DJ Marten Hørger verrät emotionalsten Moment seiner Karriere
•
Lesezeit: 18 Minuten
Essen. Marten Hørger gehört weltweit zu den gefragtesten DJs: 2024 ist er erneut für Tomorrowland, Parookaville und das „Sunset Beach Festival“ gebucht.
Wenn Marten Hørger zurückblickt, kommt der aus dem Schwärmen nicht mehr heraus - so viele Punkte auf seiner „Bucket List“ konnte der DJ und Produzent aus Stuttgart im vergangenen Jahr streichen: Premiere auf der Mainstage der Festivals Tomorrowland in Belgien und EDC in Las Vegas - dazu umjubelte Auftritte bei Parookaville sowie beim „Sunset Beach Festival“ in Haltern am See, wo er am 29. Juni neben Lost Frequencies und Moguai erneut zum Line up gehört.
Im Interview mit der Redaktion erzählt Hørger, wie er es aus dem kleinen Ort Bad Waldsee auf die weltweit größten und begehrtesten Festival-Bühnen und zur Nummer 1 der „Bass House“-Szene geschafft. Dabei verrät der 42-Jährige sein Erfolgsgeheimnis im Studio, wie er mit Weltstar David Guetta an gemeinsamen Produktionen arbeitet und, dass sein Vater eigentlich eine ganz andere musikalische Karriere für ihn vorgesehen hatte und ihn eine kriminelle „höhere Macht“ davor rettete.
Marten Hørger: „Für einen DJ und Produzenten von elektronischer Musik gibt es ein paar große End-Ziele. Und Tomorrowland-Mainstage steht bei 90 Prozent auf der Liste ganz oben. Und genauso schön hat sich das in dem Moment angefühlt.“
Konntest du das denn genießen oder rauscht das an einem nur so vorbei?
Marten Hørger: „Vorher und hinterher habe ich es auf jeden Fall genossen, da auch ganz viele Leute aus meinem Team dabei waren. Auf der Bühne gerät man in einen Tunnel und ist voll konzentriert. Es war trotzdem sensationell.“
Festival Tomorrowland ist „die beste Party der Welt“
Wie hast du die Atmosphäre empfunden?
Marten Hørger: „Das Tomorrowland ist nicht ohne Grund eine der besten… oder sogar die beste Party der Welt. Wenn man in einem Club spielt, kann es sein, dass Gäste nicht wegen des Künstlers, sondern spontan oder durch Zufall dort landen. Tomorrowland ist das komplett andere Spektrum – wer dahinkommt, möchte dort die beste Zeit seines Lebens verbringen. Von diesen Events gibt es nur sehr wenige.“
Du warst 2023 für einige dieser ganz besonderen Events gebucht – zum Beispiel für die Mainstage des Festivals „Electric Daisy Carnival“ in Las Vegas…
Marten Hørger: „2023 war bis jetzt das beste Jahr für mich – wobei ich das große Glück habe, dass ich das in den letzten Jahren immer sagen konnte.“ (lacht) „EDC Las Vegas war für mich eines der großen Ziele. Ich habe irgendwo noch meine Liste und da steht hinter EDC Las Vegas ein LOL, weil ich nie gedacht hätte, dass ich es irgendwann dorthin schaffen würde.“
In diesem Sommer gehörst du wieder zum Line up des „Sunset Beach Festival“ im Seebad Haltern. Warum möchtest du gerne dahin zurück?
Marten Hørger: „Ich bin tatsächlich in der komfortablen Situation, dass es mehr Anfragen gibt, als ich Zeit habe. Das „Sunset Beach“ war von den deutschen Shows im vergangenen Jahr die beste.“
Beim „Sunset Beach Festival“ war „unfassbar viel Liebe“
Was macht das Festival für dich so besonders?
Marten Hørger: „Da war unfassbar viel Liebe. Das ist richtig hängengeblieben in Kombination mit der schönen Location. Es waren unheimlich viele Freunde und Leute aus meinem Team dabei. Das hat sich sehr familiär angefühlt und ich hatte eine wahnsinnig gute Zeit dort.“
Woran machst du das auf der Bühne fest, ob ein Auftritt richtig gelungen ist?
