Bottrop. Mehr Respekt für Hausarbeit: Das Bottroper Museum Quadrat feiert Werke von Künstlerinnen, die es satthaben, dass Care-Arbeit missachtet wird.
„Das bisschen Haushalt“ kommt in der Kunst, die Männer machen, so gut wie nie vor. Im Gegenteil: Von der „Eat Art“ eines Daniel Spoerri blieben immer nur die Tafel-Reste übrig, die in Museen entsorgt wurden. Und Fettecken aus männlicher Hand wurden mitunter eher als störend empfunden, da mit Unreinheit verbunden. Überhaupt: Ist die ewiggleiche, auf zuverlässige Dauerhaftigkeit und Keimfreiheit ausgerichtete Sisyphos-Arbeit im Haushalt nicht ein krasser Gegensatz zum kreativen Schaffen, das doch, in der Moderne zumal, neu, unberechenbar und wie Sand im Getriebe der Gesellschaft sein soll?
Kunst aus Geschirr und Bügelbrettern, aus Einkaufstaschen, Wäschespinnen und Kesseln
Künstlerinnen in aller Welt beweisen das Gegenteil: Sie machen Kunst aus Geschirr und Bügelbrettern, aus Einkaufstaschen, Wäschespinnen und Wasserkesseln. Für Frauen sind das alltägliche, vertraute Gegenstände – zumal selbst in Zeiten fortgeschrittener Emanzipation der Haushalt und die Arbeit darin ja doch meist an Frauen hängenbleibt. Als Doppelbelastung. So ist die unbezahlte Hausarbeit weiter ein wesentliches Fundament unseres gesamten Wirtschaftssystems: „Diese Reproduktionsarbeit diente schon immer der Produktion, besonders im Ruhrgebiet!“, sagt Linda Walther, die Direktorin des Bottroper Museumszentrums Quadrat.
Ingeborg Lüscher legt Flusen aus dem Wäschetrockner zu Klamotten zusammen
Dort zeigt jetzt die Sonderausstellung „Kochen Putzen Sorgen“ über „Care-Arbeit in der Kunst seit 1960“, wie mehr als 40 Künstlerinnen in dieser Zeit gegen die Abwertung von Hausarbeit gekämpft haben. „Warum wird Care-Arbeit trotz des lebensnotwendigen Bedarfs bis heute als Thema so an den Rand gedrängt? Wie lässt sich das ändern? Und was kann die Kunst dazu tun?“, schildert Linda Walther die Leitfragen bei dieser Ausstellung.
Manchmal kommt die Kunst aus dem Haushalt plakativ daher wie bei der peruanischen Malerin Natalia Iguiñiz, die 13 Künstlerinnen (sich selbst eingeschlossen) zusammen mit ihren Hausangestellten fotografiert hat, ohne die sie gar nicht Künstlerinnen sein könnten. Ein andermal fällt das ironisch aus wie beim „Grabstein für eine Hausfrau“ von Maria Bentivoglio, der aus einem Spülmaschinen-Drehkreuz besteht. Spielerisch geht’s manchmal auch zu: Ingeborg Lüscher legt Flusen aus ihrem Wäschetrockner auf dem Boden zu scheinbaren Hosen und Pullovern zusammen.
Auf die herrlich sinnfrei an der Wand angebrachten Kochplatten von Rosemarie Trockel, die es ja in diversen Variationen gibt, kann eine solche Ausstellung selbstverständlich nicht verzichten. Eine ähnliche Mischung aus Verweigerung und Wichtigkeitshinweis ist der stacheldraht-ummantelte Kochtopf der Italienerin Milli Gandini. Es kam denAusstellungsmacherinnen (siehe Box) nicht zuletzt darauf an zu zeigen, dass sich Künstlerinnen in den letzten Jahrzehnten international diesem weiten Emanzipationsfeld zugewandt haben – nicht als Einzelphänomen, sondern als eine breite Bewegung, die auch politische Anteile hat. Sie wendet sich auch gegen den Mythos, Hausarbeit sei Arbeit aus Liebe.
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Bügeleisen in allen Formen, Farben und Positionen – und jetzt auch in der Revier-Arbeit
So kommt in über einem Dutzend Kunstwerke in Bottrop das Bügeleisen vor – hier ist es fast altmeisterlich gemalt wie bei der Spanierin Carmen Maura, die seit über sechs Jahrzehnten realistische Alltagsbilder in Öl fertigt. Dort ersetzt das Bügeleisen auch das Jesuskind in den Armen Marias, wie bei einer Pietá der Wiener Provokationskünstlerin Valie Export. Die in Gelsenkirchen geborene Renate Eisenegger wiederum bügelte schon als Studentin den Linoleum-Boden des Hochhauses, in dem sie sich einsam fühlten. Und dann wieder legt sich eine Künstlerin wie Letícia Parente aufs Bügelbrett und lässt sich höchstselbst zwei Minuten lang von ihrer Haushaltshilfe bügeln.
Und selbst in der Ausstellung über die Arbeitswelt des Ruhrgebiets im ortsgeschichtlichen Museum des Quadrats hat jetzt ein Bügeleisen Einzug gehalten, samt einer sehr frühen Waschmaschine. Bislang fehlte dort nämlich jeglicher Hinweis auf weibliche Arbeit im Haushalt.