Brilon/Olsberg. Die Rettungswachen in Brilon und Olsberg sollen zu einem gemeinsamen Standort verlegt werden. Dabei wird manches aber nicht berücksichtigt.
Die Krankenkassen als Kostenträger des Rettungswesens bestehen auf einer Verlegung der Rettungswachen Brilon und Olsberg und einem für beide Städte gemeinsamen Notarzt-Standort im Bereich Altenbüren an der B7. Deshalb versagen sie dem vom Gesundheits- und Sozialausschuss überarbeiteten Rettungsdienstbedarfsplan ihr Einvernehmen. Das haben sie dem Hochsauerlandkreis mitgeteilt. Der Kreis hat deshalb die Entscheidung verfahrensgemäß in die Hände der Bezirksregierung gelegt. Das hat Kreisdirektor Dr. Drathen am Mittwoch den Vorsitzenden der Kreistagsfraktionen mitgeteilt.
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Wie berichtet, hatte sich der Gesundheits- und Sozialausschuss im Februar mit der Fortschreibung des Rettungsdienstbedarfsplanes befasst. Eins seiner zentralen Themen: die Hilfsfristen von Rettungswagen und Notärzten zu verkürzen. 12 Minuten setzt der HSK als Zielmarke den Rettungswagen an, um in 90 Prozent der Notfälle an Ort und Stelle zu sein.
Erhöhte Fallzahlen und weite Entfernungen
Zielmarke gerissen
Bei 1684 von 12.593 Einsätzen wurde die 12-Minuten-Hilfsfrist im Zeitraum 1. März 2019 bis 29. Februar 2020 nicht eingehalten.Das sind rund 13,4 Prozent der Fälle; die Zielmarke von 90 Prozent wird mit 86,63 Prozent also verfehlt.Das ist immerhin eine leichte Verbesserung um 1,42 Prozentpunkte gegenüber dem vorherigen Vergleichszeitraum.
Ursächlich für das Reißen der Zeitmarke sind neben einer Zunahme der Fallzahlen auch sogenannte Duplizitäten, das heißt dass zum Zeitpunkt des NotrufsRettungswagen und/oder Notärzte bereits anderswo im Einsatz sind und im HSK vor allem die Entfernungen eine Rolle spielen. Deshalb ist für den Rettungsdienst die Hilfsfrist gegenüber den Brandschutzbedarfsplänen der Feuerwehr schon von 8 auf 12 Minuten gestreckt worden.
Im Auftrag des Kreises hat die Fa. Orgakom Analyse und Beratung (Waldbronn/Schwarzwald) das Rettungswesen im Hochsauerland gutachterlich überprüft und entsprechende Empfehlungen gegeben. Dabei kam das Institut unter anderem zu den Brilon und Olsberg betreffenden Veränderungen. Die lehnen die beiden Kommunen allerdings rundum ab.
Bürgermeister kontaktieren Landrat
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Wie berichtet, sind die beiden Bürgermeister, Dr. Christof Bartsch für Brilon und Wolfgang Fischer für Olsberg, bereits bei Landrat Dr. Karl Schneider vorstellig geworden und haben ihm eine gemeinsame Stellungnahme überreicht. Kernaussage: Die Pläne gefährden die notärztliche Versorgung, ausschließlich wirtschaftliche Gründe dürfen nicht Basis der Bedarfsplanung im Rettungswesen sein.
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Beide rufen in Erinnerung, dass die Rettungswachen sowohl in Olsberg wie auch in Brilon in unmittelbarer Nähe der ganzjährig rund um die Uhr dienstbereiten Krankenhäuser errichtet worden waren. Die Rettungswache Brilon ist sogar noch vor gerade einmal 12 Jahren für 1,2 Millionen Euro neugebaut worden.
Winter nicht berücksichtigt
Auch wenn das Olsberger Krankenhaus längst außer Betrieb ist und derzeit abgerissen wird, so ist mit der Elisabeth-Klinik in Bigge doch auch jetzt noch die notärztliche Versorgung ortsnah gewährleistet. Unbekannt war dem Gutachter, dass es wintertags sowohl am Langerberg wie auch auf der B7 auf der Steigungsstrecke zwischen Antfeld und Altenbüren immer wieder zu Verkehrsbehinderungen durch querstehende Lkw kommt oder dass im Sturm umstürzende Bäume die Straße versperren. Wenn dies so sei, gibt die Sitzungsniederschrift den Gutachter wieder, „müsse dies berücksichtigt“ werden.
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Aus Brilon gehört SPD-Stadtrat Ludger Böddeker dem HSK-Gesundheits- und Sozialausschuss an. Auf Böddekers Einwand, dass ihm ein Neubau wirtschaftlich nicht vertretbar erscheine und sich dann ja auch die Frage nach der weiteren Nutzung der bisherigen Rettungswache stelle, sagte der Orgakom-Referent, dass es hier zum Beispiel darum gehe, im Notfall schneller nach Alme zu kommen - dem Heimatort des SPD-Kommunalpolitikers. Der Referent, so gibt die Sitzungsniederschrift die Aussage des Referenten wieder, habe zu bedenken gegeben, „dass sich die Sichtweise stets auf den gesamten Kreis und nicht auf einzelne Begehrlichkeiten beziehen müsse“.
Auf den Einwand von Ludger Böddeker, in der Sitzung keine Empfehlung für den Kreistag auszusprechen, nahm der Ausschuss die Sitzungsvorlage lediglich „zur Kenntnis“ und beauftragte die Kreisverwaltung, in den Entwurf des Rettungsdienstbedarfsplanes die gerade diskutierten Aspekte einzuarbeiten. Kommentar von Ludger Böddeker zu dem Schreiben von Mittwoch an die Fraktionen, die Festsetzungen von der Bezirksregierung treffen zu lassen: „Da macht es sich der Landrat einfach.“