Brilon. Voller Höhen und Tiefen: Die Wirte Rischa Maria Claus und Jan Niklas Hillebrand geben einen ehrlichen Einblick in ihr erstes Jahr im Jägerhof.

Die Nachricht wurde direkt zum Stadtgespräch: Pio hört auf. Andreas Piorek war lange Betreiber des „Jägerhof“ am Marktplatz, gut-bürgerliche Gastronomie im Herzen Brilons. Wer würde dieses Restaurant fortführen? Rischa Maria Claus und Jan Niklas Hillebrand. Seit rund einem Jahr sind sie bereits die neuen Gesichter im Jägerhof und haben nicht nur mit einem neuen Konzept überzeugt, sie werden selbst zu einem neuen Teil der Briloner Identität. Zeit, auf das vergangene Jahr zurückzublicken, das für das Paar Höhen und Tiefen bereit hielt.

Jägerhof in Brilon: Weniger Schnitzel, dafür gibt es Tapas

Im Gastraum des Jägerhof in Brilon hat sich zwar einiges verändert, dennoch ist das Lokal noch immer sehr gut wiederzuerkennen. Moderne Deko hat Einzug gehalten, eine neue Theke - und eben auch eine neue Speisekarte. Es gibt weniger Schnitzel, dafür saisonale Küche, tapasartige Kleinigkeiten und eine Empfehlungskarte die immer mal wieder wechselt. Rischa Maria Claus und Jan Niklas Hillebrand sitzen am Tisch, vor ihnen dampfender Kaffee. „Am Ende sind wir glücklich darüber, wie es gelaufen ist“, sagt der Koch. „Gerade im Sommer war es sehr anstrengend für uns, aber die Briloner haben uns gut angenommen und wir freuen uns, dass wir nun Stammkunden begrüßen können.“

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Rischa Maria Claus und Jan Niklas Hillebrand sind seit einem Jahr die Betreiber des Briloner Jägerhofes. © WP | Jana Naima Schopper

Jägerhof in Brilon: Dieses Gericht wird am häufigsten bestellt

Doch das vergangene Jahr war nicht immer leicht. „Anfangs herrschte schon eine gewisse Skepsis beim Blick auf die Karte, warum steht nicht das drauf, was Pio hatte? Doch Pio kann man nicht eins zu eins ersetzen und wir wollten bei unserem eigenen Weg bleiben“, sagt Jan Niklas Hillebrand. Rischa Maria Claus nickt. „Wenn wir uns die Zeit genommen haben, zu erklären, welches Konzept hinter unserer Karte stand, waren aber nahezu alle Gäste überzeugt.“ Die beiden betonen, dass sie ein ganzheitliches Konzept verfolgen, alles stets selbst machen, saisonales Gemüse verwenden, jedes Schnitzel selbst klopfen. Die Gerichte werden in sich wiederverwertet, um wenig Abfall zu produzieren. „Dadurch muss sich die Auswahl eingrenzen“, so Jan Niklas Hillebrand. Zwar ist die Karte kleiner als beim Vorgänger, dafür gibt es eine Empfehlungskarte die stets und je nach Feedback neu gestaltet wird. Mal wöchentlich, mal nach einem Monat. „Viele wissen es zu schätzen, dass unsere Karte nicht so umfassend ist. Auf einem Blick ist zu sehen, was man bekommt. So fällt die Entscheidung auch leichter.“ Wichtig sei den beiden, dass die Karte auch eine gewisse Flexibilität aufweist. Kleine Gerichte, wie Tapas, können gemixt oder zu einem Hauptgericht dazubestellt werden. „Wir wollen auf die Bedürfnisse unserer Gäste eingehen“, so Rischa Maria Claus. Was wird am häufigsten bestellt? „Das Schnitzel“, sagt Jan Niklas Hillebrand lachend.

