In Ingelheim (Rheinland-Pfalz) entdecken Archäologen ein unberührtes Grab. Die Forscher sind sich einig: Der Fund ist eine Sensation.
- In Ingelheim (Rheinland-Pfalz) sorgt eine ärchäologische Sensation für Aufsehen
- Dort wurde das Grab eines fränkischen Kriegers aus dem 7. Jahrhundert freigelegt
- Der Fund gewährt den Archäologen neue Einblicke in das Leben und die Riten des Adelsgeschlechts der Merowinger
Ingelheim/Berlin. Grabungsleiter Christoph Bassler kann es noch immer kaum glauben: "Wir haben zwischen zwei beraubten Bestattungen tatsächlich ein noch komplett unberührtes Grab entdeckt, welches die Grabräuber aus irgendeinem Grund übersehen haben mussten." Das noch völlig intakte Grab gehört zu sogenannten Gräberfeld III im rheinland-pfälzischen Ingelheim. Derartige Gräber aus der frühmittelalterlichen Merowingerzeit wurden in der Vergangenheit in der Regel von Grabräubern geplündert und leergeräumt.
Anders verhält es sich mit dem Grab eines fränkischen Kriegers aus dem 7. Jahrhundert, das die Archäologen bereits im Juni entdeckten und seitdem freigelegt haben. Die Wissenschaftler sind sich einig: Der Fund ist eine Sensation und erlaubt einzigartige Einblicke in merowingerzeitliche Bestattungsriten.
Die Merowinger, ein frühes fränkisches Adelsgeschlecht, waren nach Erkenntnissen von Historikern seit etwa dem 5. Jahrhundert unserer Zeitrechnung im Raum um Ingelheim ansässig. Sie wurden später von den Karolingern als fränkisches Königsgeschlecht abgelöst. Deren berühmtester Vertreter, Karl der Große, ließ um 800 im heutigen Ingelheim eine seiner Kaiserpfalzen erbauen.
Der spätere Kaiser führte von diesen aus die Regierungsgeschäfte im Heiligen Römischen Reich, reiste über die Jahre verteilt von Pfalz zu Pfalz und empfing dort seine Fürsten. So gelang es ihm, sein riesiges, das heutige Frankreich und große Teile Westdeutschlands umspannende, Reich zu beherrschen.
Die Merowinger: Aufstieg und Fall einer Dynastie
- Aufstieg zur Macht: Die Merowinger entstammen dem fränkischen Adel und gelangen im 5. Jahrhundert n. Chr. zur Herrschaft über große Teile des heutigen Frankreich und Deutschlands.
- Chlodwig I. als Wendepunkt: Die Taufe des fränkischen Königs Chlodwig I. – häufig datiert im oder um das Jahr 496 – markiert die Annahme des Christentums und festigt die Allianz mit der römischen Kirche.
- Hausmeier als Machtfaktor: Im Laufe der Zeit verlieren die Merowinger an politischer Bedeutung, während die Hausmeier, ursprünglich Verwalter und Berater, immer mehr an Einfluss gewinnen.
- Teilung des Reiches: Nach dem Tod von Chlothar II. wird das Merowingerreich unter seinen Söhnen aufgeteilt, was zu inneren Konflikten und Machtkämpfen führt.
- Das Ende der Dynastie: Im 8. Jahrhundert wird der letzte merowingische König, Childerich III., abgesetzt. Damit endet die Ära der Merowinger und die Karolinger treten ihre Nachfolge an.
Ingelheim: Fränkischer Krieger mit fast sämtlichen Waffengattungen begraben
Besonders auffallend sei, dass der fränkische Ritter mit einem ganzen Waffenarsenal bestattet wurde. Neben seinem rechten Arm fanden die Archäologen ein zweischneidiges Schwert, eine sogenannte Spatha. "Die Länge der Spatha-Klinge beträgt etwa 75 Zentimeter, das ganze Schwert mitsamt Heft und Knauf ist etwa 93 Zentimeter lang", sagt Bassler in einer Mitteilung der Stadt Ingelheim. Die Klinge sei sogar noch leicht flexibel, was für einen besonders guten Erhaltungszustand spräche.
Außer dem Schwert besaß der Mann noch ein massives Breitsax, ein kurzes und schweres Hiebschwert, von dem die Klinge sowie die bronzenen Nieten der Scheide gefunden wurden. Entdeckt wurden auch noch eine Lanzenspitze, ein schweres Messer und ein Schild. Der Krieger wurde also bis an die Zähne bewaffnet ins Grab gelegt.
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Archäologie: Kämpfer aus der Merowingerzeit muss wohlhabend gewesen sein
Die Archäologen gehen davon aus, dass es sich bei dem Bestatteten um einen angesehenen und wohlhabenden Mann gehandelt haben muss. Kämpfer mussten in der Merowingerzeit nämlich selbst für ihre Ausrüstung sorgen. Ein derart komplettes Arsenal, wie es nun gefunden wurde, konnten sich nur die wenigsten leisten. Ein stehendes Heer wie heute gab es im Frühmittelalter in der Regel nicht. Vielmehr musste jeder freie Mann seinem Anführer folgen und Kriegsdienst leisten, wenn dieser in den Kampf zog.
Die Beigaben aus dem Grab werden nun mithilfe neuester Technologie genauer analysiert, um die Datierung des Grabes weiter einzugrenzen. Außerdem finden Knochen-Analysen statt. Dann wird vielleicht sogar klar sein, woran der etwa 30 bis 40 Jahre alt Mann starb. Möglich wären eine Kampfverletzung, aber auch eine schwere Erkrankung. (tok)