Berlin. In einer guten Beziehung sollte man dem Partner zuhören. Aber was, wenn dieser nur über Negatives spricht? Eine Psychologin gibt Tipps.
- Zwischen Nörgeln und Teilen: Wie viel Negativität ist in einer Beziehung gesund und wann wird es zu viel?
- Die Psychologie des Gesprächs: Dr. Hanne Horvath erklärt den Unterschied zwischen dem Austausch über Probleme und dem ziellosen Nörgeln.
- Grenzen setzen für eine gesunde Beziehung: Tipps und Ratschläge, wie Paare mit ständigen negativen Gesprächen umgehen und die Harmonie wiederherstellen können.
Politik, Putin, das Beamtentum oder diese langsame Frau am Bankschalter: Es gibt wahrlich genug Gründe, sich in Rage zu reden. „Können wir jetzt bitte über etwas Positives sprechen?“, fragte ich meinen Freund neulich, als dieser um 21.30 Uhr noch immer von den Problemen Künstlicher Intelligenz sprach und sich meine Laune von Minute zu Minute verschlechterte. „Wem soll ich denn sonst davon erzählen?“, fragte er mich vorwurfsvoll. Und irgendwie fühlte ich mich ertappt.
Es ist schon richtig: In einer Partnerschaft lässt man den anderen am eigenen Leben teilhaben ‒ an den Dingen, die uns beschäftigen, den Problemen, die uns nachts wachhalten. Dafür sind Partner ja auch da. Und würden wir unser Innenleben stets für uns behalten, würde ein großer Teil an Intimität und Nähe verloren gehen.
Für mich besteht aber ein erheblicher Unterschied zwischen den Problemen, die uns selbst betreffen und den Missständen dieser Welt, die oft ungerecht und traurig sind, auf die wir aber nur bedingt Einfluss haben. Die Gedanken immer wieder um Dinge kreisen zu lassen, die mich ängstigen, ärgern oder sorgen, die ich aber nicht ändern kann, bedeutet für mich, Energie zu verschwenden.
Das Nörgeln und Grübeln vom Austausch über Probleme abgrenzen
Dr. Hanne Horvath, Psychologin und Mitgründerin der Online-Therapie-Plattform HelloBetter, gibt mir recht. „Es ist natürlich wichtig, dass man über Probleme sprechen kann“, sagt die Psychologin. Ein solcher Austausch sei aber klar abzugrenzen vom Nörgeln oder Grübeln: „Beim Nörgeln fehlt die Intention. Dabei wird kein Rat erwartet und auch keine Lösung gesucht“, so Horvath.
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Wer negative Energie auf dem Partner ablädt, schadet dem Gegenüber, weiß Psychologin Horvath: „Bei so einem 'gemeinsamen Grübeln', bei dem es für den Partner kein Entkommen aus dem Gespräch gibt, wird auch die Laune des Gesprächspartners negativ beeinflusst.“
Das kann ich bestätigen: Durchweg negative Gespräche hinterlassen bei mir ungute Gefühle. Oft will ich dann einfach nur raus aus dem Gespräch, weil mich Gedanken an Kriegsopfer kurz vor dem Schlafengehen belasten. Oder weil ich es stressig finde, mir lautstarke Monologe über Deutschlands Staatsschulden anzuhören. Und nein, das heißt nicht, dass ich Probleme notorisch verdränge.
Expertin rät: Partner sollten nicht die eigenen Bedürfnisse vergessen
Auch mich ärgern viele Dinge. Soziale Ungerechtigkeiten können mich wahnsinnig machen, genauso wie es mich unglaublich traurig macht, dass in diesem Moment neben dem Krieg in der Ukraine auch Kriege in Israel, Jemen, Äthiopien, Syrien und zahlreichen weiteren Ländern der Welt toben. Immer wieder Energie darauf zu richten, indem ich mich aufrege – in einer Konversation, die niemanden erreicht, weil es keine Podiumsdiskussion oder politische Debatte ist, sondern ein Beziehungsgespräch zwischen zwei Menschen – ist für mich der falsche Ansatz. Wenn mich etwas wirklich stört, muss ich versuchen, die Dinge anzugehen und dort Einfluss auszuüben, wo es möglich ist.
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„Bei einem ziellosen Nörgeln hilft es zu fragen, was die Person mir eigentlich sagen will“, sagt Hanne Horvath. Dahinter stehe oft das Bedürfnis, gehört zu werden. Das könne man akzeptieren, sollte darüber aber nicht die eigenen Bedürfnisse vergessen. Denn wenn man nur über Schlechtes spreche, statt Schönes zu erleben, könne die Partnerschaft darunter leiden.
„Beziehungen leben von guten Erlebnissen“, sagt Hanne Horvath. Damit die Partnerschaft nicht unter der schlechten Stimmung eines Partners leide, rät die Psychologin zu regelmäßigen Auszeiten. „Man könnte das so regeln: An einem Abend darf über Negatives geredet werden, an anderen Abenden unternimmt man etwas Schönes und beide nehmen sich gezielt vor, negative Themen zu vermeiden“, so Horvath.
Klare Grenzen können die Beziehung retten
Kommt man auch damit auf Dauer nicht weiter, sei es das gute Recht auch in einer Partnerschaft klare Grenzen zu setzen. „Ich empfehle hier ehrlich zu sein und klar zu kommunizieren, zum Beispiel 'Du, das Thema zieht mich gerade ganz schön runter'“, sagt Horvath.
So weit ist es bei mir noch nicht. Meine Partnerschaft gehört für mich definitiv zu jenen Bereichen, in denen ich Veränderungen bewirken kann. Für das Bedürfnis meines Freundes, sich Luft zu machen, haben wir deshalb einen Kompromiss gefunden: Wenn er wieder mal über Dinge schimpft und sich aufregt, ohne einen Ratschlag annehmen zu wollen, lasse ich ihn reden. Zehn Minuten, nicht länger.
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