Bottrop. Krank und unsicher: „Insickure“ heißt der Film der Krupp-Preisträgerin im Zentrum ihrer ersten Einzelausstellung in einem Museum.
Mit ihrem Förderpreis „Kataloge für junge Künstlerinnen und Künstler“ hat die Krupp-Stiftung seit 1982 schon so manche Karrierewege geebnet. Renommierte Namen wie Rosemarie Trockel, Lothar Baumgarten, Julian Opie, Isa Genzken, Martin Kippenberger, Thomas Schütte, Stephan Balkenhol oder Thomas Struth finden sich auf der Liste der Geförderten, aber auch die heute an der Düsseldorfer Kunstakademie lehrende Dominique Gonzalez-Foerster, die für ihre Installationen und Video-Arbeiten bekannt ist. Und nun realisiert ihre 1988 geborene Meisterschülerin Catherina Cramer mit diesem Förderpreis, den sie 2022 zugesprochen bekam, ihre erste Einzelausstellung in einem Museum: „The Long Goodbye“ im Bottroper Quadrat.
Herzstück dieser Ein-Raum-Installation ist der Film „Insickure“, dessen Titel die englischen Begriffe für „unsicher“ (insecure) und „krank“ (sick) mischt. Es ist eine Art Film-noir-Thriller, in dem die erkrankte Dylan in einer Art Horror-Klinik mit detektivischen Mittel aufzuklären versucht, an welcher Krankheit sie leidet – die Symptome deuten auf eine Myalgische Enzephalomyelitis oder das chronische Erschöpfungssyndrom. Spürbar wird, dass für derart Kranke ein anderes Empfinden von Zeit wirksam wird, die manchmal stillzustehen scheint („crip time“). Vor allem, wenn sich die Erkrankten etwa nur kurze Zeit am Tag ums Zähneputzen oder Einkaufen kümmern können, weil sie so oft erschöpft sind.
Catherina Cramer konnte dank der Filmstiftung NRW Profi-Schauspieler engagieren
Zugleich wird deutlich, wie fahrlässig eine Gesellschaft im Wirtschaften wie im Alltag strukturiert ist, wenn sie vom rundum gesunden Menschen als Normalfall ausgeht – erfahrungsgemäß, sagt Catherina Cramer, sei „Krankheit doch etwas, mit dem die meisten mehr oder weniger belastet sind.“
Die Pandemie und das Wissen um Long-Covid habe etwas mehr Verständnis für die ganz ähnlichen Erschöpfungssyndrome bewirkt, die noch ziemlich unerforscht sind, etwa hinsichtlich eines virologischen Anteils am Erkrankungsprozess.
Der gut halbstündige Film, für den die Künstlerin dank einer Förderung der Filmstiftung NRW „endlich mal“ professionelle Schauspieler engagieren konnte, ist eingebettet in eine Rauminstallation. Neben einem gigantischen Teddy als Sitzmöbel gehören dazu Requisiten des Films (wie ein bizarrer Rollator, den zwei Infusionsbeutel unter einem Regenschirm krönen), ein Mediziner-Maskottchen mit einem Bluttropfen als Kopf sowie Collagen rund um Krankheit und Medizin (bis 30. Juni).
Das Museum Quadrat zeigt unter dem Titel „Sammlung2“ Arbeiten aus dem Bestand
Eine Kur für die Augen wie für die Aufmerksamkeit ist hingegen die zweite Ausstellung im Quadrat unter dem Titel „Sammlung2“, die ebenfalls am kommenden Sonntag (14 Uhr) eröffnet wird: Im Anbau des Museums sind Arbeiten aus seiner Sammlung zu sehen, die von einigen Künstlern (Pia Fries, Ulrich Erben) um aktuelle Arbeiten frisch aus ihren Ateliers ergänzt wurden (bis 1. September).