Wuppertal. Das Von der Heydt-Museum widmet den Malerstars eine große vergleichende Ausstellung. Rund 60 Gemälde sind zu sehen, darunter wahre Berühmtheiten.
Tatsächlich begegnet sind sie sich wohl nie. Auch wenn sie Zeitgenossen waren, auch wenn Max Beckmann Picassos Wirkungsort Paris mehrfach besucht hat – und die beiden durchaus Notiz voneinander nahmen. Den Erfolg des spanischen Stars erfüllte den deutschen Künstler mit Anerkennung, aber auch mit Neid. Gern hätte er seine Bilder neben denen des berühmten Kollegen gesehen. Und auch Picasso nahm den aufstrebenden Beckmann zumindest wahr. 1931 besuchte er dessen erste Ausstellung in Paris und äußerte sich anerkennend: „Il est très fort“ („Er ist sehr stark“).
Es gibt also Berührungspunkte zwischen den beiden Schlüsselfiguren der Klassischen Moderne, wie Roland Mönig, Direktor des Von der Heydt-Museums, erklärt. Aber so richtig hingeschaut hat bisher niemand. Jetzt nimmt sich eine gemeinsame Ausstellung mit dem Sprengel Museum in Hannover der Sache an: „Mensch – Mythos – Welt“ wagt den Vergleich und lädt damit zur wichtigsten Kunstschau des Wuppertaler Ausstellungsjahres. Rund 160 Werke sind zu sehen, 60 Gemälde, zig Zeichnungen und zwei Skulpturen. Die Arbeiten stammen aus den eigenen Beständen, ergänzt durch Leihgaben aus Paris, Basel, München und Hamburg.
Erinnerung an Picassos 50. Todestag
Mönig ist mit der Ausstellung, die er mit dem Hannoveraner Museumschef Reinhard Spieler eingerichtet hat, offizieller Partner des internationalen Projekts „Celebration Picasso 1973 – 2023“, das an den 50. Todestag des spanischen Tausendsassas erinnert. Und so freut es ihn besonders, diesmal Blicke aus ganz Europa auf die hauseigenen Schätze richten zu können, die in Wuppertal schon viele prominente Ausstellungen bestückt haben.
Nun also der große Griff nach zwei funkelnden Kunst-Sternen: den Malern, Grafikern und Bildhauern Max Beckmann (1884– 1950) und Pablo Picasso (1881– 1973), zwei Giganten der Kunstgeschichte. Beide durchlebten die bewegte Epoche vom Fin de siècle über zwei Weltkriege bis in die Zeit nach 1945. Beide kreisten mit ihrem Schaffen um Kernfragen der menschlichen Existenz, wobei sie sich, so Mönig, künstlerisch jeweils auf einer eigenen Umlaufbahn bewegten.
1911 war das Von der Heydt-Museum das erste Museum weltweit, das ein Gemälde von Picasso in seinem Besitz hatte, „Akrobat und junger Harlekin“ (1905). Wie viele Werke ging auch dieses Bild in der NS-Zeit verloren: Beckmanns Kunst galt als entartet, auch Picassos Werke wurden verkauft, auch um Devisen einzufahren. Noch vorhanden sind in Wuppertal die Beckmann-Bilder „Selbstbildnis als Clown“ (1921), „Landschaft bei St. Germain“ (1930) und „Golden Arrow: Blick aus dem D-Zug-Fenster“ (1930), die vom Museumsgründer August Von der Heydt in die Schweiz gerettet wurden und jetzt in der Ausstellung zu sehen sind.
Eine wahre Mammutschau ist da entstanden, insgesamt zehn Räume. Von „Arena des Lebens – Welt der Kunst“ bis zum Themenkomplex „Rätsel der Realität, Wahrheit des Mythos“ reicht die Palette. Prachtvolle Gemälde können bewundert werden, Berühmtheiten wie Picassos „Raub der Sabinerinnen“ (1962), eine Leihgabe des Centre Pompidou, Paris, oder Beckmanns „Luftakrobaten“ (1928) aus dem eigenen Bestand – und Handzeichnungen, altmeisterlich vollendet.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Die Ausstellung erzählt von Unterschieden und Gemeinsamkeiten. Beide Künstler loteten die Möglichkeiten der Kunst aus. Beide nahmen gesellschaftliche Randfiguren in den Blick, das zeigen frühe Arbeiten wie Picassos „Die Armen“ (1903), die dicht bei den Illustrationen hängen, die Beckmann zu Dostojewskis „Aufzeichnungen aus einem Totenhaus“ fertigte.
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Beide waren fasziniert von der Welt der Artisten und Gaukler, wobei Beckmann seinen Seiltänzer auch mal mit verbundenen Augen über den Abgrund schickte. Und dann sind da noch die Frauen: rätselhaft bei Beckmann, provokant und verführerisch bei Picasso. Auffällig ist, dass sich die Arbeiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch stark unterschieden. Beckmanns vom Impressionismus geprägte „Große Sterbeszene“ (1906) hängt unweit von Picassos bereits wildbunten abstrakten Gemälden „Die Gabe“ und „Drei Frauen“ (1908). Und doch trennen sie Welten.
Berührend sind die Werke, die unter dem Einfluss der Weltpolitik und ihrer Kriege entstanden. So fällt der Blick am Ende auf Max Beckmanns „Mann im Dunkel“, eine kleine Bronze, die er 1934 im Amsterdamer Exil schuf. Ein Mann hebt die Arme zur Abwehr, den Kopf weggedreht. Eine Reaktion auf sein Schicksal als unerwünschter Künstler im eigenen Land.
>>> Die Ausstellung <<<
„Pablo Picasso/Max Beckmann: Mensch – Mythos – Welt“, Von der Heydt-Museum, Turmhof 8, 42103 Wuppertal. 17. September–7. Januar 2024.
Geöffnet: Di-Fr, 11-18 Uhr (Do bis 20 Uhr), Sa/So 10-18 Uhr. Eintritt: 12 Euro, erm. 10 Euro. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen: 32 Euro im Museum, 40 Euro im Buchhandel.
Alle Infos: www.von-der-heydt-museum.de oder telefonisch: 0202 563-6231.