Hochsauerlandkreis/Titmaringhausen. Simon Frese betreibt eine Biogas-Anlage und produziert alternative Energie-Erzeugung im HSK. Alles gut? Nein, denn er fühlt sich schikaniert.
Der Klimawandel und der Krieg in der Ukraine machen ganz aktuell deutlich, welche Bedeutung alternative Energie-Gewinnung in Zukunft haben wird. Die Familie Frese betreibt seit vielen Jahren eine Biogas-Anlage mit Blockheizkraftwerken, die Strom erzeugen und inzwischen ganz Titmaringhausen und den Nachbarort Referinghausen im Hochsauerlandkreis bei Medebach mit alternativ erzeugter Wärme versorgen. „Wir machen genau das, was alle ständig fordern. Doch statt Rückenwind bekommt man immer wieder Knüppel in den Weg geschmissen“, ärgert sich Junior-Chef Simon Frese.
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Anlage wird mit Speiseresten gefüttert
Die Freses sind im Sauerland Pioniere in Sachen Biogas-Anlagen. Schon in den 80er Jahren baute die Familie in Titmaringhausen auf ihrem damals noch landwirtschaftlich betriebenen Hof eine erste Anlage für die eigenen Energieerzeugung durch Gülle. Seitdem wurde der Betrieb immer wieder erweitert, professionalisiert und modernisiert. Inzwischen gibt es drei Blockheizkraftwerke auf dem weitläufigen Gelände. „Gefüttert“ werden die Biogas-Anlagen heute mit Speiseresten aus Großküchen von Krankenhäusern, Senioren-Einrichtungen, Gastronomie und Hotelgewerbe.
Strom und Abwärme
Simon Frese kümmert sich um die Energie-Gewinnung, sein Bruder betreibt das Unternehmen Frese-Entsorgung, das für die Anlieferung der Biomasse sorgt. Ca. 50 Tonnen gelangen so täglich in die Anlage in Titmaringhausen. Vereinfacht erklärt, geht es dann so weiter: Durch den Gärprozess entsteht Biogas, das in den Blockheizkraftwerken verbrannt wird. Mit Hilfe von Generatoren wird Strom erzeugt, der ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Mit der Abwärme der BHKW werden heute 158 Häuser in Titmaringhausen und im benachbarten Referinghausen mit ortsnah produzierter Wärme-Energie versorgt.
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Wärme-Netz für zwei Dörfer
„Durch unser Wärme-Netz können jährlich rund 500.000 Liter Heizöl ersetzt werden. Außerdem produzieren wir 700 Kilowatt Strom pro Stunde. Das entspricht etwa der Strommenge, die ca. 2500 Haushalte benötigen“, erklärt Simon Frese. Bisher wird auf seinem Hof quasi rund um die Uhr Strom erzeugt. „Das ist aber heute nicht mehr marktgerecht. Wir müssen den Strom möglichst bedarfsgerecht entsprechend der Stromspitzen produzieren. Morgens und abends wird deutlich mehr benötigt als zum Beispiel nachts“, erklärt der 35-jährige Unternehmer. Das aber sei nur möglich, wenn er ein neues Blockheizkraftwerk in Betrieb nehme.
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Bürokratische Hürden
Eine solche neue Anlage plant Simon Frese nun schon seit sechs Jahren. „In dieser Zeit hatte ich mit so vielen bürokratischen Hürden zu kämpfen, dass ich das Heizkraftwerk erst jetzt – nach mehreren Jahren - in Betrieb nehmen kann“, ärgert sich der Titmaringhäuser. So habe er beispielsweise die alte Anlage strikt von der neuen trennen müssen, denn „sonst wäre der Bestandsschutz für die bestehende Anlage erloschen.“ Und, wenn er davon spricht, wie schwierig es war, das notwendige Zertifikat für die neue Anlage zu bekommen, dann bringt ihn das rückblickend in Rage: „Diese Bürokratie grenzt wirklich teilweise an Schikane.“ Er erklärt, dass er damit weniger die üblichen Genehmigungen meint, „die auch schon eine Herausforderung darstellen“ als vielmehr „den Paragrafen-Dschungel der Bundesnetzagentur und des EEG-Gesetzes“.
Auch finanziell sei die Planung einer solchen Anlage ein Risiko für alle Unternehmer, die in grüne Energien investieren wollen, so Simon Frese: „Ich muss hohe Summen vorfinanzieren, ohne zu wissen, ob und wann ich tatsächlich in Betrieb gehen kann. So haben einige Bauteile bis zu 18 Monaten Lieferzeit und es ist jetzt noch unklar, ob die in großen Teilen bereits fertiggestellte Neuanlage, die jetzt endlich einen Gebotszuschlag erhalten hat, rechtzeitig in Betrieb gehen kann oder saftige Pönale fällig werden.“
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Kritik: Viele Dachflächen bleiben ungenutzt
Simon Frese möchte außerdem gerne eine Photovoltaik-Anlage auf einer vorhandenen Betriebs-Dachflächen installieren. Doch da stoße er gleich auf das nächste Probleme, erklärt der Titmaringhäuser. Sobald er eine PV-Anlage in eine bestehende Anlage integriere, verliere er den Bestandschutz und benötige umfangreiche Zertifikate, so dass selbst bei den zurzeit extrem hohen Energie-Preisen das Vorhaben unwirtschaftlich sei. Er betont: „Dieses Problem betrifft nicht nur uns, sondern jedes gewerbliche Unternehmen.“ Die Folge sei, dass viele große Dachflächen, die sich für Photovoltaik anbieten würden, für die eigene Gewinnung ungenutzt bleiben.
Zukunftstechnologien
Und so kommt der Titmaringhäuser zu dem Schluss: Egal, um welche alternative Energie es gehe, ob Windenergie, Photovoltaik oder Biogas – wer in die „überall angepriesenen klimafreundlichen Zukunftstechnologien“ investieren wolle, dem werde es schwer gemacht. Seine Forderung: „Ich habe mit der Technik hier reichlich zu tun. Ich kann nicht auf Dauer gegen eine immer größer werdende Flut an Paragrafen ankämpfen. Um die Energiewende zu schaffen, braucht es nicht noch mehr finanzielle Anreize, sondern deutlich weniger bürokratische Hürden.“
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Gute Vorsätze
Mit großem Interesse hat er vor diesem Hintergrund den Vorstoß des Arnsberger Regierungspräsidenten Hans-Josef Vogel (CDU) verfolgt. Die WP hatte berichtet, dass er in einem Brief an die Spitzen der Kommunen gefordert hat, dass die kurzfristige Realisierung sämtlicher Formen Erneuerbarer Energien kommunal ermöglicht bzw. unterstützt werden sollte. Der Ausbau liege im „überragenden öffentlichen Interesse und diene der öffentlichen Sicherheit.“ Das sieht auch Simon Frese so. Er kritisiert: „In der Vergangenheit ist der zügige Ausbau lange nicht richtig ernst genommen worden. Angesichts der aktuellen Entwicklungen und der steigenden Energiepreise bekommen wir jetzt die Quittung dafür. Vielleicht ändert sich jetzt ja mal etwas. Und hoffentlich werden nicht, wenn sich die Lage ein bisschen entspannt, wieder alle guten Vorsätze fallen gelassen.“
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