Marten Hørger: „Man merkt, ob das Publikum mitgeht und meine Songs kennt. Beim Sunset Beach Festival waren Leute mit Fahnen. Viele haben meinen Namen geschrien und wollten Bilder haben. Bei jedem meiner Lieder ging es ab – das war großartig. Das Allercoolste an meinem Job ist die Win-Win-Win-Situation: Ich komme irgendwohin, da sind Tausende Leute und alle gehen glücklich heim – inklusive des Veranstalters, der Mitarbeiter-Crew und mir selbst.“
Marten Hørger: „Parookaville gehört für mich zu den ganz großen Festivals auf globaler Ebene. Ich war vor ein paar Jahren schonmal dort, als sich noch niemand so richtig für meine Musik interessiert hat. Da habe ich schon gemerkt, dass das was Großes werden kann. Und jetzt bin ich ein richtiger Teil davon und werde dort mit offenen Armen empfangen. Das ist schon etwas Besonderes. Ich mag es, wie die Leute global über Parookaville reden.“
Global? Was sagen sie denn?
Marten Hørger: „Die Menschen reden einfach drüber. Es gibt unfassbar viele Festivals und unfassbar viele Clubs, aber es gibt nur ein paar, die die Menschen aus der Branche immer wieder erwähnen, wenn sie über ihren Sommer reden. Dazu gehört das Ushuaia in Ibiza, Tomorrowland, Burning Man und immer wieder Parookaville…“
Was gefällt dir persönlich an dem Festival in Weeze?
Marten Hørger: „Das ist voll abgefahren, weil es einfach in Deutschland ist.“ (lacht) „Die allermeisten Shows finden für mich immer noch im Rest der Welt statt. Da ist es schwierig, seine Freunde um sich herum zu haben. Und bei Parookaville waren sie alle da, und wir hatten gemeinsam eine gute Zeit! Deshalb freue ich mich sehr, dass ich dieses Jahr wieder dabei bin und auf Bill’s Factory einen super Time-Slot habe.“
David Guetta holte Marten Hørger auf die Mainstage in Miami
Beim Ultra Music Festival in Miami warst du mit David Guetta sogar auf der Mainstage…
Marten Hørger: „Stimmt, das war ja auch noch 2023… krass! Ja man, das war richtig abgefahren, weil ich da überhaupt keinen Druck hatte.“
Warum?
Marten Hørger: „Ich bin ja nur während unseres gemeinsamen Lieds „Freaks“ zu David Guetta auf die Bühne. Wenn ich sonst auf die Bühne gehe, ist es meine Show und ich bin dann 60 Minuten dafür verantwortlich, dass das richtig gut wird. Das ist ein enormer Druck. In dem Fall hatte ich keine Verantwortung – ich musste nur darauf achten, dass ich nicht hinfalle und konnte es einfach nur genießen.“ (lacht)
Marten Hørger: „David hat mir einfach aus dem Nichts auf Instagram geschrieben. Das war an dem Tag, als ich mein erstes große Event in Los Angeles gespielt hatte – auch das gehörte einst zu meinen großen Zielen. Und in dem Moment, als ich zu dieser Party kam, kam die Nachricht.“
Wie ging es dann weiter?
Marten Hørger: „Wir hingen auf Facetime miteinander rum und haben ganz viel geredet…, über Musik und das Leben. Irgendwann fingen wir an, gemeinsam Musik zu machen. Wir haben viel ausprobiert, bis wir einen Song hatten, von dem wir beide überzeugt waren.“
Produzieren mit David Guetta: „Inspirierend und deprimierend zugleich“
Marten Hørger: „Mit ihm Musik zu machen ist einerseits wahnsinnig inspirierend und auf der anderen Seite auch total demotivierend.“
Wie meinst du das?
Marten Hørger: „Wenn ich mir unfassbar viel Mühe gegeben habe und dann völlig fix und fertig bin, dann weiß ich jetzt, dass David an diesem Punkt trotzdem einfach weitermachen würde.“
Letztlich ist aus eurer Zusammenarbeit „Freaks“ entstanden. Den Song hast du dann live am Baldeneysee in Essen getestet, als du vor dem Haupt-Act David Guetta aufgetreten bist….
Marten Hørger: „Ja, ich erinnere mich. Da haben wir festgestellt, dass der Song noch nicht perfekt funktioniert hat. Neue Musik probiert man am besten live aus. Jeder Produzent hat ein Bild im Kopf, was bei einem Song eigentlich passieren sollte und beobachtet genau, wie das Publikum reagiert. Und bei Freaks haben wir beide dann unabhängig voneinander noch einmal daran gefeilt, bis er perfekt war.“
Das hört sich nach einem langen Prozess an…
Marten Hørger: „Ich habe schon sehr hohe Ansprüche, aber David ist da noch krasser. Wir sind auch gerade bei einer neuen Sache auf einem richtig guten Weg und haben schon sehr viele Versionen. Ich denke, wir werden das Lied jetzt in den nächsten Wochen mal ausprobieren und schauen, ob es das schon ist oder ob wir da nochmal ranmüssen.“
Marten Hørger: „Ich bin ein Musik-Freak und Workaholic“
Noch einmal zurück zu „Freaks“ – bist du selbst ein Freak?
