Oelinghausen/Holzen. Mühe, Vorsicht und Geduld sind bei der Restaurierung der Wandmalereien in Oelinghausen gefragt - nichts für Trampeltiere.

Für Heike Wehner sind Arbeiten in alten Gemäuern auf Arnsberger Boden kein Neuland. Schon bei der Freilegung des Grafengrabs in Kloster Wedinghausen war die 53-Jährige beteiligt. Derzeit ist die Diplom-Restauratorin mit der Restaurierung eines anderen Klosters in Arnsberg beauftragt. Sie kümmert sich gemeinsam mit den Praktikantinnen Lydia Klaiß und Nanna Kehr um die Konservierung der Wandmalereien in der Klosterkirche von Oelinghausen.

Sorgfalt und Geduld sind gefragt bei der Reinigung der Wände in der Kirche. Immer dabei: Pinsel und Latexschwämme, um groben und feinen Schmutz zu entfernen. „Das letzte Mal ist 1994 hier die Patina entfernt worden. Dadurch; dass viele Menschen die Kirche im Laufe der Zeit betreten und verlassen haben und Kondensat durch die Luft nach oben geleitet wurde, hat sich der Schmutz in den feinen Rissen an den Wänden abgesetzt“, sagt Heike Wehner.

Praktikantin Lydia Klaiß säubert einen der Schluss-Steine im Kreuzrippengewölbe der Klosterkirche in Oelinghausen. 
Praktikantin Lydia Klaiß säubert einen der Schluss-Steine im Kreuzrippengewölbe der Klosterkirche in Oelinghausen.  © Eric Claßen | Eric Claßen

Mehr zum Kloster Oelinghausen

An den Stellen, wo sie mit den Latexschwämmen die Verunreinigungen entfernt hat, wird selbst für einen Laien der Unterschied schnell deutlich sichtbar. Weiße Flächen setzen sich von den dunkelgrauen Stellen ab. „Wenn wir fertig sind, wird man die Unterschiede merken“, verspricht die erfahrene Restauratorin.

Mit Klopftests habe sie überprüft, wo Hohlräume hinter den Putzschichten zu finden sind. „Wir müssen dann an diesen Stellen kleine Löcher bohren und die Hohlräume mit flüssigem Kalk hinterfüllen. Die Hohlräume befinden sich zwischen den Bruchsteinaußenmauern und dem Mörtel drinnen. Das sichert die Stabilität des Mörtels für die nächsten Jahre und Jahrzehnte“, so Wehner.

Wichtige Utensilien zum Säubern der Wände: Latexschwämme und ein Pinsel. 
Wichtige Utensilien zum Säubern der Wände: Latexschwämme und ein Pinsel.  © Eric Claßen | Eric Claßen

Nach dem für ihren Beruf wichtigen und obligatorischen Praktikum hat Wehner in Hildesheim studiert. Die dortige Universität bietet neben Köln, Dresden, Stuttgart und der Fachhochschule Potsdam einen solchen Studiengang an. Auch Nanna Kehr möchte nach ihrem einjährigen Praktikum in Hildesheim studieren. „Mein Schwerpunkt liegt dann aber später wohl eher auf dem Bereich Gemälde und Skulpturen“, sagt die 20-Jährige. Neben Heike Wehner ist sie gerade damit beschäftigt, die Wände zu säubern.

Schwindelfrei ist wichtig

Wer als Restauratorin arbeiten möchte, sollte schwindelfrei sein. Schließlich verbringt man nicht selten Zeit auf Baugerüsten in mehreren Metern Höhe. Etwas handwerkliches Geschick, ein Gespür für Farben und Materialbeschaffenheit kann ebenso nicht schaden wie Feingefühl und Ausdauer. „Manchmal arbeitet man stunden- oder sogar tagelang an derselben Fläche. Das ist eine ganz schöne Fummelei“, sagt Nanna Kehr lachend.

Und wer Angst hat, sich schmutzig zu machen oder auch einmal einem Krabbeltierchen zu begegnen, sollte einen weiten Bogen um diesen Beruf machen. „Bei den Reinigungsarbeiten trifft man auch auf Spinnweben. Es kann natürlich passieren, dass einem eine Spinne über die Hand läuft“, warnt Nanna.

