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Im Piratencomic „An Bord der Morgenstern“ erzählt der französische Zeichner Riff Reb’s schonungslos vom blutigen Freibeuterhandwerk - ganz traditionell, aber doch faszinierend. Die Story beruht auf einem Abenteuerroman von 1920.

Egal, wie man Piratengeschichten erzählt, sie befeuern die Fantasie wie ein ordentlicher Schluck aus der Buddel voll Rum. Dabei reicht die Bandbreite von Stevensons „Schatzinsel“ zu Defoes Captain Singleton, von Errol Flynn in „Gegen alle Flaggen“ bis zu Johnny Depp mit seinen „Piraten der Karibik“. Und auch im Medium Comic haben die Piraten ihre eigene Geschichte, die von sich selbst versenkenden Witzfiguren („Schiff steu’bo’d vo’aus“) bei Asterix bis hin zu Hugo Pratts wundervoll melancholischem Corto Maltese reicht.

Insofern ist „An Bord der Morgenstern“, das der französische Comiczeichner Riff Reb’s jetzt nach einem Roman von Pierre Mac Orlan gezeichnet hat, fast schon ein konservativer Abenteuercomic. Aber er entfaltet seine Wirkung aus seiner desillusionierten Erzählweise: Ein alter Pirat, der nun in einem europäischen Hafen lebt, wälzt in seinen Erinnerungen. „Er kann sein Leben nicht schildern, es nicht dem öffentlichen Urteil unterwerfen, ohne sich selbst den Strick um den Hals zu legen.“ Weil er seine Geschichte niemandem anvertrauen darf, schreibt er sie nieder.

Auf der Suche nach dem Schatz von Captain Flint

Beschreibt, wie er aus Naivität zum Mörder wurde, dann Bootsjunge auf einem Piratenschiff. Die wilde Truppe bringt Schiffe auf und begibt sich für Hehlergeschäfte mitten ins pestverseuchte Veracruz. Reb’s verschont den Leser nicht mit Details aus dem trostlosen Leben an Bord, der Einsamkeit der Männer und verschweigt auch nicht ihre Bösartigkeit. Die Besatzung der Morgenstern macht sich auf die Suche nach dem Schatz von Captain Flint – und findet einen alten Piraten, der nicht ohne Witz und Fantasie sein dicht gesponnenes Seemannsgarn erzählt: „Ich war nicht immer bei der Seeräuberei . . . Mein Vater selig hat mich meinen ersten Beruf gelehrt . . . Strandräuber.“

Riff Reb’s schonungslose Umsetzung des Romans aus dem Jahr 1920 zeigt, dass man eben nicht immer versuchen muss, eine völlig neue Erzählform zu finden. Manchmal reicht es schon, eine gute Geschichte packend umzusetzen. Und das gelingt ihm – von der ersten, blutigen Missetat zur hohen See bis zum elenden Ende der verlausten Piratenbrut am Strang.

  • Riff Reb’s, „An Bord der Morgenstern“, erzählt nach Pierre Mac Orlan, Carlsen, 128 Seiten, 18,90 Euro