Mönchengladbach. Für Allergiker beginnt im Frühjahr die leidvollste Zeit des Jahres: Während andere die ersten Sonnenstrahlen genießen, wird jeder Aufenthalt im Freien für sie zur Strapaze. Aber auch Allergiker können im Garten arbeiten, wenn sie einige Tipps und Tricks beachten..
Die ersten warmen Sonnenstrahlen locken die meisten Menschen nach draußen. Manche müssen sich nun aber erst recht ins Haus verziehen: Für Allergiker beginnt die leidvollste Zeit des Jahres. Wenn das Immunsystem auf Pollen und andere pflanzliche Stoffe überreagiert, wird gerade im Frühjahr jeder Aufenthalt im Freien zur Strapaze. Was können Allergiker tun, um sich wenigstens im eigenen Garten zu entspannen?
Den allergenfreien Garten gibt es nicht, sagt Anja Schwalfenberg vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) in Mönchengladbach. "Theoretisch kann jede Pflanze eine Allergie oder Überempfindlichkeit auslösen." Aber Betroffene können bei der Gartengestaltung die jeweils individuellen Allergieauslöser beachten. "Neben den verbreiteten Pollenallergien können bei Berührung mit Pflanzenteilen auch Kontaktallergien eine Rolle spielen", erklärt Schwalfenberg. "Pflanzendüfte können für Menschen mit überempfindlichen Atemwegen ein Problem sein. Pflanzen, die Bienen und Wespen anziehen, sind für Insektengiftallergiker mit Vorsicht zu genießen."
Verbreitung durch Wind und Insekten
Blütenpollen werden auf zwei Wegen verbreitet, erklärt die Biologin: Mit dem Wind oder mit Hilfe von Insekten. Um eine sichere Befruchtung zu gewährleisten, produzieren windblütige Pflanzen wie Hasel, Erle oder Birke große Mengen sehr feiner und leichter Pollen. Sie können über Hunderte von Kilometern weit fliegen. Davor ist kein sicherer Schutz möglich. "Man kann nur dafür sorgen, dass es im eigenen Garten keine zusätzliche Pollenquelle gibt."
Robert Markley, Geschäftsführer des Verbandes der Gartenbaumschulen in Haan (Nordrhein-Westfalen), hat in den vergangenen Jahren beobachtet, dass die Zeit des Pollenflugs immer früher beginnt. Konnten Pollenallergiker früher im Winter problemlos im Garten arbeiten, gibt es heute praktisch keine risikofreie Jahreszeit mehr. Aber auch er rät: "Man muss auf die spezielle Empfindlichkeit schauen, die bei jedem anders ist, und sich in der Baumschule vor Ort entsprechend beraten lassen."
Allergisch gegen Graspollen
Wer auf Graspollen allergisch reagiert, verzichtet besser auf Ziergräser. Doch was ist mit dem Rasen? Wer nicht nur Beete oder einen Steingarten anlegen will, sollte den Rasen so häufig mähen, dass das Gras nicht zum Blühen kommt, rät Schwalfenberg. Die Arbeit übernehme am besten ein beschwerdefreies Familienmitglied. "Denn der austretende Pflanzensaft enthält pollenverwandte Allergene und kann auch Heuschnupfen auslösen", erläutert die Expertin. "Außerdem können sich Pollen anderer Pflanzen, Pilzsporen und Staub zwischen den Grashalmen ansammeln."
Auch für die Beetbepflanzung gibt es Tipps: "Je prächtiger die Blüte, desto unproblematischer", sagt Helge Masch, Leiter des Botanischen Sondergartens in Hamburg-Wandsbek. Denn Pflanzen mit auffälligen Blüten zielen auf die Bestäubung durch Insekten ab. Sie begnügen sich mit wenigen Pollen, die zudem relativ groß und schwer sind. Der Gärtner gibt Pollenallergikern den Tipp, im Handel gezielt nach solchen Pflanzen mit dem Etikett "Bienenweide" zu suchen. Das sind neben Kräutern wie Salbei, Katzenminze und Thymian die meisten Sommerblumen und Stauden wie Storchschnabel, Frauenmantel, Stockmalve, Sonnenhut, Aster und Herbstanemone.
Hecken zur Abgrenzung des Grundstücks und von Beeten können zwar Staub und Pollen grob filtern, sagt Schwalfenberg. Sie werden aber bei Pflegemaßnahmen wie dem Schneiden auch wieder freigesetzt. Manche Heckenpflanzen wie Liguster haben zudem ein hohes Allergiepotenzial. Masch schlägt für niedrige Umfassungen die Berberitze vor, von der es auch immergrüne Arten gibt. Koniferen wie Thuja sind zwar hinsichtlich Pollen unproblematisch, können aber Kontaktekzeme auf der Haut verursachen. Auch Kirschlorbeer kann bei Berührung oder Schnitt allergische Reaktionen hervorrufen. Sein Saft reizt die Haut.
Als freiwachsende Hecken oder einzeln stehende Ziersträucher kommen alle Rosenarten sowie Forsythie, Deutzie, Hortensie, Spierstrauch oder Schneeball infrage. Markley hat noch einen besonderen Tipp für Allergiker: "Von vielen Gehölzen gibt es auch auf Zwergwuchs gezüchtete Gartenformen, die nicht zur Blüte kommen."
Der Zeitpunkt ist entscheidend
Wer im Garten arbeiten will, sollte außerdem grundsätzlich auf die Witterung achten. Wenn möglich, sollte man Gartenarbeiten nach Regen verrichten, raten die Experten übereinstimmend. Dann sei die Belastung deutlich geringer, weil der Regen die Pollen aus der Luft gewaschen habe. Bei der langfristigen Planung solle man zudem einen Pollenkalender zurate ziehen, empfiehlt Masch. Wer gegen Frühblüher allergisch ist, verschiebt umfangreiche Gartenarbeiten besser auf den Herbst. Wer auf Pilzsporen reagiert, nutze Frühjahr und Frühsommer.
Für die Pflege des Rasens empfiehlt Masch einen Mulchrasenmäher, der Staub und Pollen nicht aufwirbelt. Außerdem sollte man möglichst früh am Morgen mähen, wenn das Gras noch feucht ist. Oder der Rasen werde vor dem Mähen nass gemacht - "aber nur leicht feucht, nicht tropfnass", sagt Masch. Sonst schade man den Halmen und dem Gerät.
Duschzeit für die Pflanzen
Auch vor einem Heckenschnitt rät der Experte, die Pflanzen abzubrausen, damit Staub und Pollen abgewaschen werden. Um allergische Reaktionen beim Kontakt mit Pflanzensaft zu vermeiden, sind bei Schnittarbeiten lange Ärmel und Handschuhe Pflicht. "Grundsätzlich ist bei jeder Gartenarbeit Haut bedeckende Kleidung angeraten, unter Umständen auch Mundschutz und Sportbrille", sagt Masch. Nach längerem Aufenthalt im Freien sollten Allergiker immer die Kleidung wechseln und die Haare waschen, um keine Pollen ins Haus zu tragen.
Kommt es trotz Vorsichtsmaßnahmen zu allergischen Symptomen, beendet der Hobbygärtner die Arbeit möglichst sofort und lindert die akuten Beschwerden mit antiallergischen Medikamenten. "Langfristig sollte man durch einen Arztbesuch klären, ob eine Hyposensibilisierung möglich ist", rät Schwalfenberg. Bei gängigen Pollenallergien lassen sich die Symptome damit in den meisten Fällen lindern. Und dann lässt sich der Garten auch wieder unbeschwerter genießen. (dpa)