Hochsauerlandkreis. Die Zahl der Angriffe auf Mitarbeiter des Ordnungsamts steigt in der Pandemie rasant. Der Ton im HSK ist „rau und beleidigend“. Die harte Bilanz:
Ordnungsamtsmitarbeiter werden öfter angegriffen – besonders in der Pandemie. In der Corona-Pandemie 2020 hat sich die Zahl von Gewalttaten gegen Mitarbeiter der kommunalen Ordnungsämter fast vervierfacht. Das sich die Stimmung gegenüber den Ordnungsamtsmitarbeitern während der Pandemie verschärft hat, bestätigen auch die Kommunen im Hochsauerlandkreis.
Winterberg: Wut richtet sich gegen die Maßnahmen
„Gerade in Zeiten von Corona kommt es hin und wieder vor, dass die Mitarbeiter*innen unseres Ordnungsamtes in E-Mails, Schreiben, sozialen Medien oder im persönlichen Gespräch angegriffen oder zum Teil auch beleidigt werden“, äußert sich die Sprecherin der Stadt Winterberg, Rabea Kappen. „Das zeigt, dass wir, die die Maßnahmen von Bund und Land umsetzen müssen, auch die sind, gegen die sich die Enttäuschung und zum Teil auch Wut richtet.“
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Eine Wut, die sich insbesondere Anfang dieses Jahres gegenüber den Mitarbeitern des Ordnungsamtes entlud. Denn als der erste Schnee in Winterberg liegt, zieht es zahlreiche Tagestouristen nach Winterberg. Es kommt zur Eskalation, hunderte Menschen stürmen Winterberg, ohne Infektionsschutzregeln zu beachten. „Am Anfang des Jahres bei dem großen Ansturm der Tagesgäste war der Ton oft sehr rau und beleidigend. Eine faire und sachliche Diskussionskultur war dann leider nicht immer mehr möglich.“ Die Mitarbeiterinnen des Ordnungsamtes seien bei den Kontrollen zur Einhaltung der Coronaschutzverordnung vereinzelt beleidigt und verbal angegangen worden. „Im Sinne der Deeskalation haben wir auch Anzeigen verzichtet“, erklärt Rabea Kappen. Denn: Normalerweise würden Touristen sich gegenüber unserem Ordnungsamt fair, sachlich und konstruktiv verhalten.
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Viele Gewerbebetriebe hätten aber die Hilfe des Ordnungsamtes dankend angenommen. So sei das Ordnungsamt insbesondere von Gastronomie- und Übernachtungsbetrieben häufig „angefordert“ worden, um sich über die aktuellen Regeln informieren zu lassen. Außerhalb der Pandemie würden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur selten angegangen. „Natürlich gibt es immer wieder Situationen, wo das Interesse des Ordnungsamtes und des Bürgers unterschiedlich sind, aber unseren Mitarbeiter*innen gelingt es meistens im persönlichen Gespräch die Situation zufriedenstellend für beide Seiten zu lösen. Zum Glück werden die Diskussionen in den meisten Fällen fair, sachlich und in einem höflichen Ton geführt.“ Genau auf solche Situationen würde in Deeskalationstrainings vorbereitet. Auch die Außendienstmitarbeiterinnen und -mitarbeiter nehmen im Herbst laut Kappen an einer Fortbildung über Grundlagen der Kommunikation im kommunalen Außendienst teil. „Hier erlernen die Mitarbeiter*innen auch Techniken zur verbalen Deeskalation, die dabei helfen sollen, Widerstände und Übergriffe beim Gegenüber frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls ganz zu vermeiden.
Olsberg: Ton wird seit Jahren rauer
„Ton und Umgang werden generell rauer, auch Respektlosigkeiten im Umgang nehmen zu. Dies ist jedoch eine Beobachtung, die schon seit einigen Jahren gemacht wird und die damit offenbar nicht in einem direkten Zusammenhang zur Pandemie steht“, erklärt Jörg Fröhling, Pressesprecher der Stadt. Bisher sei es aber nicht zu physischen Angriffen gekommen. Die Stadt Olsberg bietet den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Fortbildungen in Deeskalationstechniken an.
Medebach: Zunehmend gereizter Umgangston
Dieter Harbecke ist Leiter des Ordnungsamtes in Medebach und betont, dass seine Mitarbeiter im vergangenen Jahr keinen physischen Übergriffen ausgesetzt gewesen seien. „In Einzelfällen kommen gelegentliche verbale Äußerungen gegenüber den Mitarbeitern der Ordnungsverwaltung durchaus vor, halten sich jedoch noch im vertretbaren Rahmen, so dass bisher noch keine Schulungen der Mitarbeiter durchgeführt worden sind.“ Dieter Harbecke sagt aber auch, dass sich bei ihm der Eindruck verfestige, dass die Bürger sich mit Fortdauer der Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen zunehmend gereizt reagieren. „In Einzelfällen durchaus aggressiv.“ Die Wut richte sich dann gegen Regelungen und Vorgaben der Coronaschutzverordnung.
Brilon: Keine Angriffe
Eine Sprecherin der Stadt Brilon betont, dass es bisher keine Angriffe gegeben habe, ausgenommen verbale Entgleisungen bei den Kontrollen des ruhenden Verkehrs. Regelmäßig werden den Mitarbeitern Schulungen angeboten.
Hallenberg: Nur verbale Attacken
In Hallenberg seien laut Andreas Mause vom Ordnungsamt nur bedingt verbale Angriffe verzeichnet worden.
Marsberg: Übergriffe seit der Pandemie öfter
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Peter Sauerland fasst für die Stadt Marsberg zusammen, dass es im vergangenen Jahr zu keinen körperlichen Angriffen gekommen sei. Dennoch: „Die Anzahl von verbalen Übergriffen hat sich seit der Pandemie generell erhöht! Dies hat sicherlich einerseits auch etwas mit den monatelangen pandemiebedingten Einschränkungen zu tun. Andererseits liegt es oft an der fehlenden Einsicht, dass man auch gewisse Pflichten hat, damit die allgemeine Ordnung aufrecht erhalten werden kann.“ Im vergangenen Jahr wurden drei Mitarbeiter entsprechend geschult, ein weiterer Mitarbeiter wird bald an einer Schulung zur Deeskalation teilnehmen.