Bei genauer Ansicht sind verschiedene Farbpigmente und Schäden in der Malerei des Heiligen Christopherus zu erkennen.
Bei genauer Ansicht sind verschiedene Farbpigmente und Schäden in der Malerei des Heiligen Christopherus zu erkennen. © Eric Claßen | Eric Claßen

Das Schöne an ihrem Beruf sei das Ergebnis am Ende der Arbeiten. „Man sieht, was man getan hat. Und der Raum hat danach wieder eine andere Wirkung“, so Wehner. Sie arbeitet bei der Kunstrestaurationswerkstatt ars colendi in Paderborn und wird vornehmlich in Westfalen eingesetzt. „Es ist immer ein Vorteil, wenn man die lokalen Techniken der Maler und Baumeister kennt. Wenn ich in Bayern arbeiten würde, müsste ich mich dort an die anderen Malereien und Techniken gewöhnen und einarbeiten“, sagt die Diplom-Restauratorin.

In Westönnen war sie an der Restaurierung der Orgel beteiligt, in Balve an romanischen Wandmalereien. Immer wieder entdeckt sie bei ihren Arbeiten Besonderheiten. So hat sie in der Oelinghauser Klosterkirche in den Kreuzrippengewölben Holzstücke gefunden, die als Steinersatz verwendet wurden und täuschend echt verbaut wurden. „Das habe ich vorher so noch nie gesehen. Es ist umso erstaunlicher, da es sich um tragende Elemente handelt. Aber offenbar funktioniert die pragmatische Lösung“, berichtet Wehner.

Heike Wehner (links) und Nanna Kehr säubern die Wand ganz vorsichtig mit Latexschwämmen.
Heike Wehner (links) und Nanna Kehr säubern die Wand ganz vorsichtig mit Latexschwämmen. © Eric Claßen | Eric Claßen

Bei den Reinigungsaktionen gehe es auch darum, Schimmel zu entfernen. „Schimmel findet man überall dort in solchen Gebäuden, wo die Luft steht. Deshalb wird auch geplant, Belüftungsmöglichkeiten zu schaffen, um eine Schimmelbildung künftig möglichst zu verhindern“, so die Restauratorin.

Einige Meter entfernt von Heike Wehner und Nanna Kehr befindet sich Praktikantin Lydia Klaiß auf einem Gerüst. Mit einem Ziegenhaarpinsel säubert die 22-Jährige einen der Schluss-Steine im Kreuzrippengewölbe. Auch Lydia möchte nach ihrem Praktikum studieren und Restauratorin werden. Ganz vorsichtig wandert sie mit dem Pinsel über den Stein und die verschiedenen Farbschichten.

Schöpfer ist unbekannt

„Mehrere Wochen wird die Arbeit hier an der Decke dauern“, schätzt Lydia Klaiß ein. Was viele Besucherinnen und Besucher nicht wissen: Nicht alle der Blumen- und Pflanzenranken an der Decke sind noch original aus dem Mittelalter. „Man ist bei früheren Konservierungsarbeiten dazu übergegangen, vorhandene Malereien zu spiegeln, damit das Gesamtbild besser aussieht“, verdeutlicht Heike Wehner. Zum Bemalen der Wände habe man im Mittelalter verschiedene Materialien verwendet. Mit Kalk wurden Wände weiß getüncht, für grüne Farbe sei gemahlener Farbsandstein verwendet worden. Als rote Farbe haben Erdpigmente aus Eisenoxid gedient.

Einer der kostbaren Schluss-Steine an der Decke der Kirche. Ein Teil der „Steine“ ist aus Holz. Für Laien sind die Unterschiede aber nahezu nicht erkennbar.
Einer der kostbaren Schluss-Steine an der Decke der Kirche. Ein Teil der „Steine“ ist aus Holz. Für Laien sind die Unterschiede aber nahezu nicht erkennbar. © Eric Claßen | Eric Claßen

Während der Restauration pflegen die Mitarbeiterinnen von ars colendi regelmäßigen Austausch mit den Denkmalpflegern des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe. Dabei gehe es weniger um Kontrolle, sondern vielmehr um Tipps und Ratschläge. Wer aber die Wandmalereien im Original an die Wände der Klosterkirche gebracht hat, wissen auch die Denkmalpfleger nicht. „Bisher hat man nicht herausgefunden, wer der Maler war. Wahrscheinlich hat es sich um eine Werkstatt gehandelt, die im Mittelalter umhergezogen ist und an wechselnden Baustellen gearbeitet hat. Dieses Rätsel wird man wohl nie lösen können“, mutmaßt Heike Wehner.