Berlin. Aufhören mit Alkohol und Zigaretten: Gaby Guzek erklärt, warum eine Pause im Januar ein toller Trick ist und wie der Vorsatz gelingt.

Zusammen mit den Raketen schicken Tausende zu Neujahr einen Schwur zu den Sternen: „Ab jetzt ist Schluss.“ Das neue Jahr soll rauchfrei werden, viele wollen zumindest für eine Zeit den Alkohol stehen lassen. Der sogenannte Dry January ist schwer in Mode gekommen. Den Glimmstängel für immer abzuknipsen, ist ohnehin eine sehr gute Idee – und ein Monat Alkoholfasten hat noch niemanden umgebracht.

Allerdings bietet so ein Monat des Verzichts die Chance zu spüren, ob der eigene Konsum vielleicht schon problematischer war als angenommen – und wie fit man sich ohne fühlen kann. Viele gehen deshalb dann auch gleich in die Verlängerung. Das Gute: So schwer ist das alles gar nicht. Mit ein paar Tricks klappt das auch bei Ihnen.

Alkohol: Mach mal Pause

Ein alkoholfreier Monat tut jedem gut, das ist sicher. Allerdings: Vielleicht spüren Sie schon länger, dass Sie häufiger oder mehr Alkohol trinken, als es „eigentlich“ gut wäre. Wir reden hier gar nicht von handfester . Der Graubereich von „zu viel“ zu „oft trinken“ reicht.

Autorin Gaby Guzek ist Wissenschaftsjournalistin und Coach. In unserer Serie „Raus aus der Sucht“ beleuchtet sie verschiedene Süchte und Wege aus der Abhängigkeit.
Autorin Gaby Guzek ist Wissenschaftsjournalistin und Coach. In unserer Serie „Raus aus der Sucht“ beleuchtet sie verschiedene Süchte und Wege aus der Abhängigkeit. © Carmen Wilhelmer | Carmen Wilhelmer

Hier sind ein paar handfeste Kriterien, die Ihnen zeigen, dass ein Monat Alkoholfasten für Sie ganz bestimmt eine sehr gute Idee sind:

  • Alkohol hat einen festen Platz in Ihrem Alltag, ist so eine Art Ritual geworden. Das Feierabendbier oder der Wein am Abend sind berühmte Beispiele. Wer sich vor allem auf das Wochenende freut, weil man dann mit Alkohol so richtig Gas geben kann, sollte mindestens schwer ins Nachdenken geraten.
  • Sie trinken Alkohol, um damit etwas zu bewirken, etwa um sich zu entspannen oder Sorgen auszuknipsen
  • So manches Mal bleibt es dann gar nicht bei einem einzelnen Getränk. „Irgendwie“ wird es dann doch mehr.
  • Es gehört fest in Ihren Alltag, dafür zu sorgen, dass immer Alkohol im Haus ist.

Wenn Sie jetzt das eine oder andere Mal genickt haben, ist es Zeit für eine Alkoholpause. Nach einem Monat hat sich in Ihrem Körper sehr viel getan: Die Leber beispielsweise hat sich bereits erholt. Ihr Schlaf wird besser und erholsamer, Sie fühlen sich viel frischer. Der Blutdruck sinkt, Ihre Konzentration wird besser, Ihre Stimmung steigt. Die Haut wird schöner, Augenringe ziehen sich zurück. Klingt verlockend? Dann mal los!

Rauchen: Stopp statt Pause

Anders als beim Alkohol heißt es beim Rauchen: ganz oder gar nicht. Dabei könnte man das doch eigentlich auch mal versuchen, nur einen Monat nicht zu rauchen. Das Elegante dabei: Das Suchtgedächtnis läuft gegen eine solche Entscheidung wesentlich weniger Sturm als gegen die Ansage „Nie wieder“. Denn, was viele nicht wissen: Zigaretten machen fast genauso stark abhängig wie Heroin und entsprechend fest haben sie sich im Rauchergehirn festgekrallt.

Mit dem Rauchen aufhören: Viele halten diesen klassischen Neujahrsvorsatz nicht über längere Zeit durch.
Mit dem Rauchen aufhören: Viele halten diesen klassischen Neujahrsvorsatz nicht über längere Zeit durch. © iStock | Daria Kulkova

Also muss man das Suchtgedächtnis aufs Kreuz legen. „Einen Monat rauchfrei“, damit arrangiert es sich vielleicht ja doch. „Nie wieder“ hingegen, dagegen läuft es Amok. Konsequenz: Sie probieren es gar nicht erst. Nach einem Monat ohne blauen Dunst ist der Entzug ohnehin bei den Meisten komplett durch. Heftig sind die ersten Tage, maximal die ersten zwei Wochen. Warum also nicht das Suchthirn anschwindeln und sagen „Nur 30 Tage“. Ist gelogen, macht aber nichts.

Alkohol und Rauchen: So klappt der Ausstieg – auf Zeit oder länger

Trotz der besten Vorsätze schaffen es nicht viele, diese auch wirklich einen Monat oder länger durchzuhalten. Der Grund ist immer derselbe: Es fehlte an der Vorbereitung und ein paar wichtigen Änderungen im Alltag. Wer auf Alkohol oder Zigaretten verzichten möchte, muss ein paar Dinge wissen und vorbereiten.

