Berlin. Japanischen Forschern ist es gelungen, Entscheidungen im Hirn von Affen zu beeinflussen. Sie hoffen auf Therapieansätze für Süchtige.
Die meisten von uns werden diesen Satz kennen: „Glücksspiel kann süchtig machen“. In der Hoffnung, den Jackpot zu gewinnen, riskieren manche Menschen eine Menge Geld. Ob wir eine riskante Entscheidung treffen oder nicht – das wird vom Gehirn gesteuert. Aber wie funktioniert das?
Eine japanische Forschergruppe um Tadashi Isa von der Universität Kyoto hat nun einen möglichen Mechanismus entdeckt, der zeigt, wie das Gehirn Entscheidungen für oder gegen riskantes Verhalten reguliert. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht.
Die besten Artikel der Serie „Raus aus der Sucht“
- Alkohol: Als Partnerin nicht zur Co-Abhängigen werden – Expertin rät zu hartem Kurs
- Ist Sucht vererbbar? Warum der eine süchtig wird und der andere nicht
- Erfahrungsbericht: 20 Jahre abhängig von Alkohol – Wie Gaby der Sucht entkam
- Ursachen: Das Autobahn-Problem: Wie eine Sucht im Gehirn entsteht
Glücksspiel lieben auch Affen – für Forscher gute Voraussetzung
Den Forschern ist es gelungen, die Entscheidungen von Makaken zu beeinflussen, in dem sie verschiedene Hirnregionen stimulierten. Makaken sind Primaten und somit biologisch eng mit Menschen verwandt. Ihr Gehirn ähnelt dem menschlichen in Struktur und Funktion.
Die Gruppe entwickelte für die Affen ein Spiel. Die Tiere wurden mit unterschiedlichen Mengen Wasser belohnt, je nachdem, wie sie sich entschieden. Es gab riskante Optionen, bei denen die Affen seltener, dafür aber mit mehr Wasser belohnt wurden. Außerdem gab es eine sicherere Option, bei der sie häufiger, jedoch weniger Wasser bekamen. Die Wissenschaftler untersuchten, unter welchen Umständen und wie häufig die Tiere das Risiko eingingen, leer auszugehen.
Tiere zeigen Vorliebe für riskante oder sichere Entscheidungen
Die Studie gibt Anhaltspunkte, welche Region im Hirn der Affen die Risikoeinschätzungen bei Entscheidungen beeinflussen kann, denn das war bislang unklar. Dazu deaktivierten die Forschenden durch eine Substanz drei infrage kommende Hirnareale und beobachteten, welche Auswirkung das auf das Verhalten der Tiere hat.
- ADHS bei Erwachsenen:Betroffene erklärt, was wirklich hilft
- Schlafstörungen:Häufig hilft nur noch diese Methode
- Hormone:Wechseljahre mit 27 – Die ersten Anzeichen der Menopause
- Demenz: Ab wann Gedächtnislücken besorgniserregend sind
Bei einer Hirnregion konnten sie eine Verhaltensänderung im Spiel feststellen. Um diese Region genauer zu untersuchen, stimulierten sie wiederholt spezifische Bereiche im Gehirn der Makaken über einen längeren Zeitraum. Die Wissenschaftler platzierten ein bestimmtes Farbpigment im Gehirn und strahlen es mit rotem Licht an. Das aktivierte bestimmte Nervenverbindungen. Je nach stimulierter Hirnregion entwickelten die Affen entweder eine Vorliebe für riskante Entscheidungen oder eine Vorliebe für sichere Entscheidungen.
Ergebnisse können auf Menschen übertragen werden
Die Forscher gehen davon aus, dass man die Ergebnisse der Studie auf den Menschen übertragen kann. Laut Isa könnte es eine Erklärung dafür liefern, welche Abläufe im Gehirn dazu führen, dass Glücksspielstörungen entstehen. Die Erkenntnisse könnten außerdem neue Wege aufzeigen, um Spielsüchtige zu behandeln.
Auch interessant:Musk-Firma setzt Chip in Gehirn – wozu das Implantat dient
Bei der Bekämpfung von Spielsucht gibt es bislang vor allem die klassischen therapeutischen Ansätze. Zum Beispiel Einzel- oder Gruppentherapien, Selbsthilfegruppen oder Beratungen durch spezialisierte Therapeuten. Hinzu kommt die kognitive Verhaltenstherapie, mit der falsche Überzeugungen und Denkmuster über Glücksspiele identifiziert und so geändert werden sollen. Ein weiterer Ansatz ist die motivierende Gesprächsführung, durch die der Patient angeleitet werden soll, selbst positive Veränderungen anzustreben.
Veit Stuphorn von der Johns Hopkins University in Baltimore schrieb in einem Kommentar zur Studie, dieser neue Befund könne helfen, die Entscheidungen, die vom Gehirn ausgehen, besser zu verstehen. Wie steuert das Gehirn, ob Risiken eingegangen werden oder nicht? Jedoch müssten noch weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um zu prüfen, ob noch andere Hirnregionen die Risikoabschätzungen beeinflussen.
(mit dpa)