Essen. Wer einmal um die ganze Welt reist, kann schnell in einem Fettnäpfchen landen. So verschieden verstehen die Menschen Gesten und Gewohnheiten. Ethnologen untersuchen diese kulturellen Unterschiede. Wer die Regeln kennt, kann Fettnäpfchen leichter umgehen.
Während in Europa und Nordamerika ein fester Händedruck zur Begrüßung häufig immer noch zum guten Ton gehört, gibt es Kulturkreise, in denen die angebotene Hand eher zu einem Stirnrunzeln führt. In Japan etwa begrüßt man sich gern mit einem leichten Verbeugen. In Thailand ist Körperkontakt jeglicher Art zwischen den Geschlechtern in der Öffentlichkeit verpönt, gerade der Kopf eines Menschen, der Sitz der Seele, sollte dort nicht berührt werden.
In anderen Kulturkreisen wird dagegen schon nach kurzer Zeit bei Bekannten die Wange zum angedeuteten (!) Begrüßungskuss angeboten. Und das meist nicht nur für einen Bussi. In Italien sollten es drei sein, in Spanien und Frankreich darf es auch schon mal einer mehr sein. Doch auf welcher Seite fängt man an, um sich statt des gehauchten Kusses keinen Nasenstüber zu holen? Da heißt es: Augen auf und die Einheimischen beobachten. Denn je nach Region gibt es wieder andere Regeln für die Kussreihenfolge. Im Zweifelsfalle gilt auch hier rechts vor links. So hat der Bochumer Biopsychologe Onur Güntürkün festgestellt, dass zwei Drittel aller Menschen beim Küssen auf den Mund den Kopf nach rechts neigen.
Pünktlichkeit ist eine Tugend. Gilt das nur in Deutschland?
In Südspanien nimmt man es niemandem krumm, wenn er es mit der Zeit nicht so genau nimmt. Eine Viertelstunde später? Wen stört das? In Brasilien empfinden viele Menschen pünktliches Erscheinen sogar als unangemessen. Wobei man dort einen Fremden eher warten lässt als einen Freund.
Und seien wir ehrlich: Selbst hierzulande wird Pünktlichkeit ein immer dehnbarerer Begriff. Durch eine SMS „Bin unterwegs!“ wahrt man den Eindruck der Pünktlichkeit, selbst wenn man eine halbe Stunde zu spät ist. In Japan gilt ein eingehaltener Zeitplan übrigens als genauso wünschenswert wie in Deutschland. Angeblich sollen da auch die Züge stets zur gewünschten Zeit anrollen.
Freut sich nicht jeder Gastgeber darüber, wenn ich ihm etwas mitbringe?
Wer einen Strauß schenken möchte, sollte in Russland die Blumen abzählen. Eine gerade Anzahl gibt es dort meist nur im Trauerfall. Und selbst der beste Apfelkuchen kommt in Indien und vielen islamischen Ländern nicht als Mitbringsel gut an, wenn man ihn mit der linken Hand überreicht. Die linke Hand wird dort nur für hygienische Zwecke eingesetzt.
Wer zuerst kommt, mahlt zuerst?
In Großbritannien hat der Erste auch das erste Recht, allerdings nicht der Stärkste oder Schnellste: Wer dort wie in Deutschland an den Schlangen vorbei auf die nächste geöffnete Kasse im Supermarkt stürmt, zeigt sich als unhöflicher Rüpel. Das korrekte Schlange-Stehen gilt für die Engländer als eine der höchsten Tugenden. Auch in Norwegen haben ungeduldige Menschen kaum eine Chance. „Die Norweger drängeln nicht“, schreibt der Marco-Polo-Reiseführer.
Gut Ding will Weile haben. Allerdings gilt das nicht für den Bierausschank: „Gezapft wird mit sehr wenig Kohlensäure und deshalb in weniger als 15 Sekunden – und zahlen müssen Sie sofort.“ Wer dagegen in Italien zu viel der vornehmen Zurückhaltung übt, sollte sich an den stark befahrenen Straßen Roms auf Wartezeiten einstellen. Ohne einen energischen ersten Schritt auf den Zebrastreifen wird ein Überqueren oft unmöglich. Am besten übt man das und folgt unauffällig einem resoluten Italiener.
Wie mache ich deutlich, dass ich etwas nicht möchte?
In Japan gilt ein striktes Nein als unhöflich. Da sind ausweichende Worte der bessere Weg. Kopfschütteln ist auch nicht immer die Lösung. Denn in manchen Regionen dieser Erde könnte man damit genau das Gegenteil signalisieren. Zum Beispiel wird in Indien und Sri Lanka leichtes Kopfwackeln als Zustimmung interpretiert.