Hochsauerlandkreis. Im Hochsauerlandkreis gab 2024 so viele Insolvenzen wie seit Jahren nicht mehr. In einer Branche stieg die Zahl der betroffenen Betriebe rasant.
Wirtschaftlich gesehen war das Jahr 2024 für viele Unternehmen im Hochsauerlandkreis eine Herausforderung. Ein Blick auf die Statistik des Informationsdienstes IT.NRW zeigt vor allem für den Herbst einen traurigen Höchstwert: Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Nordrhein-Westfalen liegt auf den höchsten Stand seit sieben Jahren. Mit insgesamt 1.461 betroffenen Unternehmen gibt es 13 Prozent mehr gemeldete Insolvenzen als im Vorjahr. 54 der Unternehmen, die ein Insolvenzverfahren angemeldet haben, seien im Hochsauerlandkreis angesiedelt, wie die Industrie- und Handelskammer (IHK) Arnsberg mitteilt. Franziska Petri, Referentin für Kommunikation und Volkswirtschaft bei der IHK, erklärt die Hintergründe:
Finanzielle Lage ist angespannt
Auch im Hochsauerlandkreis liege die Zahl der Unternehmensinsolvenzverfahren in den ersten drei Quartalen höher als im Vorjahr. Im Vergleich zu den Jahren 2021 und 2022 weist auch der HSK einen deutlichen Anstieg auf, so Franziska Petri. Doch im Vergleich zum Landesdurchschnitt gebe es im HSK einen wesentlichen Unterschied: „Während in Nordrhein-Westfalen die Bauwirtschaft insgesamt am stärksten von Insolvenzen betroffen ist, trifft es im Hochsauerlandkreis das Gastgewerbe am stärksten.“ Hier sei die Zahl der betroffenen Betriebe rasant angestiegen: Von einer einzigen Insolvenz in den ersten drei Quartalen des Vorjahres auf zehn Verfahren im gleichen Zeitraum 2024. Tendenz steigend. In keiner Branche sei die finanzielle Lage so angespannt wie im Gastgewerbe, erklärt Franziska Petri. Das habe eine aktuelle Konjunkturumfrage der IHK gezeigt.
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Die Gründe für die auffällig hohe Zahl der Unternehmensinsolvenzen seien vielfältig, wie die Expertin erläutert. Zum großen Teil machten sich hier jedoch noch immer die Folgen der Corona-Pandemie bemerkbar: „Ein wesentlicher Grund ist ein Nachholeffekt der Pandemie.“ Für Unternehmen, die wegen der Auswirkungen der Krise nicht zahlungsfähig oder überschuldet waren, sei die Insolvenzantragspflicht in den Jahren 2020 und 2021 vorübergehend ausgesetzt worden. Dadurch seien viele Insolvenzen zunächst vermieden worden. Dies habe sich jedoch in vielen Fällen lediglich als Aufschub herausgestellt: „Nun zeigt sich, dass diese Verfahren möglicherweise verzögert, aber nicht verhindert wurden.“ Eine weitere Ursache, die die steigende Zahl der Insolvenzen im Jahr 2024 begünstigt habe, sei der Wegfall der staatlichen Subventionen, mit denen sich viele Betriebe in den vergangenen Jahren noch über Wasser halten konnten. „Viele Unternehmen haben während der Pandemie staatliche Unterstützung, beispielsweise in Form von Sofort- oder Überbrückungshilfen erhalten, die nun wegfallen“, erklärt Franziska Petri. Das bekämen insbesondere finanzschwache Betriebe deutlich zu spüren.
Gastgewerbe kämpft mit steigenden Kosten
Schließlich zehre auch die anhaltende angespannte wirtschaftliche Lage weiterhin an den Ressourcen der Unternehmen. Die Energie- und Arbeitskosten blieben unverändert hoch und stellten eine große finanzielle Belastung dar. Diese Unsicherheit übertrage sich auf das Konsumverhalten der Menschen: „Die vielen Unsicherheiten und Rezessionsängste führen zu Zurückhaltung bei Konsum und Investitionen.“ In vielen Unternehmensbereichen sinke die Nachfrage. Für das leidgeprüfte Gastgewerbe im Hochsauerlandkreis ist eine rückläufige Nachfrage jedoch kein so großes Problem wie bei anderen Branchen. Die Schwierigkeiten liegen hier vor allem in den steigenden Betriebskosten, die sich nicht auf die zahlende Kundschaft umlegen lassen, erklärt Franziska Petri: „Für diese Branche spielt weniger die mangelnde Nachfrage eine Rolle, sondern die hohen Energie- und Arbeitskosten, welche die Betriebe stark belasten.“
Ein großer Einflussfaktor auf die zunehmen angespannte Lage von vielen Gastronomiebetrieben ist die hohe Mehrwertsteuer. Diese wurde zu Beginn des Jahres wieder auf 19 Prozent angehoben, nachdem sie während der frühen Pandemiejahre zur Entlastung des Gastgewerbes auf sieben Prozent gesenkt worden war. Dies in Kombination mit steigenden Mindestlöhnen und damit auch wachsenden Personalkosten stellt für viele Betriebe im Gastgewerbe eine kaum zu bewältigende Herausforderung dar.