Memphis. . Sie hatten nur wenige gemeinsame Jahre – Elvis und seine Tochter Lisa Marie. Die 44-Jährige erinnert sich heute, wie er einst nachts ihren Schlaf behütete. Und sie kümmert sich um das Erbe des King Of Rock’n’Roll seit sie 16 Jahre alt ist.

Der berühmte Vater starb, als sie selbst noch ein kleines Kind war. Welche Erinnerungen bleiben, wie lebt man mit solch einem Erbe? Lisa Marie Presley hat offen geantwortet. Wir haben die 44-Jährige in einem Londoner Nobelhotel getroffen, in dem sie stolz ihr gerade drittes Soloalbum „Storm & Grace“ präsentierte. Fragen über Religion – sie soll bis vor einigen Monaten wie ihre Mutter Mitglied bei Scientology gewesen sein – und ihre berühmten Ex-Männer Nicolas Cage und Michael Jackson blieben ein Tabu.

Was war die erste Musik, die Sie als Kind hörten?

Lisa Marie Presley: Das war die Musik meines Vaters und seinen Backgroundsängerinnen, den Sweet Inspirations. Ich kannte sein Frühwerk damals nicht so gut. Ich liebte aber die Musik, die er in den Siebzigern machte, wo ich bei ihm war. Damit kenne ich mich am besten aus und verbinde auch viel damit. Aber auch Neil Diamond, die Partridge Family und Elton John habe ich viel gehört. Damals war ich gerade mal vier oder fünf Jahre alt.

Bild aus glücklichen Tagen: Lisa Maria, Elvis und Priscilla Presley (v.l.)
Bild aus glücklichen Tagen: Lisa Maria, Elvis und Priscilla Presley (v.l.) © Getty Images

Sie haben bei den Festlichkeiten zum 35. Todestag Ihres Vaters ein Duett via Leinwand mit ihm gesungen. Es war schon das dritte Duett. Ist es nicht merkwürdig für Sie, sich auf diese Weise mit Ihrem Vater musikalisch zu vereinen?

Lisa Marie Presley: Eigentlich nicht. Aber der letzte Song, den ich mit ihm im August bei den Feierlichkeiten gesungen habe, war schon recht obskur. Er war so jung, als er „I Love You Because“ aufnahm. T-Bone Burnett, der jetzt auch mein Album produziert hat, hat das Lied ausgesucht. Ich hatte es noch nie zuvor gehört und wunderte mich, wo er es gefunden hatte. Der Song stammt vom ersten Elvis-Album überhaupt. Und weil der Song aus den Fünfzigern und so einfach ist, war es umso schwieriger für mich, die richtige Harmonie zu finden. „In The Ghetto“ und „Don’t Cry Daddy“ waren zuvor wesentlich einfacher für mich zu singen.

Haben Sie auch Duette mit Elvis gesungen, als er noch lebte?

Lisa Marie Presley: Nein. Nicht mal mehr bei uns zu Hause in Graceland. Ich habe meistens Klavier gespielt. Ich glaube nicht, dass ich überhaupt jemals vor meinem Vater gesungen habe.

Seitdem Sie 25 Jahre alt sind, kümmern Sie sich auch um seinen Nachlass.

Lisa Marie Presley: Eigentlich habe ich sogar noch früher damit angefangen. Schon mit 16 Jahren fing ich an, an allen Meetings rund ums Geschäft teilzunehmen.

Hatten Sie nie das Gefühl, von all dem weglaufen zu müssen, weil Sie durch diese Aufgabe auch ständig an seinen frühen Tod erinnert werden?

Lisa Marie Presley: Nein, nein, diese Momente hat es nie gegeben. Es ist einfach ein Instinkt in mir vorhanden, ihn und sein Erbe beschützen zu wollen. Der war immer da. Ich muss es tun. Ich muss sicher gehen, dass sein Erbe überlebt und zwar auf die Art, wie er es sich gewünscht hätte.

Was ist mit Ihren vier Kindern? Würde es Ihnen gefallen, wenn die Ihnen die Arbeit eines Tages abnehmen?

Lisa Marie Presley: Ja, absolut. Ich habe ihnen schon eingebläut, dass sie eines Tages ihren Rücken dafür gerade halten müssen. Als ich zu seinem 35. Todestag in Memphis eine Ansprache halten sollte, habe ich versucht, meinen Sohn Benjamin dazu zu bewegen, mit mir auf die Bühne zu kommen. Ich sagte ihm: „Du musst das hier eines Tages sowieso übernehmen.“ Auch die Fans hatten darum gebeten, ihn zu sehen. Sie lieben ihn jetzt schon, er sieht seinem Großvater so unwahrscheinlich ähnlich. Aber er ist einfach schrecklich schüchtern.

„Er wirkte übermenschlich groß“

Warum haben Sie sich eigentlich für die Musik entschieden? Wenn Sie beispielsweise Malerin geworden wären, hätten Sie es einfacher gehabt.

Lisa Marie Presley: Ich kann überhaupt nicht malen. Nicht mal mehr ein Strichmännchen krieg ich hin. Wenn sie meine Malereien sehen würden, wüssten sie, warum ich Musik mache.

Wenn man Fotos von Ihnen sieht, ist da auch immer Melancholie in Ihrem Ausdruck. Woher kommt die?

Lisa Marie Presley: Das sagte man mir schon, als ich noch ganz klein war. Es hängt wohl damit zusammen, dass ich schon in sehr jungen Jahren Schlimmes erlebt habe. Ich habe zu viel gesehen in zu jungem Alter – und es waren nicht immer schöne Dinge. Das macht mich vielleicht etwas ernster als andere Menschen. Ich bemühe mich wirklich, mehr zu lächeln, aber es fällt mir zugegeben schwer. Aber ich bin aber auch kein Popact, so dass ich mich so geben müsste.

Was ist Ihre denkwürdigste Erinnerung an Ihren Vater?

Lisa Marie Presley: Am liebsten denke ich daran, wie es war, einfach nur mit ihm alleine zu sein. Er hielt sich viel in meinem Zimmer auf. Er war immer bei mir. Und ich habe es genossen, Zeit mit ihm alleine zu verbringen. Er wirkte so übermenschlich groß – er leuchtete geradezu für mich. Selbst wenn ich in der Nacht aufwachte, saß er da und guckte bei mir Fernsehen. Das sind meine schönsten Erinnerungen.

„Ich kenne meine Wurzeln“

Waren Sie eigentlich mal in Bad Nauheim?

Lisa Marie Presley: Wo bitte?

In der hessischen Stadt, wo Ihr Vater lebte, während er in der Armee diente.

Lisa Marie Presley: Oh, Sie meinen den Ort wo mein Vater meine Mutter kennenlernte? Wie heißt die Stadt noch gleich!? Ach ja, Wiesbaden! Dort haben sie sich verliebt. Er mag in dem anderen Ort gewohnt haben, aber in Wiesbaden war er stationiert. Ich selbst war noch nie dort. Aber ich kenne meine Wurzeln. Ich habe Bilder davon gesehen wie meine Mutter zum Abschied dastand, als mein Vater ins Flugzeug stieg, um zurück in die USA zu fliegen.

Können Sie denn wenigstens „Muss i denn zum Städtele hinaus“ singen? (Wir singen das Lied Frau Presley vor)

Lisa Marie Presley: (lacht) So wie mein Vater? Ich wünschte in diesem Moment wirklich, ich könnte es! Aber er hat es mir nie beigebracht.

  • CD: Lisa Marie Presley „Storm & Grace“ (Universal)