Arnsberg. Christian Schulte ist Bildungsbegleiter im Arbeits- und Bildungszentrum der Caritas in Oeventrop. Im Job erlebt er viel Dankbarkeit.

Auf den Fluren und in den Räumen des Arbeits- und Bildungszentrums des Caritasverbandes Arnsberg/Sundern in Oeventrop schlagen die Uhren anders. „Hier hat jeder seinen eigenen Rhythmus und sein eigenes Tempo“, erzählt Christian Schulte. Er ist einer von zehn Bildungsbegleitern der Einrichtung. Sein Job: Junge Menschen mit geistigen Handicaps oder Personen mit psychischen Beeinträchtigungen fit für ein Arbeitsleben in geschützten Werkstätten oder auch auf dem ersten Arbeitsmarkt zu machen.

Seit dem Jahr 2015 arbeitet der 57-jährige Oeventroper bei der Caritas. Er ist gelernter Holzmechaniker und entschied sich irgendwann, in den Bildungsbereich zu wechseln. „Ich arbeite gerne mit Menschen“, erzählt er. Die Kombination aus handwerklicher Fachlichkeit und der fürsorglichen Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen erfüllt ihn. „Unsere Teilnehmer sind sehr dankbar, dass sie hier sein können“, sagt er, „das schätze ich sehr.“

„ „Viele von ihnen haben einmal einen Job gehabt, sind dann aus der Bahn geworfen worden, entwickelten Neurosen und Depressionen oder waren dem Alkohol und Drogen verfallen. Das sind dann Schicksale.“

Christian Schulte
Bildungsbegleiter am ABZ Oeventrop

Die Teilnehmer kommen in der Regel von den Förderschulen der Region und sind zwischen 18 und 22 Jahre alt. Für sie geht es um einen beruflichen Bildungsanschluss an ihre Schulzeit in den sonderpädagogischen Einrichtungen. Die andere Gruppe ist diverser und von ihren Biografien her bedrückender: die psychisch beeinträchtigten Menschen. „Viele von ihnen haben einmal einen ganz normalen Job gehabt, sind dann aus der Bahn geworfen worden, entwickelten Neurosen und Depressionen oder waren dem Alkohol und Drogen verfallen. Das sind dann Schicksale“, weiß Christian Schulte, „und diese Fälle nehmen ganz stark zu.“ Vielfach gehe es dann um Re-Integration in den Arbeitsmarkt. „Alle schaffen es aber nicht. Viele bleiben in den Werkstätten, weil es für sie ein Schutzschild ist“, so der Bildungsbegleiter.

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Christian Schulte muss sich mit dem Menschen befasssen. „Jeder Fall ist individuell“, sagt er. Und doch versuche das ABZ einen Rahmen mit Regeln und Perspektiven zu schafffen. Während die psychisch-beeinträchtigte Klientel quer ganzjährig einsteigt, beginnt die ABZ-Zeit für die jungen Menschen von den Förderschulen nach dem Kennenlernen mit einem genormten Testverfahren, bei dem Stärken, Schwächen und Talente entdeckt werden sollen. Das gehört zu einem dreimonatigen Eingangsverfahren, dem zwei Jahre im Berufsbildungsbereich folgen. „Das findet bewusst zentralisiert und noch außerhalb der Caritas-Werkstätten statt“, erzählt Schulte. Sehr wohl aber gebe es Praktika in den Werkstätten.

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Vorbereitet werden die Teilnehmer auf die Arbeit in den Bereichen Holz, Elektro, Hauswirtschaft, Büromanagement, Lagerlogistik, Metall und auch Garten- und Landschaftsbau. Am Ende gibt es ein Zertifikat, das die Berufserfahrung nachweist. „Es ist eine Art kleine Lehre“, erklärt Schulte. Wichtig für ihn und die Teilnehmer ist Wertschätzung. „Hier fangen alle bei Null an“, so der Oeventroper.

Die Teilnahme ist täglich erforderlich, bestimmte Krankheitsbilder lassen Teilzeit zu. Unterstützt wird die Arbeit von Kooperationsbetrieben, die über die Werkstätten auch kleine Aufträge im ABZ erledigen lassen. Diese Praxis sei wichtig: „Arbeit kann man am besten mit Arbeit vermitteln“, sagt Christian Schulte. Gerne werden auch kleine Projektarbeiten in den Gruppen umgesetzt. „Dann sind sie immer stolz, wenn sie damit fertig sind!“

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Die Bildungsbegleiter sind aber mehr, sie bereiten auch auf das Leben vor. So gibt es auch Unterstützung bei der Organisation einer eigenständigen Anreise zur Bildungsstätte. Wer keinen Fahrdienst braucht, soll ertüchtigt werden, mit dem Öffentlichen Personennahverkehr ins ABZ zu kommen. „Da machen wir individuelle Trainingseinheiten“, sagt Christian Schulte, „so werden sie selbstständig. Das hilft dann auch bei anderen Sachen.“

27 Monate bleiben die Teilnehmer im Optimalfall im Arbeits- und Bildungszentrum. Zwischendurch werden Perspektivgespräche geführt. „Irgendwann kristalliert sich bei jedem heraus, was er will“, erklärt Schulte, „am Ende entscheidet jeder Teilnehmer selber, wohin für ihn die Reise geht.“

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Kürzlich feierte das ABZ sein 15-jähriges Bestehen. Dabei waren neben Eltern und jungen Menschen aus den Förderschulen auch viele Ehemalige, die zum Teil sehr bewegend davon berichteten, was ihnen die Zeit in Oeventrop bedeutet habe. Eine Erfahrung, die auch Caritas-Sprecherin Uta Pack im Gespräch mit Eltern gemacht hat. „Ich weiß jetzt, dass die Zeit bei uns für viele Teilnehmer ein großes Ding ist.“ Auch Christian Stockmann, sozialfachlicher Vorstand des Caritas Arnsberg-Sundern, stellt fest, dass „sich diese Einrichtung fest etabliert hat und zu einer wichtigen Säule für die Menschen mit Unterstützungsbedarf geworden ist“.