Brandon Flowers, Sänger der Killers, spricht über die US-Wahl zwischen Barack Obama und Mitt Romney sowie Liebe und Hass der Fans. Und er zeigt mit dem neuen Album Ehrgeiz im Wettstreit gegen die Britrocker Muse.

Wer zum wiederholten Mal zu einem Interview mit den Killers antritt, muss entweder eine sadomasochistische Ader besitzen, die Herausforderung lieben oder schlichtweg Fan der vier Musiker sein. Denn die beste Britpopband aus Las Vegas hat mittlerweile eine Reputation dafür, sich in Anwesenheit von Journalisten nicht gerade den Mund fusselig zu reden. Andererseits: Niemand ist so freundlich und angenehm beim Nichtssagen wie Brandon Flowers. Und zur Not kann man den attraktiven Frontmann ja auch einfach nur angucken.

Insofern ist die Freude auf ein entspanntes Gespräch mittels weniger Worte durchaus vorhanden, als sich die Herren in einem Wiener Designhotel einfinden. Immerhin: Eine herzliche Begrüßung mit einem Küsschen auf die Wange gibt es für die Hartnäckigen, die sich nicht abschütteln lassen. Während ich mich noch frage, ob streng gläubige Mormonen – wie die Killers es sind – so etwas dürfen, sitzt mir Herr Flowers mit erwartungsvollem Dackelblick gegenüber. Fallen wir mit der Tür ins Haus.

Das vierte Killers-Album trägt den Titel „Battle Born“, also: aus dem Kampf geboren, was einerseits für den im US-Bürgerkrieg entstandenen Slogan auf der Flagge Nevadas steht, andererseits für das gleichnamige Studio der Band in Las Vegas. Ist das ein patriotisches Statement? „Das kommt darauf an, was du unter Patriotismus verstehst“, meint Flowers. „Manche betrachten es als schlimm, patriotisch zu sein. Für mich ist daran nichts falsch, positive Gefühle für den Ort zu hegen, von dem du stammst. Die Definition von Patriotismus ist ja nicht, dein Land zu lieben und alle anderen zu hassen. Es ist einfach nur Heimatliebe.“

„Amerika braucht ein bisschen Liebe“

Fünf Sätze in Folge – mehr, als man erwarten konnte. Flowers legt sogar noch mal nach: „Amerika braucht doch ein bisschen Liebe in diesen harten Zeiten. Obwohl es eh scheint, als würde sich das Blatt langsam wenden.“ Er schmunzelt undurchsichtig. Und wir wagen uns in den heißen Wahlkampf-Herbst vor.

The Killers
The Killers © Williams + Hirakawa / Universal

Der Sänger hat sich letztes Jahr mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten und bekennenden Killers-Fan Mitt Romney zum privaten Dinner in Vegas getroffen. Was gar nicht so verwunderlich ist, wenn man weiß, dass der Obama-Herausforderer wie Flowers Mormone ist – in der fünften Generation. Was wurde da besprochen? „Nichts wirklich Schwerwiegendes“, beteuert der dreifache Familienvater. „Wir haben uns jedenfalls nicht über geplante politische Schritte unterhalten. Aber unser Glaube ist definitiv etwas, was uns beide verbindet.“

Romney? Obama? Keine Präferenzen!

Anders als der Musiker vermeidet Romney indes in der Öffentlichkeit, über sein Mormonen-Leben zu reden. „Ich habe ihn schon ein wenig darüber reden gehört: Er spricht also nicht nicht darüber“, nimmt der 31-Jährige den Glaubensbruder in Schutz. Er ist in der Zwickmühle: Im Juli 2010 hatte er mit den Killers Ohrwürmer wie „God Bless America“ für Barack Obama im Weißen Haus gespielt! Wofür steht er denn nun? „Ich habe keine Präferenzen“, sagt er und legt sein Pokerface auf. Nun gut, einen Versuch war es wert.

Kommen wir zu anderen unangenehmen Themen. Mit ihrem verkitschten Werk „Day & Age“ haben die Killers reichlich verbrannte Erde hinterlassen und sich den einen oder anderen Hasser zugelegt. Was kurios ist, schließlich war der fröhliche Tanzflächenfüller „Human“ ihr größter Hit in Deutschland.

„Es gab uns gegenüber immer schon Liebe und Hass“, so Flowers. „Erst haben sie uns die Anglophilen genannt. Dann haben wir eine amerikanisch klingende Platte wie ,Sam’s Town’ veröffentlicht und damit polarisiert.“ Flowers räumt ein, dass jede Killers-Platte eine Reaktion auf die Vorherige ist. Somit ist „Battle Born“ deutlich gitarrenlastiger ausgefallen, weist Referenzen zu Bruce Springsteen und Tom Petty auf, ohne auf hymnischen Pop zu verzichten.

Sein Wetteinsatz: 100 Euro

„Aber dieses Album haben wir nicht gemacht, damit Leute, die uns nicht mögen, uns nun mögen“, betont der Chef der Killers, der inzwischen lieber Lederjacke trägt als sein mit Federn dekoriertes Sakko: „Es sind die Songs, die wir lieben und live performen wollen.“

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„Battle Born“ kommt am gleichen Tag heraus, an dem eigentlich auch die neue Platte des Britrocktrios Muse hätte erscheinen sollen. Gut, dass Muse den Veröffentlichungstermin ihres Albums um zwei Wochen nach hinten geschoben haben, denke ich laut. „Ja, Glück für sie!“ entgegnet Flowers. Offensichtlich lässt ihm das keine Ruhe. Fünf Minuten später kommt er aus heiterem Himmel darauf zurück: „Worum sollen wir wetten, dass die neue Killers-Platte mehr verkauft wird als das Muse-Album?“ Seine Augen funkeln angriffslustig, in ihnen spiegelt sich das Zockertum der Casinos wider. „Gib ihnen den Olympia-Auftritt und auch noch das nächste Jahr. Ich wette um 100 Euro.“

Ich wollte immer schon mal mit einem waschechten Bewohner des Spiele-Mekkas wetten und schlage ein. Allerdings gegen meine Überzeugung: Denn während die Killers ein schönes Album aufgenommen haben, das wie aus einem Guss klingt, erinnern die neuen Songs der sonst überlegenen Muse an die Resterampe eines Gemischtwarenladens. Bisher ist das Verhältnis mit jeweils 15 Millionen verkauften Platten weltweit ausgeglichen. Aber wie heißt es? Abgerechnet wird zum Schluss . . .

  • The Killers „Battle Born“ (Island/Universal)