Exeter. Die Menopause ist im Tierreich äußerst selten. Ein Forscherteam ist der Frage nachgegangen, warum es Ausnahmen von der Regel gibt.
Nur äußerst wenige Tierarten kommen in die Wechseljahre. Neben einigen Wal- und Schimpansenarten sind wir Menschen die einzig bekannten Wesen, die diesen biologischen Prozess durchlaufen. Die Menopause tritt beim Menschen in der Regel zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr ein. Während dieser Phase nehmen die Fortpflanzungshormone ab, die Eierstöcke können keine Eizellen mehr produzieren und stellen ihre Funktion ein. Das Ganze geht einher mit durchaus heftigen körperlichen Beschwerden.
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Menopause: Forscher wollen ihren Zweck bei Tieren enträtseln
Der Großteil der Tiere bleibt dagegen bis zum Lebensende fruchtbar. Die Frage war daher stets: Was ist eigentlich der Zweck der Menopause? Aus evolutionärer Sicht widerspricht das Phänomen eigentlich den Regeln der Selektion, die grundsätzlich darauf angelegt ist, die Fortpflanzung und die Weitergabe von Genen zu fördern. Möglichst lange fruchtbar zu bleiben, wäre also eigentlich das naheliegende Merkmal. Und tatsächlich gilt das für die meisten Säugetiere.
Eine Forschungsgruppe um Samuel Ellis von der University of Exeter in Großbritannien ist nun dem tieferen Sinn der Menopause auf die Spur gekommen, wie sie in einem Bericht der Fachzeitschrift „Nature“ dargelegt hat.
Wechseljahre bei Killerwalen: Studie fördert Verblüffendes zutage
Sie haben die medizinischen Daten von 32 Walarten ausgewertet und stießen auf ein verblüffendes Ergebnis: Demnach leben weibliche Vertreter von Walen, die in die Wechseljahre kommen, nicht nur rund 40 Jahre länger als Weibchen anderer Arten, sondern auch deutlich länger als die männlichen Vertreter ihrer Spezies. Wie das Forscherteam ausführt, werden beispielsweise weibliche Killerwale bis zu 80 Jahre alt und leben damit doppelt so lange wie männliche Orcas.
Zudem werde durch das verlängerte Leben der Spezies mit Menopause die Phase ihrer Fortpflanzungsfähigkeit nicht verkürzt: Kurz gesagt gewinnen sie offenbar aufgrund der Tatsache, dass sie die Wechseljahre durchlaufen, schlicht eine deutliche Lebensspanne hinzu.
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Menopause führt offenbar zu Verlängerung der Lebensspanne
„Unsere Studie belegt, dass die Menopause durch eine Verlängerung der weiblichen Lebenszeit über die fruchtbaren Jahre hinaus entstanden ist – und nicht durch den umgekehrten Weg einer Verkürzung der reproduktiven Lebensspanne“, erklärt ein Beteiligter des Forscherteams, Daniel Franks, von der University of York.
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Sein Teamkollege Darren Croft von der University of Exeter geht noch weiter in der Analyse: „Die Entwicklung der Menopause und eines langen, postreproduktiven Lebens kann nur unter ganz bestimmten Umständen stattfinden. Erstens muss die Spezies eine Sozialstruktur aufweisen, in der die Weibchen lebenslang engen Kontakt zu ihren Nachkommen sowohl der ersten als auch der zweiten Generation haben. Zweitens müssen die Weibchen die Möglichkeit haben, ihrer Gruppe so zu helfen, dass es die Überlebenschancen ihrer Familienmitglieder verbessert.“ Das würde für die sogenannte Großmutter-Hypothese sprechen, mit der versucht wird, den Sinn der Menopause zu erklären.
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Demnach ermöglicht es die verlängerte Lebensspanne der Weibchen, sich um ihre Kinder und Enkelkinder zu kümmern, ohne weiterhin dem Paarungsdruck ausgesetzt zu sein. Die Großmütter sind für eine Gruppe kein Anlass mehr für Streit oder Konkurrenz – sie können sich reinen sozialen Aufgaben widmen.
Evolutionär betrachtet ist das für die Gruppe ein großer Vorteil. Möglicherweise hat sich die Menopause deswegen in der Selektion durchgesetzt – auch wenn sie Risiken birgt, etwa das Risiko, eigene Neugeborene im Alter nicht mehr aufziehen zu können. (tg/red)