Winterberg. Die Corona-Krise verschärft den Fachkräftemangel in der Gastronomie extrem. Fünf Gastwirte aus Winterberg erzählen, wie sie nach Lösungen suchen.
Langsam befreit sich der HSK aus dem harten Griff der Corona-Pandemie. Die Herbstferien haben begonnen und die Ski- und Wintersaison steht vor der Tür. Die Gastronomie in Winterberg atmet kräftig auf. Doch jetzt tritt ein anderes, immer akuter werdendes Problem für die Restaurant- und Gaststättenbesitzer in den Mittelpunkt: Immer weniger Menschen wollen in dem Bereich arbeiten. Die Folge ist ein Fachkräftemangel, der starke Auswirkungen auf die Betriebe im HSK hat.
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Andreas Gilsbach kann davon ein Lied singen. Er betreibt den Landgasthof Gilsbach in Langewiese. 13 Zimmer, sieben Ferienwohnungen und ein Restaurant: Viel Arbeit. Unter der Woche habe das Restaurant mittlerweile geschlossen, sagt er. Sonst sei das alles einfach nicht mehr machbar. „Wir haben sogar einen Ruhetag am Dienstag eingeführt, an dem wir auch unsere Hotelgäste im Restaurant nicht mehr bedienen“, sagt Gilsbach. Stattdessen habe man sich mit einem benachbarten Hotelbetrieb abgesprochen. Am jeweiligen Ruhetag eines Betriebs spring der andere ein. „Jeder in der Gastronomie hat gerade Probleme, gute Leute zu finden“, so der Gastronom. Ihm selbst fehle ein Koch und ein bis zwei Servicekräfte.
Der Arbeitsmarkt ist hart umkämpft
Hinzu komme eine Servicekraft, die jetzt in Mutterschutz sei. Am Geld könne es, nach Meinung Gilsbachs, nicht liegen. „Ich zahle gut und wir haben seit 15 Jahren für unsere Mitarbeiter ein Zeitarbeitskonto eingerichtet.“ Die Suche nach geeigneten Arbeitskräften sei schwierig. Dabei würde er auch Ungelernte einstellen. „Einen Teller tragen, kann jeder lernen. Man braucht hauptsächlich eine positive Grundeinstellung gegenüber dem Beruf“, findet Gilsbach. Doch dass nicht nur er mit dem Problem zu kämpfen hat, ist ihm stets bewusst. Der Arbeitsmarkt in der Branche sei hart umkämpft, sagt er. So würden einige größere Häuser Kopfprämien zahlen, bei anderen würden Köche auf den Parkplätzen der Konkurrenz nach Feierabend abgeworben.
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Auch für Salvatore Constanzo ist die Situation nicht leicht. In seinem italienischen Restaurant Da Salvatore in Winterberg gibt es frischen Fisch, knusprige Pizza und selbst gemachte Nudeln - aber immer weniger Kräfte, die die Leckereien zubereiten und zum Gast bringen wollen. „Das ist echt ein großes Problem. Ich brauche dringend Leute. Mir fehlt ein Koch und eine Servicekraft - minimum“, so der Gastronom, der selbst an den Kochtöpfen seines Restaurants steht. Dabei sei gerade „der Teufel los“.
Trinkgelder werden immer aufgeteilt
Viele Gäste seien nach der Pandemie ausgehungert nach gutem Essen. Seine Anzeigen bei facebook liefen oft ins Leere. Viele Italiener würden sich bei ihm melden. Leider kämen dann manche mit falschen Vorstellungen nach Deutschland. „Ich brauche freundliche Leute“, sagt er. Dabei kümmere er sich gut um seine Angestellten. Das Trinkgeld würde immer aufgeteilt. Außerdem stelle er auch eine Wohnung. Einen Grund für die Misere habe er aber erkannt. Viele würden lieber in die Industrie gehen, da diese höhere Löhne zahlen könne. Die könne aber auch gestiegene Betriebskosten wie Strom oder Gas durch höhere Preise besser kompensieren. Wenn Gastronomen die Preise erhöhten, würden die Gäste sich sofort beschweren. „Alles ist teurer geworden. Wie soll das aber klappen, wenn die Leute nicht bereit sind für guten Service und gute Qualität zu zahlen?“, fragt Constanzo.
