Essen. . „Kunst interessiert keine Sau“ meint Kunstkritikerin Sandra Danicke und bringt uns behutsam den großen Werken näher. Dabei führt sie ebenso kenntnisreich wie unterhaltsam ihre eigene Titelthese ad absurdum.

Mehr als 100 Millionen Eintrittskarten verkaufen deutsche Museen und Ausstellungshäuser im Jahr. So viel Andrang verzeichnen nicht mal die Fußballstadien.

Schon diese Zahl genügt, um Sandra Danickes Behauptung „Kunst interessiert keine Sau . . .“ in Nullkommanix zu widerlegen. Und doch ist es nicht verkehrt, sich für dieses mit seinem provokanten Titel und dem kreischend pinken Umschlag etwas spekulativ daher kommende Sachbuch zu interessieren.

Ohne Fach-Chinesisch

Sandra Danicke, promovierte Kunstkritikern und Autorin renommierter Kunstmagazine, tut nämlich etwas sehr Lobenswertes. Sie erklärt Kunst, die es beim breiten Publikum gemeinhin schwer hat, für das breite Publikum. Danicke schafft das ohne Fach-Chinesisch und Kunsthistoriker-Kauderwelsch, das Laien sonst schnell in die Kunstbanausen-Ecke stellt. Die Kunstkennerin nähert sich den Kunstkritischen vielmehr durch deren Blickwinkel. Schaut beispielsweise auf Cy Twomblys abstraktes Farbgewitter „Lepanto VII“ und fragt erst mal despektierlich: War hier eine Horde Kleinkinder mit farbgefüllten Wasserspritzpistolen zugange?

So direkt, wie sie die Vorurteile anspricht, so fachkundig wie unterhaltsam widerlegt sie sie auch wieder. Deshalb gerät dieses schmale Büchlein zum leicht konsumierbaren Kunstführer, der mit wenigen Sätzen und einfach Worten von Dieter Roths Literaturwürsten zu Joseph Beuys Filzanzug führt, von Yves Kleins magischem Blau zu den Edelstahl-glänzenden Hoppelhäschen, deren Vorbilder Jeff Koons in New Yorker Ramschläden fand.

Anekdotisch und kundig

Anekdotisch und kundig, unterhaltsam, aber nicht oberflächlich, schlüsselt Danicke die abgebildeten Werke jeweils mit wenigen Erläuterungen auf. Fragt, was einen Künstler wie Erwin Wurm dazu bewegt, ein ganzes Gartenhaus auf das Dach des Wiener Museums MOMAK zu wuchten. Sinniert, warum Martin Creed den hoch angesehenen Turnerpreis dafür bekam, das Licht in einem Ausstellungsraum alle paar Sekunden an und aus zu schalten. Und erklärt, was Andreas Slominskis tütenbeladenes Museumsrad mit Dürers Hasen und Mona Lisa verbindet: Es darf aus konservatorischen Gründen längst nicht mehr ausgeliehen werden.

  • Sandra Danicke: Kunst interessiert keine Sau. Belser, 88 Seiten, 12,95 Euro