Wettmarsen. Der Biohof Nagel aus Arnsberg möchte mit dem neuen Hofladen die eigene Vermarktung erweitern – doch kann das Schnitzel die Fichte ersetzen?

Können zwei Schweineschnitzel aus der Tiefkühltheke die Einnahmen einer Fichte ausgleichen? Die Frage ist überspitzt formuliert. Die Antwort des jungen Arnsberger Landwirts Friedrich Nagel deutlich: „Nein.“

Und trotzdem ist es ein erstes Anzeichen eines Wandels, vor dem die neue Generation der Landwirte im Sauerland steht. Das ist auch dem 27-jährigen Junior des Biohofs Nagel in Wettmarsen bewusst. Mit der Eröffnung eines eigenen Hofladens auf dem Betriebsgelände möchte sich der Familienhof um Seniorchef Theo-Josef, Mutter Claudia und Sohn Friedrich Nagel ein weiteres Standbein neben der Tierhaltung und Forstwirtschaft aufbauen. „Schritt für Schritt“, wie Friedrich Nagel sagt.

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Denn klar ist: Der dritte trockene Sommer in Folge in Kombination mit dem Schädlingsbefall des Waldes durch den Borkenkäfer hat den Familienbetrieb hart getroffen. Der Hof bestehe zu etwa 60 Prozent aus Waldfläche, so Friedrich Nagel.

Und die Familie muss davon ausgehen, dass in ungefähr zwei Jahren die letzte ihrer Fichten gefallen sein wird. Rund 450 Festmeter Holz haben sie in normalen Jahren eingeschlagen, jetzt sind es mehrere tausend pro Jahr. „Das ist ein gewaltiges Standbein, das uns da gerade wegbricht“, so Friedrich Nagel, „der Wertverlust ist bei der Fichte immens, weil wir im Prinzip nur die Hälfte des Geldes bekommen.“ Für die nächste Generation wolle man jetzt mit Mischwäldern aufforsten, doch Friedrich Nagel sucht schon nach anderen Wegen, um den Betrieb neu aufzustellen.

Woher die Kunden des Biohofs Nagel kommen

Dass sich die Landwirtschaft im Hochsauerlandkreis verändert, beobachtet auch Barbara Kruse, eine Sprecherin des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Hochsauerland (WLV). „Betriebe probieren neue Dinge aus“, sagt sie, „die jungen Menschen wollen später einen attraktiven Betrieb übernehmen.“ Und die Modelle sind unterschiedlich: vom Anbau trockenresistenter Pflanzen bis zur mobilen Hühnerhaltung, die laut Kruse zunehme. „Wir beobachten eine große Flexibilität“, sagt sie. Nicht alle Bauern setzen wie die Familie Nagel auf die Direktvermarktung. Doch der WLV Hochsauerland beobachte, dass seit der Corona-Pandemie die Direktvermarktungsläden in der Region mehr Kunden hinzugewonnen hätten, so Kruse.

Die Öffnungszeiten und das Angebot

Der neue Hofladen des Biohofs Nagel in Wettmarsen, Wettmarsen 3, 59757 Arnsberg, hat donnerstags und freitags von 14 bis 18 Uhr sowie samstags von 9 bis 14 Uhr oder nach vorheriger Absprache geöffnet. Mehr Infos unter www.biohof-nagel.de.Zum Start bietet die Familie Nagel im Hofladen tiefgefrorenes Fleisch aus der eigenen Haltung, Bio-Getreide (ungemahlen), Honig sowie Eier von einem Bauernhof aus Wennigloh an. Das Angebot soll sich „Schritt für Schritt“ erweitern.

Die Nachfrage nach den hofeigenen Produkten ist auch beim Biohof Nagel groß. Die Kunden kommen aus der ganzen Region in das etwa 35-Seelen-Dorf Wettmarsen angereist. „Wir haben ungefähr einen 50 Kilometer großen Radius: Die Kunden kommen aus Arnsberg, Meschede, Brilon, aber auch Lippstadt und Hagen“, sagt Friedrich Nagel. Wichtig sei der Familie, dass sie selbst von den Produkten überzeugt seien, bewusst verkaufen und dass die Menschen nachhaltiger essen. „Wir sprechen gerade auch die Kunden an, die das Tier auch wertschätzen“, so der junge Landwirt.

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2007 hat die Familie auf Bio-Landwirtschaft umgestellt. 500 Mastplätze für Schweine sowie etwa 50 Rinder mit Kälber hat der Hof. Geschlachtet werden sie in einer bio-zertifizierten Schlachtung etwa 25 Kilometer entfernt. Zerlegt werden die Tiere in der neu eingerichteten Wurstküche des Hofs. Dafür hat der Familienbetrieb zwei Metzger eingestellt.

Zusammen mit ihrem Sohn führen Mutter Claudia (links) und Vater Theo-Josef Nagel den Hofladen auf dem Gelände des Familienbetriebs.
Zusammen mit ihrem Sohn führen Mutter Claudia (links) und Vater Theo-Josef Nagel den Hofladen auf dem Gelände des Familienbetriebs. © Westfalenpost | Nicolas Stange

Doch zukünftig möchte das Junior Friedrich Nagel selbst erledigen. Im Sommer will er seine Prüfung zum Metzgermeister ablegen. Neue Kompetenzen und Fortbildungen seien eine weitere Bedingung des Wandels in der Landwirtschaft, weiß auch Barbara Kruse vom WLV Hochsauerland. „Mehrere Standbeine erfordern viel Arbeit und Kapazitäten“, sagt sie. Friedrich Nagel ist sich dessen bewusst: „Die ganze Familie muss mitziehen, alleine braucht man einen eigenen Hofladen nicht anfangen.“