Berlin. US-Forscher haben einen Chip entwickelt, mit dem Gelähmte sprechen können. Ein Fortschritt, der Schlaganfallpatienten helfen könnte.
Vor 18 Jahren erlitt Ann Johnson, damals 30 Jahre alt, Lehrerin, Volleyballtrainerin und Mutter eines kleinen Kindes, einen Schlaganfall. Der Vorfall lähmte die Kanadierin und machte sie stumm. Inzwischen kann Ann Johnson wieder sprechen – dank eines Chips, den Wissenschaftler aus den USA entwickelt haben.
Forscher entwickeln Methode, um Gelähmte wieder sprechen zu lassen
Der Fall von Ann Johnson, über den die "New York Times" zuerst berichtete, ist nicht der einzige. Auch einer Forschergruppe der Stanford University ist es gelungen, mit Hilfe eines Gehirnchips und künstlicher Intelligenz die Sprache eines Mannes zu entschlüsseln, der aufgrund einer Amyotrophen Lateralsklerose (ALS), bei der es zu einer allmählichen Muskellähmung kommt, nicht mehr sprechen konnte. Die Studien wurden gleichzeitig in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlicht.
- Unterwasser-Archäologie:Wrack von legendärem U-Boot aus Zweitem Weltkrieg gefunden
- Kannibalismus: Archäologen machen schaurige Entdeckung in Jamestown-Kolonie
- Altes Ägypten: Krebsoperationen schon vor 4300 Jahren?
- Antike:Archäologen entdecken römischen Luxus-Swimmingpool
- Niederbayern: Skelett von steinzeitlichem „Bürgermeister“ aufgetaucht
Beide vorgestellten Sprachprothesen bestehen den Angaben zufolge aus einem Implantat, das auf die Oberfläche des motorischen Sprachkortex im Gehirn implantiert wird. Von dort aus kann der Chip einzelne Nervensysteme im Gehirn auslesen. Aus diesen elektrischen Signalen werden dann mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) Sprachinformationen entschlüsselt. Beide Systeme erkennen etwa drei von vier Wörtern richtig. Was nach wenig klingt, ist für die Wissenschaft bereits ein enormer Fortschritt.
- Lesen Sie auch: Entdeckung im Hirn – Ist das der Grund für Fettleibigkeit?
Künstliche Intelligenz kann Sprachimpulse wahrnehmen und weitergeben
Damit die Sprachprothesen funktionieren, muss die künstliche Intelligenz zunächst speziell auf die Patienten trainiert werden. Dazu stellt sich der Patient oder die Patientin Wörter vor, die er oder sie sprechen möchte. Anschließend werden die Nervenzellen im motorischen Sprachhirn aktiviert, die im "Normalfall" elektrische Bewegungsimpulse an Mund, Lippen, Kiefer, Zunge oder Kehlkopf senden. Da dies bei vielen Schlaganfallpatienten aufgrund der Lähmung der Sprachmuskulatur nicht möglich ist, übernimmt der Chip die Übertragung.
Nach längerem Training können die Systeme die Daten interpretieren und vorhersagen, was der Patient sagen will. Die Modelle sind in der Lage, einen Wortschatz von mehr als 100.000 Wörtern zu erlernen.
- Auch interessant: Forscher staunen über Franken-Grab – einzigartiger Einblick
Forscher staunen: KI kann neben Sprache auch Mimik imitieren
Die Kanadierin Ann Johnson kann dank Gehirnchip und KI inzwischen 78 Wörter pro Minute sprechen, schreibt die "New York Times". Noch dazu in ihrer eigenen Stimme. Denn mit Hilfe der KI lassen sich auch aufgezeichnete Stimmen klonen. Bei Johnson versuchten die Forscher außerdem, ihre Mimik aus der Hirnaktivität zu entschlüsseln. In einem von der "New York Times" veröffentlichten Video ist zu sehen, wie Johnson nach 18 Jahren durch einen Avatar lächelt und spricht.
Surjo Soekadar, Leiter der Arbeitsgruppe Klinische Neurotechnologie an der Berliner Charité, spricht von einem Meilenstein in der Entwicklung von Gehirn-Computer-Schnittstellen. Aber er betont, dass die Patienten speziell für die Studien ausgewählt worden seien. "Es ist also noch ein langer Weg, bis der Einsatz dieser Technologien in der Breite vorstellbar ist", so Soekadar.