Hochsauerlandkreis.. Franz Köster nimmt Sie mit auf seine erste Rallye im Porsche 911 T bei der Röhrl Klassik. Zuschauerreaktionen: Gemischt!

Die Röhrl Klassik 2024 am 19. September versprach ein besonderes Rallye-Erlebnis – und sie lieferte mehr, als ich erwartet hätte. Was als Routine für einen Reporter begann, entwickelte sich für mich zu einem Abenteuer, das ich so schnell nicht vergessen werde. Denn nicht nur durfte ich die wunderschöne Strecke durch das Sauerland erleben, ich fand mich plötzlich hinter dem Steuer eines Porsche 911 T aus dem Jahr 1973 wieder – und das bei meinem ersten Rallyeeinsatz überhaupt.

Röhrl Klassik 2024
Sonnenuntergangsstimmung beim Golfclub Deimann in Schmallenberg.  © WP | Franz Köster

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3. Röhrl Klassik-Rallye
Auf dem Kahlen Asten © Rita Maurer | Rita Maurer

Die erste Etappe führte uns vom Oversum in Winterberg zum Golfclub Deimann. Diese Strecke meisterte Timm Ramms, COO des Veranstalters Delius Klasing aus Bielefeld, am Steuer unseres Porsche. Ramms, ein Mann, der selbst historische Rennwagen durch die Kurven gejagt hat, erzählte stolz: „Mein letztes Fahrzeug war ein Carrera RS.“ Die Veranstaltung, perfekt orchestriert von Rallye-Veteran Peter Göbel, begann mit einer launigen Ansprache im Oversum, in der sich Göbel nicht nur für die Unterstützung des Hochsauerlandkreises bedankte, sondern auch augenzwinkernd zugab: „Manchmal reichte es, den Namen Walter Röhrl zu erwähnen, und schon öffneten sich viele Türen.“

Autogramme in Jogginghose

Neben den vielen Oldtimer-Enthusiasten gesellten sich auch prominente Gäste zur Rallye, darunter Schauspieler Hinnerk Schönemann, der lässig in Jogginghose die ersten Plaketten signierte. Und natürlich, Walter Röhrl selbst – der stille Star der Veranstaltung – begrüßte die 300 Teilnehmer mit nur wenigen, bescheidenen Worten. Auch vor dem Start am Marktplatz nimmt er sich mit seiner ruhigen Art viel Zeit für Autogramme und Selfies mit den zahllosen Fans.

Mein Job als Beifahrer verlangte Präzision: Ein Roadbook war mein ständiger Begleiter, das jede Abbiegung und jeden Kreisverkehr auf den Meter genau dokumentierte. Vergiss Navigationssysteme, hier zählte vor allem ein scharfes Auge. Die von Göbel akribisch geplante Route war eine Herausforderung – kaum Ampeln, punktgenaue Abfahrtszeiten, und das alles auf die Sekunde getaktet. Ein Zuschauer am Golfclub Deimann brachte es aus seiner Sicht auf den Punkt: „Peter Göbel ist der Rallye-König“.

7000 Stunden Vorbereitungszeit

Die Vorbereitungen für die Veranstaltung waren gewaltig – über 7000 Stunden Arbeit flossen in die Planung. Auch am Veranstaltungstag selbst waren viele helfende Hände im Einsatz, insbesondere bei den neun Prüfungen, die den Puls in die Höhe trieben. Diese Gleichmäßigkeitsfahrten verlangten es, eine kurze Strecke mit Lichtschranken oder Kontaktschläuchen zu durchfahren – und das mit einer Genauigkeit auf die hundertste Sekunde.

Am Streckenrand jubelten die Zuschauer den teilweise außergewöhnlichen Fahrzeugen, wie einem Porsche 959 zu. Die Städte entlang der Route zeigten sich von ihrer besten Seite. In Lennestadt servierte das Backhaus köstliche Schmalzbrote und in Winterberg verabschiedete sich die Tourismuschefin Michaela Grötecke auf dem Marktplatz persönlich von den Teilnehmern. In Schmallenberg erhielten die Teilnehmer bei der Durchfahrt des Falke-Werksgeländes Socken mit der eingestickten Unterschrift von Walter Röhrl.

