Duisburg. . Eine Ausstellung in Duisburg betrachtet den Zweiten Weltkrieg aus Sicht der Dritten Welt. Sie liefert interssante Fakten: Warum schon 1935 alle Zeichen auf Konflikt standen – und wieviele Tote im Süden zu verzeichnen waren.

Als die Bundeswehr 1993 in Somalia bewaffnete Entwicklungshilfe betrieb, war sie vorbereitet auf Mühselige und Beladene, auf Betrüger und Banditen, aber doch nicht auf einen italienischen Triumphbogen am Marktplatz von Beled Uen. Wohlgemerkt, nicht allzu weit vom Horn von Afrika! Der Bogen war in beklagenswertem Zustand, zynisch könnte man sagen, wie die ganze Stadt; doch erinnerte er noch mit letzter Kraft an Italiens (sehr vorübergehende) Erfolge im Krieg gegen Äthiopien.

Kämpfe über Mai 1945 hinaus

Mit dem am 3. Oktober 1935 der 2. Weltkrieg begann. Jeder afrikanische Historiker sieht das so, und man gibt ihnen sofort Recht, wenn man nur erst die Ausstellung „Die Dritte Welt im 2. Weltkrieg“ in Duisburg besucht hat. Sie sieht den Krieg aus der Perspektive des Südens und räumt als erstes die eurozentrische Datierung „1. September 1939 bis 8. Mai 1945“ ab. Vier Jahre vorher begann der Krieg Italiens, zwei Jahre vorher der Japans in China; und in Ostasien wurde noch Monate über den Mai 1945 hinaus gekämpft.

Yoro Ba aus dem Senegal kam sogar erst 1947 wieder nach Hause, er war einer von Millionen Afrikanern in den Armeen der Kolonialmächte. Die Franzosen zogen ihn 1940 ein, 1941 kämpfte er für das Vichy-Regime, das mit Deutschland kollaborierte, gegen einen alliierten Angriff auf Dakar; dann, nach dem Seitenwechsel, war er bei der Invasion in der Normandie dabei. So etwas wie eine Soldaten-Pension zahlt Frankreich dem alten Mann allerdings erst seit 2007 – und dann 13 Euro im Monat! „Für die Franzosen sind wir immer noch die kleinen Negersoldaten“, sagt ein anderer Veteran.

21 Millionen tote Chinesen

Afrikanische Soldaten beim Winterfeldzug in Nordfrankreich. Foto: S.I.R.P.A.
Afrikanische Soldaten beim Winterfeldzug in Nordfrankreich. Foto: S.I.R.P.A. © 3. Welt im Zweiten Weltkrieg

Es ist insgesamt eine Perspektive, die Europa nicht kennt: Während seine Toten bis in den letzten Winkel gezählt sind („1400 Opfer in Dänemark“), kommen „die Opfer aus der Dritten Welt in den Statistiken schlechthin nicht vor“, so Karl Rössel, einer der Ausstellungsmacher aus dem „Rheinischen Journalistenbüro“: Man wolle „die Ignoranz gegenüber der außereuropäischen Geschichte des 2. Weltkriegs durchbrechen“. Seit Ende 2009 reist die Ausstellung durch Mitteleuropa, hat auch ein Buch und Unterrichtsmaterialien hervorgebracht und ist in einer etwas textlastigen B-Version bald wieder in Duisburg zu sehen.

Und was da alles steht: Brasilianer kämpften mit vor Monte Cassino, Bomben fielen auch auf Sri Lanka, das Uran für die Atombomben kam aus Kongo – und Vichy-Frankreich lieferte aus seinen Kolonien Eisen, Getreide und Fleisch für Rommels Afrika-Korps. 21 Millionen Chinesen starben unter japanischer Besatzung, die Zahl steht in keinem europäischen Geschichtsbuch; und hätten sie gedacht, dass es in den meisten afrikanischen Ländern Veteranenverbände gibt? Man trifft sich in Ouagadougou ganz gern im „Maison d’anciens combattants“.

Nach Rasse getrennt bestattet

Oder: Nach dem Kampf gegen das Afrikakorps begruben die Südafrikaner ihre Toten in Massengräbern; nachdem der Krieg weitergezogen war, öffnete die südafrikanische Armee die Massengräber und bestattete die Toten nach Hautfarben getrennt. Umgekehrt kämpften zehntausende muslimische Freiwillige bei der Waffen-SS, arabische Politiker knüpften die zartesten Bande zum NS-Regime, und für das erhoffte Kolonialreich in Afrika hatten vorauseilende Juristen bereits ein „Kolonialblutschutzgesetz“ geschrieben.

Vieles davon wissen nicht einmal Spezialisten. Mit Japans Angriff auf Pearl Harbor Ende 1941 sei der Krieg zum Weltkrieg geworden, steht ernsthaft in deutschen Schulbüchern.

„Wer die Mittel besitzt, bestimmt auch die Themen, Theorien und Richtungen der Forschung“, sagt Professor Kum’a Ndumbe aus Kamerun: „Opfer aus der Peripherie zählen deshalb nicht.“

  • Die Dritte Welt im 2. Weltkrieg“ vom 2. bis 13. Mai in Duisburg, Internationales Zentrum der VHS, Flachsmarkt 15. Geöffnet montags bis freitags 16 bis 20 Uhr, zusätzliche Zeiten nach telefonischer Verabredung. Telefon: 0203/283 3962

www.3www2.de