Marten Hørger: „Auf meine Art und Weise schon. Ich bin auf jeden Fall ein Musik-Freak und ein Workaholic.“
Tomorrowland 2023 - die Emotionen des Festivals in Bildern
1/79
Du hast Anfang diesen Jahres eine intensive, fünfwöchige Produktions-Phase in deinem Studio gestartet – reißt dich dann so ein Presse-Interview wie heute nicht aus dem Kreativ-Prozess?
Marten Hørger: „Nein, überhaupt nicht. Bevor unser Gespräch startete, war meine Arbeitszeit für heute vorbei.“
Aber wir haben doch jetzt gerade erst 13.30 Uhr…
Marten Hørger: „Ich fange sehr, sehr früh an. Mein … funktioniert am besten, wenn die Welt noch schläft. Ich stehe jeden Morgen um 5 Uhr auf und mache ganz in Ruhe Musik.“
Hast du früher mal davon geträumt als Musiker Karriere zu machen?
Marten Hørger: „Ich habe als Jugendlicher die Loveparade mit DJs wie Westbam im Fernsehen verfolgt und war fasziniert. Irgendwann wollte ich das als DJ auch selbst machen und ging in einen Plattenladen ein paar Käffer weiter.“
Der Weg von der Quetschkommode zum DJ-Pult
Dabei hätte es dein Vater lieber gehabt, wenn du auf einem speziellen Instrument als Musiker Karriere gemacht hättest, oder?
Marten Hørger (lacht laut): „Meine Eltern haben ein großes Gasthaus. Als Bayer hatte mein Dad immer den Traum, dass ich mit dem Akkordeon, also der Quetschkommode, im Restaurant sitze und da die Leute unterhalte. Das hat auch tatsächlich ein paar Mal geklappt, aber ich habe das Instrument einfach nicht so richtig gefühlt.“
Wie hast du dann den Absprung geschafft?
Marten Hørger: „Das Akkordeon ist tatsächlich gestohlen worden. Irgendeine höhere Macht hat mich davon befreit und Platz gemacht für neue Dinge. Ein Wink des Schicksals.“ (lacht)
Dann hast du dich auf das DJing konzentriert?
Marten Hørger: „Nein, ich war erstmal unfassbar viel skaten. Da gehörte aber wiederum auch Musik dazu. Mit 15 Jahren hatte ich dann Plattenspieler und habe im Keller Vinyl gemixt. Irgendwann habe ich mich dann in den Club Duala in Ravensburg etwas reingemogelt und durfte dort als DJ anfangen. Das lief dann viele Jahre und ich habe dort mal vor vielen Leuten, mal vor gar keinem aufgelegt. Das war mir aber egal. Es hat mich komplett ausgefüllt, als DJ mit Musik andere Menschen glücklich zu machen. Dieser Ansporn, etwas auf globaler Ebene etwas zu erreichen, kam bei mir erst viel später und erst dann habe ich angefangen, selbst Musik zu machen.“
Zwischen „einfach Musik machen“ und „erfolgreich Musik zu produzieren“ besteht ein großer Unterschied. Von deinem Erfolg träumen unzählige Musikschaffende – wie hast du es dahin geschafft?
Marten Hørger (überlegt): „… Ich verrate dir jetzt ein Geheimnis…, ich habe nicht wirklich musikalisches Talent beziehungsweise nicht mehr als andere Menschen. Wenn ich aber ein Ziel habe, dann habe ich unfassbar viel Drive und die Ausdauer dieses Ziel zu erreichen.“
Auf welchem Level siehst du dich aktuell?
Marten Hørger: „Mittlerweile kann ich relativ viel, aber nicht weil ich Talent hatte, sondern weil ich mir das hart erarbeitet habe. Ich bin einfach drangeblieben,… jeden Tag – egal ob es mir gut oder schlecht ging, egal ob ich Lust hatte oder nicht. Es hat lange gedauert und auf einmal funktionierte es. Wobei ich noch lange nicht da bin, wo ich hinwill – aber ich bin auf einem guten Weg.“
„Ich definiere meine Karriere dadurch, dass Leute meine Musik lieben“
Wo willst du hin?
