Olsberg. Davina Sauer-Wundling leitet die Tanzwerkstatt in Olsberg. Sie erklärt, wie sie mit ihrem Projekt CHOReo Chören zu besseren Auftritten verhilft.
Der Chor singt, die Lieder lösen etwas beim Zuschauer aus, aber da ist noch mehr. Diese eine Person dort auf der Bühne, es ist im Gesicht zu sehen. Sie fühlt sich offenbar unwohl. Davina Sauer-Wundling spricht in diesem Zusammenhang von einem „Fremdschäm-Moment“, wo sich der Zuschauer wünscht, dass die Person vom Leid erlöst wird und die Bühne verlassen kann, um zurück in die Komfortzone gelangen zu können. Es ist ein Phänomen, das die Tanzpädagogin immer wieder beobachtet und gerne ändern möchte. Deswegen hilft sie mit ihrem Projekt CHOReo den Sängern und Chören als Ganzes ihre Auftritte auf die nächsthöhere Ebene zu bringen.
Angefangen hat alles schon 2007, als die Olsbergerin gebeten wurde für einen Chor eine Choreographie zu entwickeln. „Ich habe das damals aber eher aus einer Tänzersicht heraus erarbeitet. Das hat den Sängern dann nicht geholfen kraftvoll zu singen“, blickt sie zurück. Das Thema entwickelte sich aber weiter, sie selbst singt im Vokalensemble „Abgestimmt“ und sah selbst, was möglich und wichtig ist.
CHOReo entstand 2018 in Olsberg
2018 entstand dann das Projekt CHOReo um deutlich zu machen, dass es sich hier um einen eigenständigen Aspekt geht. Der Schwerpunkt liegt hier nicht auf viel Action, die beim Auftritt zu sehen sein soll. Vielmehr ist es eine Inszenierung, die jedem einzelnen Sänger zeigen soll, wo er zu stehen hat, welche Geschichte erzählt wird und wie das beste aus einem herausgeholt wird. „Es geht nicht darum, dass eine Person mehr Rampenlicht bekommt. Die Gruppe muss gemeinsam und selbstbewusst auf der Bühne stehen und zusammen die Energie zum Publikum transportieren und das zusammen mit einer guten Gestik und Mimik“, sagt Sauer-Wundling. Mit einer jungen, fitten Truppe lassen sich dann auch mehr Bewegungen einüben, sofern der Platz auf der Bühne das zulässt, aber „entscheidend ist die Präsenz.“
Gala findet im Dezember statt
Die Tanzwerkstatt hat wieder den Betrieb aufnehmen können und Davina Sauer-Wundling möchte auch in diesem Jahr gerne wieder eine Gala auf die Beine stellen.Alle zwei Jahre gibt die Künstlerin ihren Kursteilnehmern die Möglichkeit, Ihr Können auf die Bühne zu bringen.Angedacht war, dass die Gala am 13. November im Kolpinghaus stattfindet, aber die Vorbereitungszeit schien der Tanzpädagogin etwas knapp bemessen, denn das Training dafür beginnt immer erst nach den Sommerferien.Die Veranstaltung wird daher auf Dezember diesen Jahres verschoben
Darunter versteht die Tanzpädagogin, dass man auch in der Lage ist, von den Noten hochzuschauen und dann nicht nur den Dirigenten im Blick zu haben. Lässt sich der Spaß am Gesicht ablesen? Fühlt der Künstler den Moment? Versteht er den Text? „Als Sänger singt man nicht einfach nur die Noten runter, sondern hat etwas zu erzählen. Das muss auch rüberkommen“, sagt Sauer-Wundling. Sie weiß aber auch, dass es gerade bei klassischen Chören schwierig ist, den Blick von der Mappe zu lösen, wenn die Musik so anspruchsvoll ist, dass ein Lied minutenlang geht. Ihre Arbeit findet daher vor allem bei Chören statt, die sich Genres wie Jazz, Pop oder Musical verschrieben haben. Gerade Pop-Chöre haben ihrer Erfahrung nach mehr im Blick, dass sie abliefern wollen und es nicht nur um die Noten geht.
Mehr Bewegung auf der Bühne
Viel Bewegung muss dann im Körper sein. Elastische Knie sind wichtig, denn da sitzt laut der Olsbergerin der Rhythmus. Arme und Kopf bewegen, durch den Raum gehen, vieles ist möglich. „Pop erlaubt es, dass man mitgrooven kann.“ Das Training dafür kann dann auf der Bühne des Auftritts erfolgen, wenn eine Choreographie speziell auf den Raum zugeschnitten werden soll. Aber das geht alles nicht von jetzt auf gleich. Vor allem, wenn es mentale Blockaden gibt.
„Gerde wenn es um die Präsenz geht und darum sich etwas zu trauen, muss ich oft in den Hintern treten. Später können die Chorleiter dann immer wieder daran erinnern“, so Sauer-Wundling, „Ich finde es irre wichtig, dass sich die Sänger auf ihrer Position sicher fühlen. Bei vielen Teilnehmern geht es in den Workshops auch darum, ihr „Bühnentier“ zu finden.“ Damit meint sie einen Schalter, der bewirkt, dass es nicht mehr beängstigend ist, sich auf der Bühne zu zeigen. Wichtig ist ihr in diesem Zug aber, dass sich niemand auf der Bühne verstellt, sondern von sich aus authentisch und selbstbewusst auftreten kann. Dann tritt der Chor als Gemeinschaft auf und im Publikum gibt es niemanden mehr, der sich fremdschämt und mitleidet.