräfte kämpfen. Viele Lehrer möchten lieber in urbaneren Gebieten leben und arbeiten. Trotzdem gelingt es über das familiäre Schulklima und die Entfaltungsmöglichkeiten, Lehrkräfte von der Arbeit hier in Langscheid zu überzeugen.“ Zuletzt sei auch eine junge Kollegin nach dem Referendariat direkt geblieben. „Hier können sich Lehrkräfte als Persönlichkeit selber einbringen“, betont Schulleiter Thiedemann.