Marten Hørger: „Ich habe eigentlich gelernt, dass man gar nicht so über seine Ziele reden sollte… aber ich möchte, dass alles noch größer und verrückter wird und meine Musik noch mehr Menschen erreicht und glücklich macht. Ich definiere meine Karriere dadurch, dass Leute meine Musik lieben – sitze ich nicht im Studio, gibt es keine Musik und dann auch keine Liebe.“
Du hast gerade mit der australischen House-Ikone Sonny Fondera das Lied „Levitate“ veröffentlicht, das sich ein wenig von deinem „Bass House“-Stil wegbewegt. Probierst du auch andere Musik-Stile aus?
Marten Hørger: „Wenn man sich nicht weiterentwickelt, ist alles vorbei. Bei jedem Künstler dauert es eine Weile, bis man sich traut, man selbst zu sein. Meinen Durchbruch als Produzent hatte ich in dem Moment, als ich nicht mehr versucht habe, wie jemand anderes zu sein, sondern die Musik gemacht habe, die ich fühle. Auf einmal waren all meine Idole und Helden da und wollten mit mir arbeiten.“
Parookaville 2023: Die schönsten Bilder vom Weezer Festival
1/79
Du warst mit deiner Musik als erstes gar nicht in Deutschland sondern in den USA und Kanada erfolgreich – wie erklärst du dir das?
Marten Hørger: „Das war die Macht des Internets – es gibt stets unterschiedliche Strömungen auf der Welt, welcher Musik-Stil gerade gefragt ist. Das Bass-Musik-Thema, was in den USA schon lange groß war, traf auf House-Elemente – und ich passte mit meinen Produktionen genau in diese Kombination. Mittlerweile hören überall auf der Welt Leute „Bass House“. Ich habe im letzten Jahr bis auf die Antarktis auf jedem Kontinent aufgelegt und überall kennen die Leute meinen Sound und haben Merchandise-Artikel von mir – das ist für mich noch immer total surreal.“
So bringt Marten Hørger seinen Tour-Manager ins Schwitzen
Du gehst auch gerne mal ins Publikum während deines Auftritts – auch wenn deinem Tour-Manager dann angst und bange wird. Warum ist dir die Nähe zu den Leuten so wichtig?
Marten Hørger: „Ich bin sehr dankbar für jeden, der zu meinem Auftritt kommt, Eintritt zahlt und mir ermöglicht, meinen persönlichen Traum zu leben. Ich habe gemerkt, wie sehr sich viele Gäste im Publikum freuen, wenn ich mir Zeit für sie nehme, rede mit ihnen, mache Fotos oder nehme sie in den Arm. Deshalb gehe ich so oft es geht beim letzten Song ins Publikum – auch wenn ich dafür regelmäßig Ärger bekomme, weil es nicht sicher ist – etwa Downtown in Los Angeles…“ (lacht)
Wie groß und wie wichtig ist das Team um dich herum?
Marten Hørger: „Enorm wichtig - es gehören mittlerweile sehr viele Personen zum Team. Es gibt einen Musik-Manager, einen Live-Manager, einen Reise-Planer, teilweise haben diese noch Assistenten sowie einen Social-Media-Manager und Tour-Manager. Dazu kommen an vielen Ort noch Agenten. Das sind bestimmt 15 Leute.“
Die leben ja von deinem Erfolg. Heißt: Du bist als Arbeitgeber auch für andere verantwortlich – ist das ein Druck für Dich?
Marten Hørger: „Manchmal schon - an schlechten Tagen spüre ich diesen Druck. Es ist aber auch eine positive Verantwortung – dieses Vertrauen, dass Menschen ihre Zukunft an dich binden. Das ist sehr motivierend.“
Was steht denn noch auf deiner Bucket List, wo noch kein Haken dran ist?
Marten Hørger: „Es gibt noch ein paar Künstler, mit denen ich gerne einmal arbeiten möchte. Und auch ein paar Festival-Bühnen, auf denen ich mal auftreten möchte. Ich stand jetzt zwar schon auf einigen der wichtigsten Bühnen der Welt, aber es gibt oft noch bessere Time-Slots. Wie zum Beispiel Tomorrowland-Mainstage und EDC in der Nacht.“
Das Festival Coachella in Kalifornien soll dich auch reizen…
Marten Hørger: „Auf jeden Fall! Das klappt sicher auch noch eines Tages…, ganz bestimmt…“ (lacht)
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.