Aumühle. . Peter Maly zählt zu den bekanntesten Designern in Deutschland. Sein Name steht für zeitlose Möbel. Im Gespräch erklärt er uns den Unterschied zwischen den angesagten Retro-Möbeln und Klassikern in der Design-Welt.
Peter Maly ist aus der deutschen Möbel-Design-Szene nicht wegzudenken. Wir haben ihn zum neuen Wohntrend befragt, die 50er-Jahre wiederzubeleben.
Herr Maly, ich möchte Ihnen gern ein paar Fragen zum Thema Retro-Möbel stellen ...
Peter Maly: Gern will ich mich bemühen, Ihnen Antworten zu geben. Doch ich bin etwas voreingenommem, denn die Dinge, die heute als Retro bezeichnet werden, stammen aus der Zeit meines Innenarchitektur- Studiums (Abschluss 196o). Und mein allererstes Möbelstück, das Gesellenstück, das ich zum Abschluss meiner Tischlerlehre mit eigenen Händen 1957 anfertigte, war ein Sideboard, das mit seinen schräggestellten Füßen ganz dem Zeitgeist der 5oer-Jahre folgte – man würde es heute ganz klar unter Retro oder Vintage einordnen.
Der aktuelle Einrichtungstrend der 50er- und 60er-Jahre - ist das auch eine Verklärung der damaligen Zeit?
Peter Maly: Natürlich ist hier eine Art von Vergangenheits-Verklärung im Spiel, denn deutsche Möbel der 5oer waren ja schon ziemlich schrecklich - zumindest in den Augen eines Produkt-Designers. Cocktail-Sesselchen, Tütenleuchten und natürlich Nierentische sind beileibe keine Design-Ikonen. Aber sie waren natürlich auch eine Befreiung vom behäbig-altdeuschen Einrichtungsstil der Elterngeneration, ihre Leichtigkeit und Farbigkeit entsprach dem Lebensgefühl der Nachkriegs-Generation. Allerdings – sie waren auch das ganze Gegenteil von zeitlos. Sie waren absolut kurzlebig und modisch. Im Ausland entstanden damals die ersten wirklichen Design-Klassiker: Charles Eames entwarf seinen Lounge-Chair, Arne Jacobsen den berühmten Egg-Chair, Verner Panton seine Tütensessel. Richtig los ging es dann mit dem Design in den 6oer-Jahren. Damals entstanden wirklich großartige Möbelentwürfe von namhaften Designern wie zum Beispiel Hans Wegener, Paul Kjerholm, Dieter Rams oder Rolf Heide, die heute immer noch so jung und modern sind wie zu ihrer Entstehungszeit.
Greifen Sie selbst Ideen vergangener Zeiten auf, um sie weiterzuentwickeln? Wenn ja, wie gehen Sie vor?
Peter Maly: Nein,das tue ich gar nicht. Es gäbe sicher einige meiner frühen Entwürfe, die man durchaus wiederbeleben könnte, aber ich denke lieber nach vorn!
Was ist der Unterschied zwischen Retro-Möbeln und Klassikern?
Peter Maly: Das ist sehr einfach: Retro kann so ziemlich alles sein, was in etwa dem Zeitgeist der 50er und 6oer entspricht – das ist oft allerdings ohne Designqualität und Authentizität. Im Gegensatz dazu der Design-Klassiker: Er ist immer von einem namhaften, stilprägenden Designer der jeweiligen Zeitperiode entworfen und die Äuthentitität ist gewährleistet .
Wie wird ein Möbel-Stück zum Klassiker?
Peter Maly: Zum Klassiker wird ein Möbelstück, wenn es die hohe Designqualität besitzt, die notwendig ist, um den Zeittest zu bestehen. Dieser wird von der Zeitschrift „Schöner Wohnen“, die Bücher zu diesem Thema herausgibt, mit einer Mindestzeitspanne von 1o Jahren beziffert, in der das betreffende Möbel unverändert produziert wird.
Nostalgie - Inwiefern spielt das beim Möbel-Design oder -Verkauf eine Rolle?
Peter Maly: Es kommt natürlich darauf an, wie man diesen Begriff auslegt. Nostalgie im Sinne von Omas Plüschsofa oder Petroleumlampe spielt im Möbel-Handel sicher keine Rolle mehr, und ein Designer würde sowas auch nicht mal mit der Kneifzange anfassen.Wenn Sie allerdings Nostalgie als den Wunsch verstehen, sich mit zeitbeständigen modernen Klassikern einzurichten, so ist das natürlich etwas ganz anderes! Der anspruchsvolle Möbelhandel liefert diese Klassiker in hoher Qualität und in erfreulichen Stückzahlen. Sie werden bei renommierten Herstellern nach den Original-Entwürfen gebaut, oft in noch besserer Qualität, als es zu Entstehungzeit technisch möglich war. Wir Designer von heute müssen uns ganz schön anstrengen, um auf diese berechtigten Wünsche nach langlebigem Mobiliar mit zeitgemäßen Entwürfen antworten zu können, denn diese Ansprüche sind absolut legitim! Dahinter steht der durchaus verständliche Wunsch, etwas Bleibendes um sich zu haben, etwas,das auch nach vielen Jahren Ausstrahlung und Klasse besitzt und nicht schon nach einer Saison wieder „out of time“ zu sein.