Ähnlich sieht es der Inhaber der Landfein Genusswirtschaft in Neuastenberg, Jost Rossel. In seinem Restaurant bietet er gehobene Küche und erlesene Weine. Ein Mitarbeiterproblem habe er nicht. Derzeit arbeiten in seinem Betrieb vier Festangestellte - zwei Köche und zwei Servicekräfte. „Die haben wir trotz Corona alle halten können“, sagt Rossel. Trotzdem nehme man das Problem des Fachkräftemangels natürlich wahr und habe sich darauf bereits eingestellt. Deshalb habe man Ruhezeiten eingeführt und verzichte außerdem auf das Tagesgeschäft. Ihm sei es außerdem wichtig, eine gute persönliche Beziehung zu seinen Angestellten zu pflegen.
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„Wir teilen das Trinkgeld fair auf“, sagt er. Außerdem spricht er sich insgesamt in der Branche für höhere Löhne aus. Das sei natürlich auch immer mit der Frage verbunden, wie viel mehr der Gast bereit sei, für sein Essen zu zahlen. „Hier geht es auch um Wertschätzung“, erklärt Rossel und macht einen Vorschlag. Vielleicht müsse man darüber nachdenken, die Mahlzeiten an gefragten Zeiten, wie beispielsweise am Samstagabend, zu erhöhen. Dann könnte man die Mehreinnahmen 1:1 an die Mitarbeiter weitergeben.
Anwerbung im Ausland
Daniel Corcoran ist ein „waschechter“ Ire, wie er selbst sagt und betreibt seit 15 Jahren den Blackwater Irish Pub in Winterberg. Bei ihm arbeiten acht Angestellte in der Küche und 14 im Service. Eine bunte Truppe aus Irland, Deutschland, Serbien, Thailand oder Ghana sorgen dafür, dass die Gäste mit deftigen Speisen und süffigen Bier versorgt werden. Corcoran hat wenig Probleme genug Leute zusammenzutrommeln. Dafür mache er auch Werbung in ganz Europa.
So schalte er Anzeigen beispielsweise in einer Gastronomieschule im irischen Cork oder mache Werbung in Zeitungen in Kiew oder Riga. „Wichtig ist, dass man mit seinen Mitarbeitern fair umgeht“, sagt Corcoran. Er könne auch jederzeit auf ehemalige Mitarbeiter zurückgreifen, die jetzt beispielsweise in einer anderen Stadt studieren würden. Außerdem bezahle er gut und das Trinkgeld würde auf alle Mitarbeiter aufgeteilt. Dass sei in anderen Betrieben oft nicht der Fall. „Ich habe von vielen Gastronomiebetriebe im Sauerland, weniger in Winterberg, gehört, dass die die Trinkgelder einbehalten. Das ist eine Unverschämtheit“, so der Pub-Besitzer.
Viele Mitarbeiter aus Polen
Die Betriebsleiterin der Dorf Alm Winterberg, Kristin Anders, kann sich aktuell nicht über zu wenig Personal beklagen. Derzeit seien 20 Mitarbeiter fest angestellt. In der Küche bereiten sieben Mitarbeiter die deftigen Speisen vor. „Wir versuchen die Menschen über persönliche Kontakte anzuwerben“, sagt Anders. Deswegen würden in Winterberg viele Polen arbeiten, da ihre Küchenchefin, deren Eltern aus Polen nach Deutschland kamen, privat Kontakte in das osteuropäische Land habe.
Dabei gehe es dem Haus in Winterberg besser als beispielsweise den Schwester-Betrieben in Willingen und Lippstadt. Die hätten aufgrund des Mitarbeitermangels Ruhetage einführen müssen. In Winterberg habe man dagegen nur die Küchenzeiten etwas verringern müssen. Ihr falle aber auf, dass immer weniger Schüler oder Studenten sich für einen Nebenjob bewerben würden. Woran das liegt? Das könne sie nicht beantworten, sagt Anders.