Winterberg/Hochsauerlandkreis. Milde Winter und gestiegene Kosten setzen Liftbetreibern im Sauerland zu. Modernste Technik sorgt für Schneesicherheit. Doch die hat ihren Preis.
Noch bevor im Sauerland die ersten Flocken vom Himmel fallen, türmt sich das, worauf es hier in Winterberg ankommt, auf der Piste von Christoph Klante meterhoch: Schnee. Haufenweise Schnee in Winterberg.
Dabei ist es ein trüber Novembertag, fünf Grad über dem Gefrierpunkt. Das ist selbst den leistungsfähigsten Schneekanonen zu warm. Doch mit seiner Allwetter-Technik produziert Klante seit etwa zwei Wochen bereits den Schnee, der auf seinen Pisten im Skiliftkarussell Winterberg als Untergrund schneesicherer Pisten dienen soll - und als eine Art Zukunftssicherung.
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Die sogenannten Allwetter-Schneeerzeuger produzieren - anders als die herkömmliche Schneekanone, die die kalte Umgebungstemperatur nutzt - ihre Kälte selbst. Sie können so bei jedem Wetter Wasser zu Eis kristallisieren lassen. Seit einigen Jahren kommen sie im Skigebiet zum Einsatz - mit sieben neuen Anlagen, die nach und nach installiert werden, verspricht der Liftverbund Wintersport-Arena Sauerland demnächst rund sechs Pistenkilometer mit Schneegarantie von Dezember bis März.
Erster Lift schon Mitte November in Betrieb
Einen Hang weiter, am Poppenberg, hat noch ein Liftbetreiber viel Erfahrung mit der Technologie: Florian Leber war 2014 sogar der erste, der die Maschinen, die in der Lebensmittelindustrie oder zur Kühlung bei der Betonverarbeitung in heißen Ländern verbreitet sind, in einem Skigebiet einsetzte. In diesem Jahr ist er mit seinen ersten 600 Metern präparierter Piste sogar zwei Wochen früher dran als sonst - und früher als alle anderen, die dieser Tage noch mitten in den Vorbereitungen für den Winter stecken.
„Die Saison planbar zu machen. Das ist das Ziel.“
„Die Saison planbar zu machen. Das ist das Ziel“, erklärt Klante, warum auch er massiv in die Allwettertechnik investiert hat. Planbarkeit brauche er als Arbeitgeber für seine 80 Mitarbeiter. Planbarkeit sei es aber auch, was der Gast inzwischen erwarte. „Wer hier in den Winterurlaub kommt, der will auch Skifahren.“
Millionensummen flossen in den Ausbau des Wintersports
Das war einmal anders: „Bevor es technische Beschneiung gab, kamen die Lifte hier auf rund 40 Betriebstage“, sagt Klante, dessen Vater das Unternehmen gründete, damals noch als reinen Saisonbetrieb im Nebenerwerb. „Heute haben wir es so verstetigt, dass wir auf 100 bis 120 Betriebstage kommen.“
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Mit dem technologischen Fortschritt kam ein grundlegender Wandel des Geschäfts: Gab es vor rund 60 Jahren im Sauerland eine größere Anzahl an Skihängen verteilt über den gesamten Rothaarkamm, verringerte sich die Fläche ab den 1980er Jahren. Stattdessen wuchsen einzelne, vernetzten sich vor allem rund um den Kahlen Asten und verbesserten Zug um Zug ihr Wintersportangebot. Mehr als 125 Millionen Euro haben die Liftbetreiber laut Wintersport-Arena in den vergangenen zwei Jahrzehnten in ihre Betriebe investiert.
„Es ist weiter möglich, damit Geld zu verdienen. Aber je weniger Naturschnee wir haben, desto wichtiger wird es, das eigene Profil zu schärfen.“
Das zahlt sich für die ganze Region aus: Neue Ferienparks und Hotels sind entstanden. Einer Untersuchung des Schneetourismusberaters Christoph Schrahe zufolge sind Winterberg und Willingen die übernachtungsstärksten Ferienorte der deutschen Mittelgebirge. 326 Millionen Euro Bruttoumsatz soll der Schneetourismus seinen Berechnungen zufolge in der Region erzeugen.
