Brilon. Bis 2030 soll jedes Kind einen OGS-Platz bekommen. Das Problem: Personalmangel. Können dennoch alle Kinder in Brilon einen OGS-Platz bekommen?
Es wird immer schwieriger, geeignete Fachkräfte zu finden. Das Problem gibt es in fast allen Bereichen, besonders gravierend ist es allerdings in der Ganztagsbetreuung.
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Das hat eine kürzlich veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung gezeigt: Um eine flächendeckende Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern stemmen zu können, werden deutschlandweit bis 2030 etwa 100.000 zusätzliche Fachkräfte gebraucht – besonders ernst sei die Lage in den westlichen Bundesländern, also auch in Nordrhein-Westfalen.
OGS: Rechtsanspruch ab 2029/2030 für alle Kinder
Bund und Länder haben im letzten Jahr einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuungin der Grundschule beschlossen. Dieser wird schrittweise eingeführt: Ab dem Schuljahr 2026/2027 greift die Regel in den 1. Klassen, ab 2029/2030 dann bei allen Klassen.
Wie sieht die Lage in Brilon aus? Wie sieht sich die Stadt angesichts der Umsetzung des neuen Gesetzes im Offenen Ganztag aufgestellt? Gibt es genügend Personal, um jedem Kind in ein paar Jahren einen Platz anbieten zu können?
Kaum Vollzeitstellen im Ganztag
„Im Bereich der Erzieherinnen und Erzieher herrscht Fachkräftemangel. Das kann aus Briloner Sicht bestätigt werden“, heißt es auf Nachfrage der Westfalenpost aus der Stadtverwaltung.
Genauere Auskunft über die Lage im Offenen Ganztag können allerdings die Jugendhilfe Olsberg und das Sozialwerk Sauerland geben. Diese beiden Organisationen sind in Brilon für die Durchführung des OGS-Betriebs an den Grundschulen zuständig. Sie werden von der Stadt beauftragt und kümmern sich unter anderem auch um die personelle Aufstellung.
Derzeit sind alle Leitungspositionen besetzt
„Es ist ein bisschen Glaskugel-Lesen, inwieweit sich der Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz umsetzten lässt“, sagt Ulrich Diekmann, Geschäftsführer des Sozialwerks Sauerland, das in Brilon für mehrere Grundschulen zuständig ist. Aktuell sei man personell zwar noch ausreichend aufgestellt, „stressfrei ist das aber nicht. Grundsätzlich wird es immer schwieriger geeignetes Personal zu finden. Das merken wir auf jeden Fall.“ In Brilon seien derzeit alle OGS-Leitungspositionen besetzt.
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Die finanziellen Mittel, die das Sozialwerk für die Personalakquise aufwendet, seien in den vergangenen fünf Jahren enorm gestiegen, so Diekmann. Aufgrund der eingeschränkten Öffnungszeiten in der OGS könne man oft keine Vollzeitstellen anbieten. Darin sieht Ulrich Diekmann einen der Gründe für den Mangel.
OGS: Aktuell noch gut aufgestellt
„Bisher können wir jedem, der einen OGS-Platz haben möchte, in der Regel auch einen anbieten“, erklärt Diekmann weiter. Und auch Bärbel Hömberg, stellvertretende Geschäftsführerin der Jugendhilfe Olsberg, stellt fest: „Ein Personalmangel im Offenen Ganztag ist bei uns derzeit noch nicht spürbar. Was das angeht, sind wir gut aufgestellt.“ Die Jugendhilfe ist in Brilon für den OGS-Betrieb an der Engelbertschule zuständig.
Laut Angabe der Stadtverwaltung können an den Grundschulen Thülen-Alme-Hoppecke und Ratmerstein derzeit alle Kinder untergebracht werden, eine Warteliste gebe es nur an der Engelbertschule.
Verzahnung mit Schulalltag geplant
Um genau sagen zu können, wie der Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz umgesetzt werden soll, fehle es noch an genauen Vorgaben, sagt Ulrich Diekmann. „Noch sind es ein paar Jahre Zeit, daher ist das schwierig voraus zu sagen. Wir arbeiten derzeit aber an einer Verzahnung des Offenen Ganztags mit dem Schulbetrieb.“ Das sei derzeit noch nicht überall umgesetzt. „Wenn wir das weiter tun, dann sind wir auch in ein paar Jahren gut aufgestellt“, wagt Diekmann eine Prognose. Größere Probleme sieht er in den Ballungszentren, wie zum Beispiel im Ruhrgebiet. „Dort wird es sicherlich zu einem Mehraufkommen an Anfragen für einen OGS-Platz kommen. Es gibt in den Städten teilweise jetzt schon lange Wartelisten. In ländlicheren Regionen ist die Lage ein bisschen anders.“
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Das besagt die Studie
In der aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule 2022“ sagt Hauptautorin Kathrin Bock-Famulla: „NRW kann die Umsetzung des Rechtsanspruchs nicht für alle Kinder bis 2030 stemmen, denn der Fachkräftebedarf ist bis dahin kaum zu decken.“ Demnach fehlen bis Ende des Jahrzehnts in NRW gut 260 000 Plätze und 17 000 Fachkräfte.
Im NRW-Koalitionsvertrag heißt es, man wolle eine „Fachkräfte- und Qualitätsoffensive“. Einige Gewerkschaften kritisieren vor allem, dass keine konkreten Maßnahmen genannt werden. Gefordert werden zum Beispiel Tarifverträge für alle Fachkräfte und Beschäftigten im Ganztag. Gestückelte Dienstzeiten, die über den Tag verteilt werden, müssten vermieden werden.
Laut der Studie nutzen in NRW derzeit 49 Prozent der Grundschulkinder ein Ganztagesangebot. Weitere 19 Prozent besuchen ein „Übermittagsangebot“ bis 14.30 Uhr.