Brilon. Förderfrust statt Fortschritt: In Brilon wird deutlich, warum die aktuelle Waldpolitik bei vielen Kommunen für Kopfschütteln sorgt.

„Nichts ist heiliger, nichts ist vorbildlicher als ein schöner, starker Baum“, wusste schon der berühmte Autor Hermann Hesse. In Brilon, einer Stadt, die nicht nur wegen ihrer Waldfee, sondern vor allem auch für ihre weitläufigen Wälder bekannt ist, steht der Baum häufig im Mittelpunkt der Debatte. Diese drehen sich mehr denn je um die zentrale Frage: „Wie gehen wir in Zukunft mit unserem Wald um?“ Eine Sache stellt der Bürgermeister der Stadt, Dr. Christof Bartsch (SPD), dabei klar: „Kommunalwald ist Bürgerwald.“ In Brilon nennt man das den „Wald der Zukunft“, ein Konzept, das den Spagat zwischen Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit schaffen soll.

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Der Forstausschuss des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) tagt in Brilon, um sich mit den aktuellen Herausforderungen und Chancen der deutschen Forstwirtschaft zu beschäftigen. Die Mitglieder wollen nicht nur über den Zustand des Waldes sprechen, sondern auch anschaulich erfahren, was in Brilon unter dem „Wald der Zukunft“ verstanden wird und welche Maßnahmen konkret umgesetzt werden. Zu diesem Zweck lud der Forstausschuss im Vorfeld der Sitzung zu einer Pressekonferenz ein, an der unter anderem Bernd Düsterdiek, Beigeordneter des DStGB, Moritz Petry, Vorsitzender des Forstausschusses, Ute Kreienmeier, Referatsleiterin für Kommunalwald, Land- und Forstwirtschaft sowie waldbezogenen Naturschutz beim DStGB, und Ministerialrat Dr. Eckhard Heuer aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft teilnahmen. Auch die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) wird zu den Sitzungen erwartet.

Einigkeit herrscht unter den Experten darüber, dass der Wald heutzutage weitaus mehr als eine reine Rohstoffquelle ist. Er ist Wirtschaftsraum, Klimaschützer, Erholungsgebiet und darüber hinaus ein wichtiger Bestandteil der regionalen Identität. Doch genau diese Vielfalt mache den Umgang mit dem Wald kompliziert, und so kam die Kritik an der aktuellen Ausgestaltung des Förderprogramms „Klimaangepasstes Waldmanagement“ nicht zu kurz. „Die Fördertöpfe sind leer“, bemängelte Bernd Düsterdiek und wies darauf hin, dass viele Kommunen derzeit zögern, die Förderung überhaupt in Anspruch zu nehmen. Die Auflagen seien schlicht zu hoch. Bürgermeister Bartsch bringt es auf den Punkt: „Unser Forstbetrieb hat das durchgerechnet. Die Kosten sind am Ende höher als der Nutzen.“ Besonders kritisch sei die Forderung, bestimmte Waldflächen aus der wirtschaftlichen Nutzung herauszunehmen, um andere Maßnahmen fördern zu lassen.

Klimaangepasstes Waldmanagement

Das Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ wurde im November 2022 ins Leben gerufen, um die deutschen Wälder besser auf die Herausforderungen des Klimawandels vorzubereiten. Die Idee: Kommunen und private Waldbesitzer erhalten finanzielle Anreize, wenn sie ihre Wälder nachhaltiger bewirtschaften und einen Katalog an Kriterien einhalten. Zu den Fördervoraussetzungen gehört unter anderem der Vorrang der Naturverjüngung mit klimaresilienten und heimischen Baumarten, die Ausweisung von mindestens fünf Habitatbäumen pro Hektar sowie die Erhöhung der Totholzanteile zur Förderung der Biodiversität.

Doch es sind nicht nur die hohen Anforderungen, die den Kommunen Probleme bereiten. Die große Unsicherheit über die Fortsetzung des Programms über das Jahr 2026 hinaus sorgt für zusätzliche Zurückhaltung. „Die Rahmenbedingungen sind alles andere als ideal“, erklärt Ute Kreienmeier, die auf zahlreiche Rückmeldungen aus den Mitgliedskommunen verweist. In einer Befragung des Gemeindewaldbesitzerverbandes NRW wurde deutlich, dass viele Städte und Gemeinden die Förderung bislang ablehnen. „Viele scheuen den Aufwand“, fasst Kreienmeier zusammen. Ein Beispiel dafür ist die Situation im Stadtforstbetrieb Arnsberg: „Würde man das Programm vollumfänglich umsetzen, müssten dort 11.400 Habitatbäume kartiert und dokumentiert werden. Der Arbeitsaufwand beträgt etwa 3.800 bis 5.700 Stunden – das entspricht rund 487 bis 731 Arbeitstagen und damit zusätzlichen Kosten von bis zu 427.500 Euro für die Jahre 2023 und 2024.“

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Düsterdiek stellt klar: „Die Grundbotschaft ist, dass wir bei der Förderpolitik mehr Verlässlichkeit brauchen.“ Er fordert weniger Bürokratie und eine bessere Abstimmung der Kriterien auf die Praxisbedürfnisse der Waldbesitzer. Auch Bürgermeister Bartsch sieht in den derzeitigen Anforderungen ein Problem: „Wir brauchen ein System, das nicht zu engmaschig ist, damit wir als Kommunen noch Handlungsspielräume haben.“ Ministerialrat Heuer vom Bundesministerium verteidigt die Förderpolitik und verweist auf die Erfolge: „Wir haben bereits 21 Prozent des Privat- und Kommunalwaldes in Deutschland erreicht. Alle Daten zeigen, dass die Biodiversität den Wald stärkt und die Wälder widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels macht.“