Mit technischer Aufrüstung gegen den Klimawandel wappnen
Mit ihrer Technikhochrüstung stellen sich die Liftbetreiber auch auf für eine Zukunft, in der die Winter wechselhafter und milder zu werden drohen: „Es ist eine Art teure Betriebsausfallversicherung“, sagt Klante und deutet auf die unscheinbaren Containerbauten, in denen sich seine Hochleistungskältemaschine verbirgt.
Der Preis ist hoch: Die Energiekosten durch die Schneeerzeugung sind - nach den Löhnen - der größte Ausgabeposten, sagt Klante. Auch wenn die Beschneiungstechnik insgesamt immer effizienter werde. Da ist es vorerst nicht viel mehr als ein Ausrufezeichen des guten Willens, dass der Skisportunternehmer ab dieser Saison die Abwärme seiner Allwetteranlage zur Beheizung seiner großen Skihütte mit Verleih und Personalwohnungen nutzen will, seine Dächer mit Photovoltaikanlage ausgestattet hat und auf Ökostrom setzt.
Kostenfalle Energie: Ein Balanceakt für kleinere Skigebiete
„Allwetter-Schneeanlagen werden vorerst eine Randerscheinung bleiben“, glaubt Susanne Schulten, Sprecherin der Wintersport-Arena Sauerland. Skigebiete von kleinerer Dimension können und wollen da nicht mithalten. „90 Prozent der Pisten werden weiterhin klassisch beschneit. Diese Technik erscheint vielen Liftbetreibern als ausreichend, zumal deren Einsatz deutlich wirtschaftlicher ist.“
„Naturschnee spart uns Kosten und sorgt für das richtige Ambiente auch abseits der Pisten.“
So sieht es auch Meinolf Pape, der mit seinen Mitgesellschaftern das Skigebiet „Postwiese“ in Neuastenberg betreibt. Das überschaubare Familienskigebiet ist aktuell noch im Sommerschlaf. 45 Schneekanonen und -lanzen können auch hier angeworfen werden. Doch lohnenswert werde das erst, wenn sich eine längere Kälteperiode abzeichne. „Wie für alle energieintensiven Unternehmen sind die hohen Energiepreise für uns eine Katastrophe“, sagt er. „70 Saisontage im Schnitt, das sollte eigentlich ausreichen, aber wenn einen die Fixkosten überholen, wird es immer schwieriger.“ Er will nicht schwarzmalen: „Es ist weiter möglich, damit Geld zu verdienen. Aber je weniger Naturschnee wir haben, desto wichtiger wird es, das eigene Profil zu schärfen.“
Ganzjährige Angebote als Antwort auf milde Winter
Im traditionsreichen Skigebiet Postwiese setze man auf Übersichtlichkeit im Gegensatz zum turbulenten Winterberger Zentrum, lockt mit Rodelhang und einem ausgefeilten Hindernisparcours für Snowboarder. Aktuell sammele man Ideen, wie man auch im Sommer Familien und Naturliebhaber auf das Gelände ziehen kann.
Die warme Jahreszeit hat auch Christoph Klante längst im Blick. „Wir versuchen mit den Erfolgen aus dem Winter, den Sommer zu entwickeln“, sagt der Betriebswirt. Einen Campingplatz gibt es seit Jahrzehnten, längst bleibt die Hälfte der Hütten im Sommer für Wanderer und Biker geöffnet. Wie viele andere in der Region verleiht er in den Sommermonaten Mountain- und E-Bikes statt Skier.
Jetzt aber geht sein Blick Richtung Wintereinbruch, auf die Wetter-App. Die verspricht für die kommenden Tage etwas, auf das im Sauerland bei allen technischen Errungenschaften niemand verzichten möchte: „Naturschnee spart uns Kosten und sorgt für das richtige Ambiente auch abseits der Pisten.“ Ab kommender Woche soll es schneien, ganz in echt. (dpa)