Berlin. Die Zahl der Raucher hat während Corona deutlich zugenommen. Ein Alarmsignal, sagen Experten – und warnen explizit vor diesem Trend.
Manche qualmen heimlich. Andere machen aus ihrem Laster kein Geheimnis. Lässig sieht man manche Jungs und Mädels in Parks, auf Straßen oder bei Partys mit einer Kippe, E-Zigarette oder einem Vape in der Hand. Viele rauchen, obwohl sie noch nicht volljährig sind.
Die Zahl der Raucherinnen und Raucher hat während der Pandemie wieder deutlich zugenommen. Insbesondere der Anteil junger Rauchender ist im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit um 83 Prozent stark gestiegen. Mittlerweile bezeichnen sich elf Prozent der 16- bis 29-Jährigen als regelmäßige Raucher, während es 2020 nur sechs Prozent waren. „Gelegentlich“ qualmen zwei Prozent der jungen Leute – der Großteil von 87 Prozent bezeichnet sich als Nichtraucher
In der mittleren Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen hat sich der Anteil der regelmäßigen Raucher nach der Pandemie leicht von 19 auf 21 Prozent erhöht, bei den 50- bis 69-Jährigen sank der Anteil im Jahr 2022 unterdessen von 23 Prozent auf 19 Prozent. Dies haben zwei repräsentative Forsa-Umfragen im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) ergeben, die dieser Redaktion vorliegen.
Rauchen von Jugendlichen ist besorgniserregend
Insgesamt sind in Deutschland 18 Prozent der über 16-Jährigen regelmäßige Raucher, sechs Prozent Gelegenheitsraucher und 76 Prozent Nichtraucher. Auffallend: Offenbar rauchen mehr Frauen als Männer. Nur 74 Prozent der befragten Frauen bezeichnen sich in der Befragung als Nichtraucherinnen, unter den Männern sagen dies 77 Prozent. Zum Vergleich: In den 1980er Jahren gab es nur rund 35 Prozent Nichtraucher.
„Dass vor allem junge Menschen wieder mehr und vor allem regelmäßig rauchen, ist besorgniserregend“, sagt Michael Falkenstein, KKH-Experte für Suchtfragen. Gründe dafür könnten Ängste, Frust und Einsamkeit während der Corona-Krise sein. Viele Jugendlichen greifen zur Zigarette, weil ihre Freunde oder Bekannte im gleichen Alter dies ebenfalls tun. Sie möchten cool und erwachsen wirken, keine Außenseiter sein.
Das Tückische: E-Zigaretten, E-Shishas oder Verdampfer – sogenannte Vapes – sind bei jungen Leuten besonders beliebt. Sie riechen nach Erdbeere, Ananas, Pfirsich, Zitrone, Kaktus, Feige oder anderen Früchten. Gerade Vapes und E-Zigaretten, die Flüssigkeiten (Liquid) verdampfen, werden als harmlose Alternative zu herkömmlichen Zigaretten angepriesen. „Doch das ist ein Trugschluss“, sagt Falkenstein. „Auch der Dampf von E-Zigaretten enthält Stoffe, die dem Körper schaden können.“
Rauchen: Warum Vapes und E-Zigaretten so tückisch sind
Hier sei gerade bei Jugendlichen Vorsicht geboten. Ihre Organe seien noch nicht vollständig ausgebildet und damit besonders empfindlich. Eigentlich sollte jeder die Gefahren kennen. „Jedes Jahr sterben etwa 127.000 Menschen an den Folgen des Rauchens oder erkranken an Krebs, erleiden Herzinfarkte und Schlaganfälle“, mahnt der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert. Zudem entstehen durchs Rauchen volkswirtschaftliche Kosten von rund 97 Milliarden Euro.
Hintergrund: Vapes: Einweg-E-Zigaretten als Einstiegsdroge für Teenager?
Gerade wenn Kinder oder Jugendliche zur Zigarette greifen, sei dies immer schlecht, so Blienert. „Jeder Zug ist einer zu viel und immer ungesund.“ Dem Rauchen sollte deshalb jegliches positives Bild genommen werden: „Wir müssen dahinkommen, dass Rauchen und Dampfen für Jugendliche uncool und schlecht fürs Image sind.“ E-Zigaretten kommen über viele Youtuber und Influencer als „clean, hipp und harmlos“ daher. „Da wird ein fatales Zerrbild vermittelt“, kritisiert der Suchtbeauftragte. Denn Nikotin sei ein „wirklich knallharter Suchtstoff“, von dem viele nicht loskommen.
Ein ernstes Problem sieht der Drogenbeauftrage in Vapes. „Dass selbst Zwölfjährige zu Einweg-e-Zigaretten greifen, hat auch etwas damit zu tun, dass diese mit Kaugummi-, Mint- oder Waldbeerengeschmack locken.“ Hier müssten strengere Grenzen gesetzt werden. Dazu gehöre auch ein konsequentes Verbot von Aromen.
Im Kampf gegen das Rauchen spricht sich Blienert für weitere Werbeeinschränkungen aus: „Bestehende Lücken bei der Werberegulierung für Tabakprodukte müssen geschlossen werden. Die kostenlose Abgabe von Erhitzern, e-Zigaretten und Vapes sollte ebenso der Vergangenheit angehören wie Werbung auf Plakaten und Sponsoring durch die Nikotinwirtschaft. Ich will keine Parteitage mehr mit Zigarettenlogo!“
Rauchen: Wie Eltern ihre Kinder schützen können
Die beste Prävention gegen die Tabaksucht ist natürlich, gar nicht mit dem Rauchen zu beginnen. Eltern haben hier eine Vorbildrolle. „Wenn sie vor ihren Kindern rauchen, lädt dies zum Nachahmen ein, da Kinder gerne ihre Eltern imitieren“, erläutert die KKH-Psychologin Franziska Klemm. Doch was können Eltern, Verwandte und Freunde tun, wenn Kinder rauchen? „Auch rauchende Eltern sollten ihren Kindern Grenzen setzen und Minderjährigen das Rauchen verbieten“, sagt Klemm. „Wichtig ist, dass die Eltern eine Beziehung zu ihren Kindern haben und mit ihnen über das Problem sprechen.“
Auch interessant: E-Zigaretten: Warum sie gefährlicher sind als angenommen
Darüber hinaus bieten aber auch Krankenkassen, Schulen und Drogenberatungen Hilfe an. Das Gute: Aufhören lohnt sich in jedem Alter, so die KKH-Gesundheitsexperten. „Selbst wer erst als über 60-Jähriger auf Zigaretten verzichtet, senkt das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen bereits innerhalb weniger Jahre erheblich.“
- ADHS bei Erwachsenen:Betroffene erklärt, was wirklich hilft
- Schlafstörungen:Häufig hilft nur noch diese Methode
- Hormone:Wechseljahre mit 27 – Die ersten Anzeichen der Menopause
- Demenz: Ab wann Gedächtnislücken besorgniserregend sind