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Im Sommer ist die Zeit im Briloner Jägerhof nicht leicht

Das Paar musste einige Rückschläge hinnehmen. Schon zu Beginn des Jahres und vor allem im Sommer springen ihnen Aushilfen ab. „Einige von ihnen wollten mehr arbeiten, aber durch den guten Standort und dadurch, dass wir sehr gut angenommen wurden, ist es zuweilen stressig geworden. Dem Stress waren manche nicht gewachsen“, erklärt Jan Niklas Hillebrand. Rischa Maria Claus ergänzt: „Es war schwer, Leute zu finden, die Lust auf Gastro hatten. Und dann dauert es auch, diese einzuarbeiten.“ Im Sommer hatten die beiden teils 100 Gäste auf der Terrasse, an manchen Tagen aber nur zwei Personen im gesamten Service. Während ein Teammitglied hinter der Bar stand, musste Rischa Maria Claus alle Tische zugleich bedienen. „Es waren verrückte Tage. Manchmal konnten die Gäste gar nicht verstehen, dass wir keinen Tisch mehr frei hatten. Es war sehr schön, dass so viele zu uns gekommen sind, aber irgendwann kam der Punkt an dem wir wirklich keinen Platz mehr anbieten konnten“, schildert Rischa Maria Claus.

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Rischa Maria Claus und Jan Niklas Hillebrand ziehen Bilanz aus einem Jahr voller Höhen und Tiefen.  © WP | Jana Naima Schopper

Eine anstrengende Zeit. „Im Sommer gab es zwei drei Wochen, in denen wir täglich 12 Stunden gearbeitet haben. Wie in Trance.“ Jan Niklas Hillebrand sagt: „Das haben wir nur geschafft, weil wir einen starken Willen hatten und uns beweisen wollten.“ Die beiden bekommen aber auch viel Unterstützung, manche Aushilfen kommen später wieder. „Wir mussten kämpfen, aber wir haben es durchgezogen und jedem im Team war das genauso wichtig wie uns, das alle zufrieden waren. Wir wollten, dass jeder Gast die Möglichkeit hat, auszuprobieren was wir machen.“ Mittlerweile ist das Team im Jägerhof wieder komplett und zusammengewachsen. Nur noch Feinabstimmungen müssen hier und da noch gemacht werden. Sogar Quereinsteiger konnten in dem Team integriert werden.

Mit verschiedenen Veranstaltungen punkten sie in Brilon

Trotz der hohen Belastung schaffen die beiden Betreiber es, verschiedene Veranstaltungen zu organisieren. „Das war gar nicht so geplant, aber dennoch wunderschön“, sagt Rischa Maria Claus. So gab es schon verschiedene Wein-Tastings in Kombination mit kleinen Menüs. „Das waren tolle Abende mit kleinen Grüppchen, die sich manchmal angefreundet haben. Es wurden Ständchen gesungen und es gab am späten Abend eine Schnapsrunde. Es war kein Abarbeiten, sondern richtig tolle Zeit mit unseren Gästen“, sagt sie. Zu Weihnachten organisiert sie ein „Coming-Home“-Event zusammen mit dem Café am Markt. An Heiligabend wird erst beim Nachbarn gefrühstückt, dann öffnet gegen Mittag der Jägerhof. „Über 100 Leute waren bei uns, das wollen wir im nächsten Jahr wiederholen.“ Zu Silvester organisieren die beiden ein Überraschungsmenü, das schnell ausgebucht ist. Sieben Gänge, extravagant. „Es war ein sehr sehr schöner Abend.“ Für 2025 planen sie weitere Tastings und Angebote außer Haus.

Jan Niklas Hillebrand sagt über das letzte Jahr: „Es war ein Wechselbad der Gefühle. Es ist schön, dass wir etwas geschaffen haben, das den Leuten genauso gefällt wie uns. Es ist toll, so viel Freiraum zu haben um sich in der eigenen Berufung zu entfalten. Das erfüllt mich, auch, weil wir das zusammen machen können.“ Rischa Maria Claus lächelt. „Ich will mich auf das positive konzentrieren, mich erfüllt das, es macht mir Spaß und jeder Stammkunde wird von einem Gast zu guten Freunden. Das ist schön.“

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