Essen. Mit Jack White macht man einen Streifen mit! Erst bekamen nur wenige Fans das Album heimlich, nun ist „No Name“ öffentlich. Und – naja.

Dass neue Alben wenig mehr sind als ein probates Werbemittel für die nächste Tournee offenbart niemand so eindringlich wie der Ausnahmegitarrist Jack White. Die „Seven Nation Army“-Hymne seiner White Stripes – „Ohhh-oh-oh-oh-ohhh-oh“ – hat längst die Fußballstadien und andere Mitgröl-Hotspots der Welt erobert. Was die Gewinnung von Aufmerksamkeit selbst für einen Superstar wie Jack White nicht einfacher macht.

Deshalb hat er für sein neues Album mit dem scheinbar so subversiven Namen „No Name“ eine etwas exaltierte Vermarktungsstrategie gewählt: Vor zwei Wochen hatte er veranlasst, dass die Kundschaft seiner „Third Man“-Plattenläden in London, Detroit und Nashville die Vinylversion seines neuen Albums kostenlos dazugepackt bekam, wenn sie dort irgendetwas anderes gekauft hatte. Nicht einmal die Verkäufer wussten so genau, was denn auf diesem Vinyl-Album drauf war, geschweige denn die Kundinnen und Kunden.

Jack White ließ das neue Album „No Name“ erst in seinen Plattenläden heimlich verteilen

Später riefen die Läden dazu auf, die Platten selbst zu digitalisieren und sie mit der übrigen Fan-Gemeinde zu teilen. Bei Konzerten von White konnte man die Platten Ende Juli dann ganz offiziell kaufen. Aber immer noch war es ein Geheimnis, ob und wann die Platte auch einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden würde. Am Donnerstag dann machte, verstärkt durch Profi-Marketing-Agenturen, die Nachricht die Runde, dass Jack White sein neues Album am nächsten Tag veröffentlichen würde, und zwar weltweit und überall.

Beim Durchhören offenbart sich allerdings auch, dass Mr. White gut daran getan hat, so einen Bohei um das Album zu veranstalten. Es klingt wie eh und je, mal nach Rock‘n‘Punk, mal nach Punk‘n‘Roll. Es ist lauter frisches Material für alle, die gern mit Variationen des Vertrauten versorgt werden. Dynamisch harter Gitarren-Sound, der oft die guten alten Gretsch-Modelle durchklingen lässt, aber auch Vorbilder wie Led Zeppelin, Jimmy Page und Robert Plant insbesondere – da weiß man manchmal nicht, sind das nur Anspielungen oder schon Zitate? Vielleicht sogar ein Ratespiel für Zeppelin-Fans?

Geblieben ist Whites gutes Händchen für ebenso messerscharfe wie eingängige Riffs. Oder sind es schon längst vertraute Griff-Folgen? „Bless yourself“, der zweite von 13 Songs des Albums, offenbart das Problem, das sich mit dieser Gretchenfrage verbindet. Und „That‘s How I‘m Feeling“ begibt sich sogar sehr offensichtlich in gut eingefahrene Erfolgsspuren. Hier und da sind gar einzelne Anklänge an die Killers. Alles in allem bleibt der Eindruck, dass da vor allem Werbe- und Spielmaterial für die nächsten Konzerte und Tourneen veröffentlicht wurden.