Köln. .
Lebendig, risikofreudig, innovativ. Die 45. Art Cologne zeichnet den Aufschwung in schönsten Farben. Bis zum 17. April ist Köln wieder Mekka der Kunstszene, ein Überblick.
Was wird geboten?
Gutes und Teures, wie seit 45 Jahren. Rund 200 Galerien aus 22 Ländern geben einen Überblick von der Klassischen Moderne über die Nachkriegskunst bis zur fast noch atelierfrischen Farbe. Wobei die Art Cologne eher als Bausparkasse denn als Bad Bank der Kunstanleger gilt. Man geht gern auf Nummer Sicher. An jeder zweiten Ecke findet sich ein Heckel, Macke oder Nolde, dessen „Vase mit Blumen“ für 580 000 Euro angeboten wird. Den Spitzenplatz belegt Kirchners „Totentanz der Mary Wigman“ für 4,3 Millionen Euro. Das deutsche Informel ist reich vertreten wie die Zero-Künstler Uecker, Piene und Mack. Abgesichert und beständig wie die Kunst präsentiert sich auch das Stammpublikum. „Ich kenne Leute, die kommen immer am Donnerstag Punkt 14 Uhr, das hat Tradition“, erzählt der Münchner Galerist Walter Storms, seit 28 Jahren am Rhein dabei.
Wer sind die Stars?
Man muss nicht den „Capital“-Kompass studieren, um zu ahnen, dass Gerhard Richter weiterhin zu den Marktführern des Leinwand- Gewerbes gehört. Sein bei Löhrl für „unter einer halben Million“ gehandeltes Abstraktes Bild von 1981 ist auf einer Messe sowieso die Ausnahme. Normalerweise sind Richter- Bilder vergeben, bevor die Farbe überhaupt getrocknet ist. Dafür hat sich Neo Rauch Köln für eine spektakuläre Premiere ausgesucht. Der Leipziger Malerstar hat sich nach seinen monumentalen Gemälden nun an die erste monumentale Bronze gewagt. Wer die 600 000 Euro für das gewichtige Mischung aus Mensch und Tier (mit Benzinkanister) hinblättert, darf seine Neuerwerbung gleich an das Museum Burda in Baden-Baden weiterreichen, wo Rauchs „Nachhut“ ab Mai gedeutet werden kann: Als Brandstifter oder Überbringer der letzten Rohstoff-Reserven, wer weiß das schon bei Rauch.
Und die Krise?
„Ist überwunden“, heißt es nicht nur beim Düsseldorfer Galeristen Hans Mayer. „Viele Leute realisieren, dass sie mit der Kunst ihr bestes Kapital gemacht haben“, sagt Mayer. Das Kunstgeschäft floriert, aber nicht jeder reist für einen Tom Wesselmann, einen Tony Cragg oder Christos Packkünste noch um die halbe Welt. „Jetzt müssen alle wieder mehr arbeiten, um Kunst kaufen zu können“, sagt der Leipziger Eigen & Art-Galerist Gerd Harry Lübke. Für die nicht so internationalen Messen wie Köln sei das ein Segen. Viele Galerien würden wieder dorthin gehen, wo die Sammler sind.
Gibt es auch Bezahlbares?
Wer sich nicht auf das wenig abgesicherte Parkett der Gegenwartskunst wagt, kann auch unter den etablierten Künstlern fündig werden. Frühe Schwarzweiß-Fotografien von Schauspielerlegende Dennis Hopper gibt’s bei Faber für 9500 Euro. Die Düsseldorfer Galerie Ludorff bietet eine Farbserigraphie des großen Bottroper Quadrat-Meisters Josef Albers für 6500 Euro. Bei Koch sind filigrane Feininger-Zeichnungen für unter 10 000 zu haben. Und nicht nur Plattensammler werden die von Andy Warhol und Keith Haring gestalteten Vinyl-Cover für Debbie Harry oder Diana Ross, das Stück zu 300 Euro, interessieren.
Und der Nachwuchs?
Hat in Köln seinen Tummelplatz: „open space“. Das Terrain aus Video-Boxen und Foto-Wänden, das schon mal den Eindruck machte, als hätten Materialdesigner allen kunsthistorischen Restanstand fröhlich über Bord geworfen, ist jetzt übersichtlicher. Und fast kein flimmernder Bildschirm, keine Videoinstallation mehr irgendwo.
Ist China ein Thema?
Das in Köln für den Kunststandort Duisburg werbende Museum DKM beispielsweise kann sich vor Anfragen nach dem Katalog seiner Ai Weiwei-Schau kaum retten. Große Aufmerksamkeit gilt auch den Galerien aus Japan. Einen Teil der Einnahmen wollen sie Japans Rotem Kreuz spenden. Aufbaukunst.