Viel Applaus, aber auch Kritik

Am Kahlen Asten verfolgt eine Mischung aus gezielt gekommenen Motorsport-Fans und zufällig anwesenden Wanderern und Bikern die Szenerie, kann WP Mitarbeiterin Rita Maurer berichten. „Seit dem Sauerland-Bergpreis früher in Nuttlar hat mich das Renn-Virus gepackt“, erzählt ein Zuschauer aus Bad Berleburg. „Wenn man so etwas fast vor der Haustür zu sehen bekommt, muss man hin“. Eine weitere Anreise hatten zwei Hobby-Motorsportfotografen aus dem Schwabenland, die gezielt zur Rallye ins Sauerland gekommen sind und hier nun einen Kurzurlaub machen. Die größte Begeisterung zeigt eine Gruppe Siebtklässler, die im Rahmen ihrer Klassenfahrt eher gelangweilt durch die Hochheide am Kahlen Asten gewandert ist und nun von den „voll krassen Autos“ überrascht wird. Doch nicht bei allen stößt die Rallye mit ihren aufheulenden Motoren und ihr spürbar in der Luft hängender Benzingeruch auf Zuspruch. Vier ältere Ehepaare sind empört und herrschen die WP-Kollegin an: „Tun Sie doch was. Sowas gehört verboten! Wir sollen überall sparen und Radfahren und hier wird die Luft verpestet. Schreiben Sie das!“ Dass die kleine Gruppe nach ihrem Rundgang um den Astenturm in Luxuskarossen einsteigt und wegfährt – geschenkt.
Unterwegs immer mit dabei: Der Pannendienst vom Automobilclub Deutschland, der aber nur einmal gerufen wurde. Ein Keilriemen eines Fahrzeuges war defekt. Für dieses Fahrzeug war die Rallye an diesem Tag trotzdem beendet. Auch ein Notarzt folgte den Porschefahrern durch die Natur.

Große Umstellung

Als wir beim Golfclub Deimann ankamen, erwartete uns ein Grillbuffet – doch für mich begann das wahre Abenteuer erst danach. Zum ersten Mal in meinem Leben durfte ich das Steuer eines Porsche übernehmen.  Das älteste Fahrzeug, welches ich bisher gefahren bin war ein Golf 2 GT aus den 90ern ohne Servolenkung. Die Umstellung von meinem heutigen Kleinwagen, einem Renault Clio von 2013, war gewaltig. Die Pedale kamen aus dem Boden, die Bremse war weich, und das Handling in Kurven verlangte alles von mir. Ein Moment des Unbehagens wich schnell einem Gefühl von Freude. Ich saß tief, die Straße schien zum Greifen nah, und jede Bewegung des Fahrzeugs war direkt spürbar, ganz im Gegenteil zu meinem eher gemächlichen Franzosen.

Die Landschaft, die uns umgab, tat ihr Übriges, um diesen Tag unvergesslich zu machen. Spektakuläre Ausblicke, wie vom Rhein-Weser-Turm, ließen nicht nur mein Herz höherschlagen, sondern auch das meines Beifahrers Timm Ramms: „Es ist wirklich atemberaubend schön hier“, sagte er begeistert.

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Trotz der vielen Premieren – mein erster Porsche, meine erste Rallye – konnte ich mich überraschend gut behaupten. Drei Prüfungen schloss ich im oberen Mittelfeld ab, einmal landete ich sogar auf Platz 15 und vor Walter Röhrl. Lediglich die Prüfung an der Bobbahn in Winterberg bereitete mir größere Schwierigkeiten. Dennoch: Am Ende reichte es für Platz 89 von 150 in der Tageswertung – und für ein breites Grinsen, das mich bis nach Hause begleitete, wo ich gegen 23 Uhr mit meinem Clio in Brilon ankam.