„Raus aus der Sucht“: Lesen Sie jede Woche einen neuen Teil unserer Serie.
„Raus aus der Sucht“: Lesen Sie jede Woche einen neuen Teil unserer Serie. © iStock | istock; ZRB

Machen Sie übrigens nicht den Fehler und versuchen, gleich mehrere Süchte oder schlechte Angewohnheiten über Bord zu werfen. Alkohol und Zigaretten gleichzeitig zu kappen und dann noch vielleicht eine Diät zu beginnen – das geht zwangsläufig schief. Ein Ziel zur gleichen Zeit reicht.

Die wichtigsten Tipps im Überblick:

  • Abstinenz (egal wovon) bedeutet nicht „Alles wie immer, nur ohne XY“. Alkohol oder Zigaretten haben in der Regel einen festen Platz in unserem Alltag. Die Zigarettenpause mit den Kollegen, die Kippe zum Kaffee, das Glas zum Abend oder zum Essen. Deshalb: Schnappen Sie sich einen Zettel und einen Stift und schreiben Sie auf, wann und zu welchen Anlässen Sie rauchen oder trinken. Was sind ihre sogenannten Trigger?
  • Überlegen Sie: Lassen sich diese Trigger vielleicht sogar für einen Monat ganz vermeiden? Sie müssen nicht mit den Kollegen zum Rauchen runtergehen, schwatzen kann man auch in der Kaffeeküche. Gehen Sie direkt nach der Arbeit an den Kühlschrank, um sich ein Bier zu holen? Dann gehen Sie nicht direkt nach Hause beziehungsweise ziehen sich nur kurz um und gehen eine Runde spazieren.
  • Rauchen Sie, um stressige Situationen angeblich besser meistern zu können? Holt der abendliche Drink Sie runter? Dann legen Sie sich Entspannungsstrategien zurecht. Was können Sie stattdessen tun, ohne zu Kippe oder Glas zu greifen? Das ist jetzt sehr kurz beschrieben und sprengt hier den Rahmen. Investieren Sie ein wenig Zeit in die Recherche. Gucken Sie sich etwa auf Youtube nach Entspannungstipps um. Ganz hervorragend, gerade für den Alltag: Atemübungen. Sind in fünf Minuten erledigt, funktionieren auch im Büro und wirken Wunder!
  • Achten Sie auf Ihre Ernährung. Planen Sie Zwischenmahlzeiten ein, haben Sie einen Snack dabei – durchaus auch was Süßes. Gerade am Anfang meldet sich der Hunger völlig fehlgeleitet, und der Gedanke an eine Zigarette oder einen Drink schiebt sich in den Vordergrund. Dabei müssten Sie eigentlich nur was essen.
  • Belohnen Sie sich! Für jeden erfolgreichen Tag gönnen Sie sich etwas, das haben Sie sich verdient.
  • Führen Sie einen Monat lang Tagebuch. Schreiben Sie auf, was Ihnen an diesem Tag Schwierigkeiten machte, wie Sie sie gemeistert haben – und vor allem: Was hat sich verbessert?

Weitere Tipps rund ums Aufhören mit Alkohol, Zigaretten und anderen Substanzen finden Interessierte auch im Buch „Die Suchtlüge“ (siehe unten).

Sind die 30 Tage rum, dann feiern Sie sich richtig. Setzen Sie sich selbst eine große Belohnung aus. Allein, was Sie nicht für Zigaretten oder Alkohol ausgegeben haben, lässt Ihnen den finanziellen Spielraum dazu. Dann ziehen Sie mal ehrlich Resümee: Lohnt es sich jetzt wirklich, wieder anzufangen und in die alten Muster zu verfallen? Oder machen Sie einfach weiter – rauchfrei sowieso und mit weniger oder gar keinem Alkohol.

Zur Person

  • Gaby Guzek (56) ist seit mehr als 30 Jahren Fachjournalistin für Wissenschaft und Medizin.
  • Sie arbeitete nach ihrem Studium unter anderem bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und der Fachzeitschrift „Die Neue Ärztliche“. Jahrelang selbst von schwerer Alkoholsucht betroffen und mit den Therapiemöglichkeiten unzufrieden, begann sie, sich intensiv mit dem Phänomen Sucht auseinanderzusetzen. 2020 veröffentlichte sie im Eigenverlag ihr Buch „Alkohol adé“* und steht heute als Coach in ihrem Forum alkohol-ade.com Alkoholsüchtigen zur Seite.
  • Ihr aktuelles Buch „Die Suchtlüge. Der Mythos von der fehlenden Willenskraft: Wie Sucht im Hirn entsteht und wie wir sie besiegen“ ist bei Heyne erschienen.

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Gaby Guzek: Die Suchtlüge
Der Mythos von der fehlenden Willenskraft: Wie Sucht im Hirn entsteht und wie wir sie besiegen. HEYNE Verlag, Taschenbuch mit 224 Seiten, 13 Euro

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