Olsberg. Zu den Corona-Demos in Olsberg fragte die WP Bürgermeister Wolfgang Fischer nach seiner Einschätzung. Doch er schweigt. Das Rechercheprotokoll:
Die Westfalenpost-Redaktion hat im Zusammenhang mit den unangemeldeten Corona-Demonstrationen auch dem Olsberger Bürgermeister Wolfgang Fischer – analog zu seinem Amtskollegen Michael Beckmann aus Winterberg – Fragen zu den so bezeichneten Spaziergängen geschickt. Wolfgang Fischer ließ die Fragen unbeantwortet. Die Redaktion kontaktierte den Bürgermeister und die Pressestelle der Stadt Olsberg mehrfach mit der Bitte, die Fragen zu beantworten.
Aus Gründen der Transparenz veröffentlicht die Redaktion die gestellten Fragen und ein Protokoll der Rechercheanfrage.
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Die erste Kontaktaufnahme am 25. Januar mittags
Am Dienstag, 25. Januar, um 14.02 Uhr sendete die WP-Redaktion eine Anfrage an die Pressestelle der Stadt Olsberg mit sechs Fragen im Zusammenhang mit den unangemeldeten Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in Olsberg mit der Bitte um Weiterleitung an den Bürgermeister. Es wurden folgende Fragen gestellt:
1. Die Demonstrationen in Olsberg laufen erst seit drei Wochen, zuvor hatten sich vereinzelt und nur wenige Menschen in Brilon getroffen. Jetzt sind es plötzlich über 100 in Olsberg. Waren Sie über die „Spaziergänge“ überrascht?
2. Warum glauben Sie, versammeln sich gerade in Olsberg so viele Menschen? Hat es vielleicht auch mit dem großen Engagement rund um die Impfungen zu tun? Nicht nur die Stadt Olsberg hatte sich ja engagiert und dem Impfzentrum des HSK Platz angeboten, sondern auch die Ärzte gerade in Olsberg zeigen ein starkes Engagement für die Impfkampagne.
3. Aus der Olsberger Bevölkerung hört man, dass wohl auch einige aus dem Umkreis extra für diese Demonstrationen nach Olsberg kommen. Haben Sie das ebenfalls beobachtet?
4. Mein Kollege hat erzählt, dass Sie bei einem der ersten Demonstrationszüge als Zuschauer anwesend waren. Wie haben Sie die Situation empfunden?
5. Was würden Sie den „Spaziergängern“ gerne sagen?
6. Wie kann man Ihrer Meinung nach noch mit den Menschen, die gegen die Corona-Maßnahmen demonstrieren, reden? Kann man sie noch überzeugen?
Die Redaktion bat darum, die Fragen bis Donnerstagmittag, ca. 13 Uhr, zu beantworten.
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Der zweite Versuch am 26. Januar vormittags
Am Mittwoch, 26. Januar, 10.54 Uhr, erhielt die Redaktion eine Antwort per Email aus der Pressestelle. Keine der sechs Fragen wurde beantwortet. Die Pressestelle gab den Hinweis: „Als Ansprechpartnerin für Ihre Fragen bietet sich die Polizei an. Nur eine Anmerkung zu Frage 4: Bürgermeister Wolfgang Fischer war nicht als Zuschauer zugegen, sondern als Chef der Verwaltung und somit der Ordnungsbehörde.“
Die Westfalenpost verschickte darauf am Mittwoch, 26. Januar, um 11.10 Uhr, die sechs Fragen erneut – diesmal unmittelbar per Mail an Bürgermeister Wolfgang Fischer mit der Bitte um eine Beantwortung bis Donnerstag, 13 Uhr, und mit dem Hinweis, dass aus Sicht der Redaktion die Einschätzung, die Polizei sei der richtige Ansprechpartner, an der Intention der Anfrage vorbei gehe. In der zweiten Anfrage schrieb die Redaktion: „Es geht hier darum, den Chef der Verwaltung und der Ordnungsbehörde und vor allen Dingen den durch die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Olsberg gewählten Bürgermeister um eine Stellungnahme bezüglich der Demonstrationen zu bitten.“
Die Mail blieb unbeantwortet.
Der dritte Versuch telefonisch und per Whatsapp am 28. Januar
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Am Freitag, 28. Januar, versuchte die Redaktion Bürgermeister Wolfgang Fischer telefonisch in seinem Büro zu erreichen, um nochmals die Beantwortung der Fragen einzufordern. Da der Bürgermeister außer Haus war, kontaktierte ihn die Redaktion per WhatsApp mit der Bitte um ein persönliches Gespräch in der Angelegenheit. Dieses wurde mit dem Hinweis abgelehnt, dass die Fragen abschließend beantwortet wurden und die Antworten mit der Pressestelle abgestimmt seien
>>> Kommentar: „Keine Lust“ reicht nicht als Begründung
Es gibt einen Grundsatz in der öffentlichen Kommunikation: „Kein Kommentar“ ist immer die falsche Reaktion.
Seit Wochen laufen montags Menschen durch Olsberg, um gegen Corona-Maßnahmen zu protestieren. Dass der Bürgermeister der Stadt Olsberg nichts dazu zu sagen hat, wenn er gefragt wird, ist bedenklich. Als Bürgermeister hat er nicht nur ein öffentliches Amt inne – er wurde auch von der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in dieses Amt gewählt. Sie haben ein Recht zu erfahren, was er zu sagen hat. Keine Lust zu haben, reicht in diesem Amt nicht als Begründung aus. Es zeigt darüber hinaus ein merkwürdiges Verständnis gegenüber der Presse, die diese Öffentlichkeit für Bürgerinnen und Bürger herstellt.
Hinzu kommt: Dass der Bürgermeister mit Bezug auf den Fragenkatalog auf die Polizei als geeigneten Ansprechpartner verweist, ist ein abenteuerliches Ausweichmanöver. Wolfgang Fischer entlarvt sich selbst, wenn er betont, dass er nicht als Zuschauer, sondern als Chef der Verwaltung und somit der Ordnungsbehörde bei der ersten Veranstaltung dieser Art vor Ort war. Anders ausgedrückt: Als oberster Dienstherr hielt es Fischer für unabdingbar, persönlich vor Ort zu sein und Präsenz zu zeigen. Das wiederum unterstreicht, wie ernst Fischer das Thema nimmt. Umso unverständlicher ist es, dass er die Fragen nicht beantwortet. (Boris Schopper)